Duftende Grüße aus Patagonien – Fueguia 1833

fueguiagründerPatagonien – ich glaube mit Fueguia 1833 haben wir die erste Marke an Bord im Shop, die aus dieser Region stammt, die einen Teil von Argentinien sowie einen von Chile erfasst, demnach in Südamerika beheimatet ist. Gegründet wurde das Label 2010 von Julian Bedel und Amalia Amoedo, die ihre Marke als Hommage an die Vorfahren von Bedel sehen, die als Naturforscher tätig waren. Gemeint ist vor allem (oder ganz ausschließlich?) Louis Bedel, dessen wissenschaftliches Steckenpferdchen die Insektenkunde war, vor allem Käfer. Bedel machte während seiner Tätigkeiten die Bekanntschaft diverse Geistesgrößen der Wissenschaften, forschte auch mit etlichen davon zusammen – die Rede ist unter anderem von Alcide d’Orbigny, Henry Le Chatelier, Henri d’Orbigny und Pierre Emile Gounelle.

„… and it will cross the wilderness of distance and sniff out in the woven labyrinth of smells, the smell peculiar to morning and the scent on the air of deer, delectable.“ Jorge Luis Borges, El Otro Tigre, 1960

Fueguia 1833 sieht sich von einer ganz besonderen Geschichte inspiriert:

„Der Name Fueguia 1833 ist eine Hommage an das Aufeinandertreffen von Charles Darwin, Robert FitzRoy und Fueguia Basket, einem Eingeborenen von Feuerland, der von FitzRoy entführt wurde und erst drei Jahre später nach Patagonien zurückkehrte. Dies geschah während der Reise, die der Anstoß für Darwins Werk „Die Entstehung der Arten“ war. Patagonien ist der Ursprung, der Ausgangspunkt in einem unberührten Gebiet, wo Menschen kaum anzutreffen sind und das von der Natur beherrscht wird.“

Bedel und Amoedo kreieren ihre Düfte selbst, und zwar mit Liebe, Leidenschaft und viel Herzblut – zum handwerklichen Detail, zum ganzen Produktionsprozess. Bedel unternimmt jährliche Expeditionen und wandert in der Region, um Duft- und Heilpflanzen zu entdecken, Forscher örtlicher Universitäten zu treffen sowie Produktionspartner und Gemeinschaften, die jene sorgsam ausgewählten Pflanzen anbauen, die dann später in den Kreationen von Fueguia 1833 verwendet werden. Viele dieser Pflanzen werden zum ersten Mal als Parfumingredienz eingesetzt und sind somit Teil der umfassenden Forschung und Entwicklung von Fueguia 1833. Das ist beeindruckend, wie ich finde. Und erinnert mich an die Videos des Duftsuchers Laurent Severac denken, der im Auftrag von Aromastoffherstellern weltweit auf der Suche nach neuen, seltenen Riechstoffen ist – seht hier in diesem Artikel.

fueguiaflakon

Bedel und Amoedo legen großen Wert auf Nachhaltigkeit, weshalb sie in einem langfristig angelegten Programm mit Help Argentina (www.helpargentina.org) zusammenarbeiten. Ein Prozentsatz des Gewinns von Fueguia fließt in die soziale Entwicklung, in Bildungsprojekte oder in hiesige Stiftungen wie Cruzada Patagonica. Die Glasflaschen der Parfums sind zu 100 % wiederverwertbar. Produziert werden sie in Südamerika, damit das Glas nicht über lange Strecken transportiert werden muss, was dazu beiträgt, den CO2-Ausstoß zu verringern. Die charakteristischen Holzboxen werden komplett in einer Schreinerschule in Patagonien von Hand gearbeitet, wo junge Leute dieses Handwerk erlernen und eine Leidenschaft für Holzarbeiten entwickeln können. Es werden hierfür keine Bäume gefällt; nur Holz von umgestürzten Bäumen des patagonischen Valdivianischen Regenwaldes wird verwendet.

Ein durchdachtes Konzept. Mir gefällt diese Philosophie, die ein ökologisches Bewusstsein und Verantwortlichkeit suggeriert. Auf die Düfte bin ich selbstverständlich sehr gespannt, alleine schon durch die Rezensionen, die ich im Internet gefunden habe. Gesteigert wird die Neugierde ebenfalls durch die Aussicht auf neue Ingredienzen, auf ungewohnte, innovative Ingredienzen. Ich habe noch nicht von allen Düften Samples da, die ersten sieben Vertreter von Fueguia 1833 kann ich Euch aber schon vorstellen, was ich dieser Tage gedenke zu tun 🙂

fueguiaaguamagnoliana

Agua Magnoliana macht den Anfang: Der Duft sieht sich inspiriert von den Blüten der Magnolia fragrantissima sowie der Magnolia amazonica, einem gigantischens Amazonas-Baums, der wohl als Beschützer des Regenwaldes gilt.

Magnolie, Sandelholz und Jasmin sind als Zutaten angegeben – das liest sich recht übersichtlich, duftet aber nach so viel mehr! Ein Duft ist eben mehr als die Summe seiner Ingredienzen, nicht wahr, meine Lieben?

