Bespoke…

ist der Name des neusten und sehnsüchtig erwarteten Streichs von Keiko Mecheri: Eine ganze Kollektion hat sie uns beschert – sieben neue Düfte, die ich bereits auf der Düsseldorfer Global Art of Perfumery unter der Nase hatte. Ich zitiere mich einmal selbst aus dem Messebericht:

Ein genauso alter „Hase“ im Parfumgeschäft wie Madame Micallef, bei der wir letzte Woche angelangt waren, ist Keiko Mecheri, die ebenfalls auf der Messe ausstellte. Selbst verhindert wurde sie würdig von ihrem sehr sympathischen Mann vertreten, der mir freundlich dabei half, mich wild durch die neue Bespoke-Kollektion zu Schnuppern. Einige Leser wissen vielleicht, dass nicht alles in Mecheris Sortiment meinem persönlichen Geschmack entspricht, obgleich sie unangefochten eine exzellente Parfumeurin ist. Die letzten ein, zwei Jahre aber vermochten mich ihre Kreationen immer mehr für sich einzunehmen – diese hier sind aber wirklich ein Knaller: Bal de Roses, Ambre Mirabilis, Canyon Dreams, Soussanne, Tangeri, Vetiver Velours und Cuir Fauve. Meine Nase habe ich an jeden gehalten, war aber ehrlicherweise so hellauf entzückt, überrascht und gierig, dass mir das etwas die Sinne verwirrte. Vetiver Velours habe ich als cremigen Vetiver in Erinnerung und insofern wirklich innovativ – zwar von einigen Hesperiden verwöhnt, gleitet er weder ab in die Schiene zitrischer Vetiver (in der andere, unter anderem vor allem Guerlain, ja bereits Standards gesetzt haben) noch in diejenige der rauchigen und/oder salzigen Vetiverinterpretationen oder der grasgrünen Varianten. Canyon Dreams ist mir mit Bergamotte und Oud in Erinnerung geblieben, Soussanne ist ein opulenter lilienlastiger Femininer – völlig um mich geschehen war es aber mit Cuir Fauve, der mich sogleich dermaßen in seinen Bann gezogen hat, dass ich das Fläschchen kaum mehr aus der Hand legen konnte: Leder, Tabak, Ambra, Orangenblüte, Oud und Vanille – weit davon entfernt, zu süß oder zu laut zu sein, einfach nur sinnlich-feminin, äußerst komplex, feinsinnig und grazil komponiert. Sehr sehr schön. Ich freue mich schon sehr auf die Rezensionen der Linie – bis ich dazu komme, könnt ihr hier schon mal vorab lesen gehen: Çafleurebon Teil 1 und Teil 2.

Bespoke – maßgeschneidert. Personalisiert. In dem Artikel von Çafleurebon sinniert dessen Verfasser ganz richtig darüber, dass das wohl einer der Wünsche eines jeden Duftliebhabers wäre: Ein Duft vom Lieblingsparfumeur, ganz nach den eigenen Wünschen. Dekadent, aber – das wäre es. Und er hat daraufhin den interessanten Ansatz verfolgt, die nicht gestellten Kundenwünsche bzw. Fragen zu den Düften zu verfassen. Wir werden in den folgenden Tagen ebenfalls schauen, für was oder wen die Düfte gemacht sind und was sie ausstrahlen…

Eines sei vorab gesagt: Alle Düfte enthalten wohl außer erlesenster Zutaten – Oud. Allerdings, bevor hier jemand jammert – zum Teil in kleineren Dosen und auf subtilere Art und Weise, wir haben es hier also keinesfalls mit einer weiteren Oudkollektion zu tun. Ich will gar nicht lange drumherum reden – Vorhang auf für die Bespoke-Kollektion!

