Im alten Jahr…

treibt es mich noch um und ich möchte noch ein Versprechen einlösen, das ich einigen von Euch gegeben habe: Die Rezension von DelRae Roths Duft Panache. Ein Duft, den viele von Euch schätzen – vollkommen zu recht. Einerseits natürlich wegen des herrlichen Hauses, für das in der Vergangenheit vor allem zwei Parfumeure gearbeitet haben – Michel Roudnitska (der Sohn des legendären Edmond und selbst ein begnadeter Parfumeur) sowie Yann Vasnier, für mich einer der aufstrebenden Sterne am Parfumeurshimmel. Der eine oder andere Leser wird sich an meinen Artikel erinnern, das Liebesgeflüster nur für Yann, siehe hier.

Coquelin ainé

Yann Vasnier ist auch die Nase hinter Panache, dem 2010 erschienenen, der sich hinter einem doppeldeutigen Namen versteckt: Das französische Wörtchen „panache“ steht einerseits für jene Art von Federbusch, die gerne mal alte Helme zierte. Und andererseits aber auch für eine Charaktereigenschaft, die man Cyrano de Bergerac, dem sich der Duft verpflichtet sieht, nachsagt – Extravaganz. Freigeistigkeit, geistvolle, kombiniert mit Direktheit und einer gewissen charmanten Unverfrorenheit, Chuzpe sozusagen. Cyrano de Bergerac ist – französisches Kulturgut, ein 1897 von Edmond Rostand verfasstes „romantisch-komödiantisches Versdrama“, wie man bei Wiki lesen kann. Der Stoff inspirierte natürliche etliche – zu Opern, Theater, Filmen und so weiter. Uns dürfte hier vor allem auch die letzte Verfilmung mit Depardieu in Erinnerung sein, oder? In jedem Fall ist Cyrano de Bergerac natürlich eine tragische Geschichte, gewoben aus den großen Themen: Er, ein intelligenter Dichter, leidet unter seinem riesigen Zinken, der sein Gesicht (verun)ziert, und traut sich deshalb nicht an seine Angebetete, die Frau seines Herzens, seine Cousine Roxane heran. Dafür hilft er, ganz uneigennützig und eigentlich viel zu altruistisch, einem etwas dämlichen Schönling, dieser den Hof zu machen, indem er für ihn den Ghostwriter spielt. Roxane verliebt sich, wie es so kommen muss, in die poetischen Zeilen, die Seele, die dieses schrieb, was, aus unterschiedlichen Gründen, kurz zusammengefasst natürlich kein Happy End ergibt. Leider nicht – und zwar für keinen der Beteiligten. Panache ist in jedem Falle das Wort, dass Cyrano als letztes über die Lippen kommt, und zwar in diesem Satz: „Yet there is something still that will always be mine, and when I go to God’s presence, there I will doff it and sweep the heavenly pavement with a gesture: something I’ll take unstained out of this world… my panache.“

Panache aus dem Hause DelRae Roth wurde natürlich schon unterschiedlichst im Internet erwähnt und beschrieben – eine Rezension möchte ich besonders herausgreifen und darauf verweisen: Und zwar die von Octavian Coifan in seinem von mir sehr geschätzten Blog 1000 Fragrances, siehe hier. Ich kann mich dieser Rezension in großen Zügen nur anschließen: Für mich stellt Panache ebenfalls ein absolutes Kunststück dar, eines, das den Spagat zwischen einem sehr klassischen französischen Damenparfum alter Tradition sowie einem modernen, absolut zeitlosen und auch zeitgemäßen Duft für die Frauenwelt. Für Panache sollte man sich Zeit lassen, der Duft ist komplex und erschließt sich in seiner Struktur und Besonderheit nur, wenn man ihm diese auch einräumt. Schauen wir uns erst einmal die Duftnoten an: Kopfnote: Ambrettesamen, Rosa Pfeffer, Bergamotte, Magnolie, Rum; Herznote: Geranium, Ylang-Ylang, Jasmin, Kardamom, Geißblatt, Iris, Vetiver, Atlas-Zedernholz, Eiche; Basisnote: Moschus, Weihrauch, Ambra, Honig.

Casks

Sehr besonders ist der überaus beschwipste Auftakt, likörig-fruchtig wie eine Schnapspraline, die herrlich zu Cyrano passen mag. Ich muss an (mild-fruchtigen) Whisky denken, es könnten aber auch andere Edelalkoholika sein wie der genannte Rum. Hauptsache etwas, was lange in einem Fass gereift ist und vermutlich durch das Fass noch jede Menge Aromen in sich aufgesogen hat. Geistvoll in doppeltem Sinne. Wer sich bemüht, bekommt hier alles: Das alkoholgetränkte Holz samt der darin wabernden, kostbaren und köstlichen Delikatesse, einem fruchtig-samtigen Vergnügen hochprozentiger Art. Dazu gesellt sich alsbald eine würzige Note von Safran, die dem Duft, was bin ich froh, auch Herr Coifan bescheinigte, dessen Näschen eine ganz hervorragende ist. Hier wird es nun alsbald ausdifferenzierter: Ich bekomme auf der einen Seite eine samtig-pudrige, kräftige warme Würzigkeit dank Kardamom und den sehr präsenten Holznoten, von denen ich verstehen kann, dass einige Rezensenten sie mit Serge Lutens‘ Herr der Ringe-Hobbit-Eiche, dem Duft Chêne vergleichen. Dieser Holzigkeit wohnt eine bestimmte Bitterkeit inne dank Vetiver, Pfeffer und Weihrauch, eine gewisse Schärfe, die das perfekte Gegengewicht zu dem überbordenden Blütenherz sowie der vorherrschenden balsamischen Wärme schafft. Ylang, Jasmin, Iris und Geißblatt bilden ein perfektes Team: Sanfte zarte Blumen, weiß natürlich. Seidig-samtig, von einer berückend schönen Süße, einer grün-schillernden mit einer gewissen Frische sowie einer gleichermaßen honigsüßen. Jene Honigsüße wird durch die leicht rauchigen, von Honig benetzten Moschusschwaden vortrefflich aufgegriffen, die den Duft nicht wirklich von unten stützen, sondern einen gleichberechtigten Teil jenes Blütenportraits darstellen.