Agua Magnoliana soll „ätherisch und transparent“ sein – und ja, dieses Versprechen erfüllt er. Der Name sagt es ja schon – Magnolienwasser. Wir haben es hier aber nicht mit einem Wässerchen zu tun, keinesfalls! Agua Magnoliana brilliert mit federleiten Anleihen von Magnolie und Jasmin. Wässrig kommen sie daher, ja, wie – auf Wasser schwimmend, wie Seerosen. Oder taubenetzt, taugetränkt eher. Feuchtigkeit, auf eine Art und Weise dämpfige, die wärmeren Temperaturen der Umgebung ankündigend. Aber gleichermaßen frisch und über die Maßen erfrischend, durchsetzt von feiner floraler Fruchtigkeit, nektargeküsster. Denn ich rieche hier durchaus auch süße Nektaranleihen – nicht so dicht, so sämig wie Honig, aber eben eine sanfte, sachte Blütensüße, die niemals zuviel wird. Kein Puder, dafür Cremigkeit … nein, eher Fluid. Agua Magnolianas Blüten duften wie eine zarte, leichte Lotion auf der Haut, benetzt mit – Blütenwasser, wie angekündigt. Der Jasmin ist lobenswert entspannt, hält sich dezent im Hintergrund und überlässt die Bühne größtenteils der Magnolie, was mich außerordentlich freut: Es hat sich bis heute leider noch nicht viel geändert – Magnoliendüfte sind viel zu selten auf dem Parfummarkt zu finden. Sandelholz vermag ich nicht zu entdecken – zumindest hätte ich es nicht als solches identifiziert, hätte ich es nicht in den Duftnoten gelesen. Agua Magnoliana sieht sich nämlich so gut wie den ganzen Duftverlauf über verpflichtet, seinem Namen gerecht zu werden – da passt kein würzig-süßes Hölzlein hinzu. Dieses kommt erst sehr viel später auf überaus leise Art und Weise zum Tragen, untermalt mit dem Charakter eines feinen, wärmenden Unterholzes, ohne das eigentliche Naturell des Duftes zu überschatten.

twins Liz West „twins“ via Flickr – CC BY 2.0 Wie hat Harmen es so schön in unserem Shop formuliert? „Agua Magnoliana von Fueguia 1833 ist ein Frühlingsduft, wie er im Buche steht. Mit diesem Duft kann man den Lenz feiern oder in der kalten Jahreszeit von ihm träumen“ – dem ist nicht viel hinzuzufügen! Agua Magnoliana ist herrlich, ein moderner Blütenduft, den ich mir eventuell sogar an einem Mann vorstellen könnte, da er nicht opulent, süß-pudrig oder schwer ist, sondern federleicht, aber dennoch eine gute Sillage besitzt. fueguiaelmonodelatinto Jorge Luis Borges 1951, by Grete Stern El Mono de la Tinta, unser zweiter Kandidat, heißt auf Deutsch soviel wie „der Tintenaffe“ und ist als Hommage an das Werk des argentinischen Autors Jorge Luis Borges zu sehen, der für seine phantastischen Geschichten bekannt ist und als Begründer des magischen Realismus angesehen wird. „Ein mythisches Tier aus Borges’ Bestiarium“ ist dieser Tintenaffe, der sich „als Kalligraph von Tinte nährt“, die unser Duft hier mit Sandelholz und Harzen nachahmt. Der Fokus liegt hierbei auf dem Copahu-Balsam mit seinen harzigen, balsamischen und holzigen Aspekten. Nachdem es draußen überraschend Winter geworden ist, mitten im Oktober, liest sich das sehr ansprechend: Ein Tintenaffe auf der Haut und ein Borges in der Hand, lesen, in eine Kuscheldecke gehüllt, eine Tasse dampfenden Tees genießend. So lässt sich die mistige Kälte, die kriechende, aushalten, oder nicht? Außer besagtem Copahu-Balsam ist noch Zimt und Sandelholz gelistet, was sich auf meiner Haut außerordentlich schön anlässt. Zuallererst muss ich an Dr. Pepper denken oder an Big Red – kennt Ihr die Zimtlimonade bzw. den Zimtkaugummi? Der Zimt unseres Tintenaffes zeigt sich von ganz ähnlicher Art: Trocken, von einer erwachsenen Süße, gleichermaßen aber auch von einer koketten Schärfe. Kein übersüßter Zimtkeks aus einer der Kaffeeketten, sondern schöner, komplexer Zimt, dem die durchweg trockene Wärme seiner beiden Protagonisten exzellent zu Gesicht steht. Im weiteren Verlauf des Duftes zeigt sich, dass der Fokus in der Tat auf besagtem Harz liegt: Das Copahubalsam offeriert uns all das, wofür wir Harze lieben – Wärme, trockene, Süße, dezente. Darüber hinaus balsamische Anklänge und Noten von feuchtem (nicht mockerndem ;)) Holz, beruhigend, beschützend und umhüllend. Sandelholz ist, was das angeht, selbstredend ein perfekter Begleiter, weiß es doch genau diese Aspekte zu verstärken und zu unterstreichen. Copaiba

mauroguanandi „Copaiba“ via Flickr – CC BY 2.0

El Mono de la Tinta ist ein herrlich kontemplativer Harzling. Ein erwachsener, der nicht in die Gourmand-Ecke abdriftet, vielmehr ein schöngeistiger und facettenreicher Vertreter seiner Gattung. Einfach, aber gerade deshalb von einer berückenden und rohen Schönheit.

Ich bin gespannt, wie es die Tage weitergeht mit Fueguia 1833 – Ihr auch?

Einen schönen Tag Euch und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike. 

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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