Vom Stapeln der Melonen – Micallefs „Avant-Garde“

Die Avantgarde bezeichnete eigentlich im militärischen Bereich die Vorhut, jene Truppen, die zuerst mit dem Feind in Berührung kommen. Schon seit längerer Zeit breitete sich der Begriff jedoch auch auf andere Bereiche aus und benennt vor allem diejenigen Strömungen in der Politik sowie Kunst und Kultur, die eine Vorreiterrolle einnehmen und zu langfristigen Veränderungen führen, womit sie sich wiederum bewusst von kurzlebigen Modeerscheinungen abgrenzen. Ein gutes Beispiel aus dem Bereich der Musik ist die Gruppe „Kraftwerk“, die gerade erst im New Yorker Museum of Modern Art auftrat (siehe z. B. hier) und bereits in den 1970er Jahren wichtige Grundlagen für die später immer populärer werdende elektronische Musik legte. Die New York Times bezeichnete sie gar als „Beatles Of Electronic Dance Music“. (Quelle)

KRAFTWERK im Kiew 03

Was dem einen ein stilisierter Eishockey-Puck sein könnte, dürfte dem anderen das passende Gefäß für Micallefs Avant-Garde sein, einem Duft, der sich mit seinem Namen selbst eine Hürde setzt, die es erst einmal zu nehmen gilt.

Zitrisch und aquatisch geht es los, und zwar deutlich aquatisch. Was wohl eigentlich auf die Seerose und die zitrischen Noten zurückgeführt werden kann, ist ein angenehmer Melonenduft, eine reife, süße und krachende Wassermelone wie man sie beim Türken oder Griechen seines Vertrauens kaufen kann. Tolubalsam und Tonkabohne in der Basis ergänzen den Duft mit feinen balsamisch-süßen Pinselstrichen, die vor allem auf der Haut eine stärkere Präsenz erhalten. Eine leicht herbe Kakaonote meine ich wahrzunehmen, was Tabakblätter oder Weihrauch angeht, kann ich diese als Einzelnoten nicht herausriechen.

Die Noten in der Übersicht: Kopfnote: Zitrische Noten, Nymphaea (Seerose), Iris; Herznote: Kakao, Tabakblätter, Weihrauch; Basisnote: Tonkabohne, Tolubalsam

Square watermelon

Man sollte sich nicht verleiten lassen, von diesen Duftnoten auf einen schweren Gourmandduft zu schließen. Mit einer Tendenz zur Dame würde ich diesen Duft als Frühlings- und Sommerbegleiter empfehlen: Wässrig-leichte Frühlingsimpressionen, mit einem fruchtigen Einschlag; die Herznoten bewirken eine tee- oder heuartige, grüne Herbheit, die wiederum von Balsamisch-Süßem in der Basis abgefedert wird.

Eine Melone mit runden Kanten könnte man den Duft nennen, aber leicht wie ein Frühlingstag. Anecken wird man mit diesem Duft aber nicht, ein moderner Duft: ja; ein gelungener Duft: zwei Mal ja; eine Provokation nein. Und auch wenn der Duft als Herrenduft ausgegeben ist, auch als männlicher Träger wird man mit diesem Duft niemandem auf den Schlips treten.

Mir gefällt er gut – und Euch?
Mit großer Lust auf eine Melone und den dazugehörigen Sommer verabschiede ich mich
Harmen

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

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