Jasmine Flower 1

Coifan bringt Panache mit einem tiefen, verführerischen und exzellent verpackten Dekolleté in Verbindung – dem kann ich fast gar nichts hinzufügen. Panache ist ein zutiefst weiblicher, ganz und gar wunderbarer Duft, der sein volles Potential perfekt auf warmer Haut entfaltet. Es gibt, wie ich meine, nicht viele Düfte, die Frau als solche wirklich braucht – Panache aber ist einer davon. Ein außerordentliches Meisterwerk, das wieder einmal das Potential jenes Herrn Vasnier zeigt, dass er hoffentlich noch weiter entfalten und darbieten wird!

Moonlight is Sculpture

Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

5 Kommentare

  1. Lena
    28. Dezember 2012
    Antworten

    Hallo liebe Ulrike,

    da freut sich über diese Rezension so manches Herz besonders (ganz liebe Grüße an Margot!):-) Meins ebenso – Panache finde ich traumhaft, ein sehr interessanter, komplexer, eleganter Duft. Wahrlich „geistvoll“. Kein brennender (die aktuelle Wunsch-Liste ist dafür leider bereits ziemlich lang), dafür jedoch sicherer Kaufkandidat für mich, irgendwann im neuen Jahr…

    In diesem Sinne wünsche ich dir, liebe Ulrike, Harmen, dem ganzen ALzD-Team und allen Parfüm-Freunden ein glückliches, gesundes, erfolgreiches und wunderbar duftendes Neues Jahr!

    Liebe Grüße,
    Lena

  2. Dorothea
    28. Dezember 2012
    Antworten

    Ach, wie schön… heute morgen beim Parfumauftragen habe ich noch darüber nachgedacht, was sich Uli für den wohl letzten Post dieses Jahres einfallen lässt: eine Best-of-2012-Liste etwa?
    Oder wird sie uns vielleicht mit der lange versprochenen Panache-Rezension überraschen? Ha! Den richtigen Riecher gehabt!

    Panache ist wunderschön, weiblich und elegant, ich genieße jede einzelne Note dieser erlesenen Komposition. Und das Schönste ist – er wird nächste Woche endlich bei mir einziehen :)))

    Obwohl recht blumig, ist er für mich ein Winterduft – und zwar einer für die letzten Wochen des Winters, wenn man schon die Nase voll hat von den typischen Winterparfums und endlich mal wieder etwas Blumiges riechen möchte… Er soll sozusagen den Frühling heraufbeschwören…

    Das einzige, was ich nicht so sehr an ihm mag, ist die dazugehörige Story… Irgendwie fällt es mir schwer, die Verbindung zwischen Cyrano mit seiner äußeren Erscheinung und diesem durchaus femininen Duft nachzuvollziehen… aber das ist ja Nebensache… ich werde mich auch so an ihm erfreuen könnnen!

    Euch allen ein schönes Fest und einen guten Start ins Neue Jahr!

    Liebe Grüße
    Dorothea

  3. Avatar photo
    Ulrike
    31. Dezember 2012
    Antworten

    Huhuu Ihr Lieben,

    ich kann Euch beiden nur recht geben: Panache ist traumhaft, deshalb MUSSTE dieses Versprechen noch dieses Jahr erfüllt werden 🙂

    Danke für die guten Wünsche für das neue Jahr und den Rutsch hinein – die kann ich natürlich nur zurückgeben, Euch ebenfalls!

    Und, natürlich liebe Dorothea, habe ich auch für heute noch einen Jahresrückblick parat 🙂

    Ganz viele liebe Grüße,

    Eure Uli.

  4. Dorothea
    8. Februar 2013
    Antworten

    Huhuu liebe Uli,

    seit über einem Monat bin ich nun stolze Besitzerin eines Panache-Flakons und … stell Dir vor, es ist der erste Duft, den meine drei Männer bewusst an mir wahrgenommen haben (na ja, Prämiere war es eigentlich nur für zwei von ihnen, denn mein Kleinster war schon immer sehr duftinteressiert) – sie finden ihn sogar richtig toll! Ein schöneres Duft-Kompliment kann es für mich gar nicht geben :)))

    Viele liebe Grüße
    Dorothea

  5. Avatar photo
    Ulrike
    15. Februar 2013
    Antworten

    Das freut mich jetzt RICHTIG für Dich – zumal Deine Männers ja auch zum Großteil sehr anspruchsvoll sind 😉 TOLL!

    Viele liebe Grüße,

    Uli.

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