Schweizer Avantgarde – die Züricher von Sentifique Teil 2.

Die Hälfte ist geschafft – zwei Düfte des neuen Züricher Hauses Sentifique habe ich Euch vorgestern schon vorgestellt, zwei weiteren warten doch heute noch und nicht erst nächste Woche auf uns, und zwar Cèdre Sacré und Party.

Cèdre Sacré, die heilige Zeder, soll sowohl „mediterran“ als auch „mystisch“ anmuten. Eine olfaktorische Ode an die Zeder, jene von mir nicht nur in Düften sehr geschätzte Kiefernart. Neben dem Atlasgebirge ist es der Mittelmeerraum, wo man jene Bäume gerne antrifft, insofern entführt uns Cèdre Sacré auch in mediterrane Gefilde. „Eine Hommage an die Magie edler Hölzer“ soll es sein, das Parfum, und dafür hat man auf vier Ingredienzen besonnen: Hölzchen natürlich, vornehmlich Zeder, sowie Weihrauch, Adlerholz (… ja, Oud!) und Zitronenschale aus, wichtig – Sizilien.

SUGI / Cryptomeria japonica / ???(??????)

Natürlich strotzt der Pressetext vor weiteren Lobhudeleien, die ich jetzt hätte abtippen können, aber… ich finde meine eigenen dafür. Cèdre Sacré, die heilige Zeder, hat mich nämlich überaus positiv überrascht – der Duft ist eine gar herrliche Zedernholz-Interpretation. Hier finden sich alle Facetten, für die man Zedernholz lieben kann: Jene Leichtigkeit und Frische, von bitzelnder und prickelnder Zitrone verstärkt. Die der Zeder genuine Sauberkeit, die in ihrer wie so oft sakral anmutenden Erhabenheit von feinen Weihrauchschwaden untermalt wird, die meine Nase in andächtiger Aufmerksamkeit hinterlassen. Und dann noch Oud, das die Trockenheit und die Ernsthaftigkeit der Ingredienz unterstreicht. Jener knarzig-holzige Charakter, balsamisch und harzig, von sich zivilisiert verhaltendem Oud harmonisch herausgearbeitet.

Divine statue - Okunoin cemetery

Zedernholz in Düften ist Standard, ganz klar. Düfte, in denen Zedernholz zum Thema gemacht wird gibt es auch diverse – meist aber, das sei angemerkt, ist die Zeder da in trauter Zweisamkeit zu finden: Zeder mit X in Kombination. Zedernholz alleine im Mittelpunkt – das gibt es weit weniger häufig, und gerne dann auch mal als „Mogelpackung“ wie zum Beispiel Serge Lutens wunderschöner Cèdre, jener verführerisch-ambrierter Tuberosen-Zimt-Holz-Cocktail. Ich persönlich finde Cèdre Sacré sehr schön: Ein reduzierter, aber dennoch ausdrucksvoller Understatement-Duft, der die Zeder wirklich in den Mittelpunkt stellt und damit unter Beweis stellt, dass diese sich nicht nur in der Basis unter ferner liefen gut macht.

Party ist unser letzter Kandidat aus dem Hause Sentifique: Von einem „Aroma-Kick“ ist die Rede, belebend und heiter soll der Duft sein, für „Tage, an denen alles möglich ist.“ Beschwingend und überraschend soll der Duft sein, ein perfekter Begleiter in einer lauten Sommernacht, der vielleicht zu dem völlig (?) unerwarteten Flirt in eben dieser beitragen könnte… Und – von futuristischer Anmutung ist da die Rede. Das nun sehe ich auch so. Außer Comme des Garçons und Humiecki & Graef, meine Lieblinge, würde ich dieses Attribut keiner Duftfirma zusprechen, wenn ich mir das jetzt mal kurz durch den Kopf gehen lasse. Ich weiß aber sehr genau, was bei Party damit gemeint ist. Aber – kommen wir zuerst zu den Zutaten: Mandarinenschalen, Magnolien, Nelkenpfeffer, also Piment, und Aldehyde.

All I want for Christmas is a 2 dimensional reduction

Party ist – eigen, sehr eigen. Und wird sicherlich nicht jedem gefallen. Der Auftakt ist, wie zu erwarten, fruchtig dank der Aldehyde – Fruchtfrische, feinherbe, weht mir entgegen, wobei meine Nase meint, Mango zu entdecken. Mangonoten, die sich immer mehr verwässern und sich irgendwann in cremigen, in Wasser getauchten Magnolienblüten verlieren. Dazu gesellen sich Mandarinen, genauer: deren Schalen – man riecht es auch tatsächlich, es sind fein geriebene Schalen, keine ganzen Früchte. Bis hierhin gestaltet sich der Duft recht gefällig – bis sich eben Piment mit ins Spiel bring: Da ist sie, diese pfeffrig anmutende Würze, die irgendwie ungreifbar aus dem Nichts kommt und sich seltsam in das synthetisch-natürlich duftende Geschehen mischt.

klubschatten

Der eine wird Party hassen, der andere wird ihn lieben. Meine Assoziation zum Duft ist definitiv eine Nacht in einem Club, weswegen ich auch ein Bild gewählt habe, das mir sehr viel bedeutet: „Klubschatten“ heißt es – siehe oben – und ist ein Gemälde, das ich einer Bekannten abgekauft habe und das seitdem mein Schlafzimmer ziert. Eine Frau auf der Tanzfläche, in sich selbst versunken. Einerseits sichtbar für alle und aufsehenserregend – und andererseits auch undurchschaubar, unnahbar, geheimnisvoll. Diese beiden Seiten spiegeln sich wieder in den Gesichtshälften – die eine im grellen Licht der Discokugeln und der bunten Lichter, die andere im Schatten… [Und, nebenbei bemerkt – kommt mir jetzt bitte nicht damit, dass Ihr auf dem Foto etwas anderes seht… Mein Bild ist nämlich, von der Malerin unbeabsichtigt, ein Vexierbild] Party steht für mich – für einen Ausbruch. Eine ausgelassene Nacht, die man sich gönnt – alleine (zumindest am Anfang…?). Sich hineinstürzen ins tobende Leben, irgendwo, und sich treiben lassen, ziellos, genießerisch. Dabei tanzen, sich selbst vergessen – und gleichermaßen Eindrücke hinterlassend. Ausgelassenheit in der Dunkelheit, Ausschweifung unter bunten Lichtern. Warme Haut, knappe Kleidung und leichte Überhitzung… Haach.

Und, seid Ihr neugierig geworden auf einen der Sentifique-Düfte? War etwas für Euch dabei?

Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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