Upper antelope 2 md

USA Antelope-Canyon

Canyon Dreams… Der Auftakt des Duftes ist hell, zitrisch-prickelnd und herb durch Bergamotte und ist aufgeladen von quirliger Dynamik, die sich alsbald durch Oud geerdet sieht – energiegeladen wirkt diese Mischung, aber ruhig, in sich ruhend, dennoch präsent. Samtige Staubigkeit kitzelt mich in der Nase, eine trockene, warme Süße, die jene Umgebung vor meinem inneren Auge evoziert, der Mecheri den Duft gewidmet hat: Sand, Erde und knarzige Bäume, Gestein, Mineralien. Man ahnt sich nah an der Natur, jener Unberechenbaren von wilder Schönheit. Mandeln, Rose, Sandelholz und Patchouli finden sich noch in dem Duft, und es ist mir ein Rätsel, wie Mecheri daraus so ein komplex schillerndes Gebilde kreieren konnte: Ich wähne mich in der Tat mit der Nase platt am Boden oder vielmehr an der Seite inmitten einer Schlucht, vielleicht im Grand Canyon oder im Antelope Canyon. Der Odem der Zeit findet sich hier, konserviert in vielen vielen Schichten, in die von der Erosion atemberaubende Formen geschliffen wurden. Ein Spiel von Licht und Schatten, die wärmende Sonne weit über mir und dem kühlenden Fels…

Lower antelope 3 md

PolaNegri(closeup)

Ambre Mirabilis… Der bewunderswerte Amber. Wer bewundert ihn? Ich vermutet viele, fügt er doch dem Ambra-Thema eine ganz neue Facette hinzu. Dieses Düftchen riecht wie das Parfum einer alten Leinwandgöttin, einer jener Femmes Fatales aus den Zwanzigern [hier zu sehen: Pola Negri, einer der großen Stummfilmstars]. Ambre Mirabilis verkörpert Vintage und Zeitgeist in einem. Rose, Ambra, Gewürze, Oud, Atlaszeder und Patchouli werden angegeben – und doch ist es kein typischer Rosenoud, eigentlich gar kein Rosenoud. Wiederum erschließt sich mir nicht, wo die Hälfte meiner Eindrücke herkommen: Ich rieche zum Beispiel anfänglich ganz starke Chypreeinflüsse – ein opulentes Rosenchypre von Gnaden einer blutroten Samtrose mit fruchtig-zitrischer Attitüde, taktvoll gewürzt von seltenen Gewürzen. Ich vermeine einen Hauch Kumin zu entdecken, dieser mag allerdings auch den fragilen Rauchschwaden zuzurechnen sein, die den Duft durchziehen – erlesene Harze und kostbare Ambra beduften den Hintergrund, den man sich nur allzu gern als üppige Wohnräumlichkeiten oben genannter Diva vorstellt. Handbedruckte Tapeten, das versteht sich von selbst, exquisite Möbel, ein handgefertigter Divan, auf dem die perfekt geschminkte Madame (Achtung, Anleihen nostalgischer Körper- und Lippenpflege!) ihre Mußestunden verbringt. Mich erinnert der Duft an Kino. Großes Kino.

Jacques-Louis David 016

Mit ebensolchem geht es morgen weiter – bis dahin alles Liebe und viele Grüße,

Eure Ulrike.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. iris
    27. Juni 2012
    Antworten

    wie verlockend…, vor allem, was ich bei ausliebezumduft schon über CUIR FAUVE gelesen hab, zieht mich magisch an. Ich liebe Düfte, die einen in eine Geschichte verwickeln, so dass man fast abdriften kann in eine andere Ebene. Das ist für mich Kunst!

  2. Avatar photo
    Ulrike
    29. Juni 2012
    Antworten

    Hallo liebe Iris,

    in der Tat sind solche Düfte Kunst – und das Schöne ist, dass es davon eine ganze Reihe gibt, die sich zu entdecken lohnen 🙂
    Viel Freude beim Testen und Lesen weiterhin!

    Liebe Grüße,

    Ulrike.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert