Global Art of Perfumery – Die Fünfte.

Einen habe ich noch für Euch – einen letzten Artikel zur diesjährigen Nischenduftmesse Global Art of Perfumery in Düsseldorf, die wir dieser Tage für Euch besucht haben.

Ein genauso alter „Hase“ im Parfumgeschäft wie Madame Micallef, bei der wir letzte Woche angelangt waren, ist Keiko Mecheri, die ebenfalls auf der Messe ausstellte. Selbst verhindert wurde sie würdig von ihrem sehr sympathischen Mann vertreten, der mir freundlich dabei half, mich wild durch die neue Bespoke-Kollektion zu Schnuppern. Einige Leser wissen vielleicht, dass nicht alles in Mecheris Sortiment meinem persönlichen Geschmack entspricht, obgleich sie unangefochten eine exzellente Parfumeurin ist. Die letzten ein, zwei Jahre aber vermochten mich ihre Kreationen immer mehr für sich einzunehmen – diese hier sind aber wirklich ein Knaller: Bal de Rose, Ambre Mirabilis, Canyon Dreams, Soussanne, Tangeri, Vetiver Velours und Cuir Fauve. Meine Nase habe ich an jeden gehalten, war aber ehrlicherweise so hellauf entzückt, überrascht und gierig, dass mir das etwas die Sinne verwirrte. Vetiver Velours habe ich als cremigen Vetiver in Erinnerung und insofern wirklich innovativ – zwar von einigen Hesperiden verwöhnt, gleitet er weder ab in die Schiene zitrischer Vetiver (in der andere, unter anderem vor allem Guerlain, ja bereits Standards gesetzt haben) noch in diejenige der rauchigen und/oder salzigen Vetiverinterpretationen oder der grasgrünen Varianten. Canyon Dreams ist mir mit Bergamotte und Oud in Erinnerung geblieben, Soussanne ist ein opulenter lilienlastiger Femininer – völlig um mich geschehen war es aber mit Cuir Fauve, der mich sogleich dermaßen in seinen Bann gezogen hat, dass ich das Fläschchen kaum mehr aus der Hand legen konnte: Leder, Tabak, Ambra, Orangenblüte, Oud und Vanille – weit davon entfernt, zu süß oder zu laut zu sein, einfach nur sinnlich-feminin, äußerst komplex, feinsinnig und grazil komponiert. Sehr sehr schön. Ich freue mich schon sehr auf die Rezensionen der Linie – bis ich dazu komme, könnt ihr hier schon mal vorab lesen gehen: Cafleurebon Teil 1 und Teil 2.

Olfactive Studio, eine meiner Entdeckungen vom letzten Jahr, hatten Duft Nummer Vier im Gepäck, wieder überaus adrett verpackt – Ihr erinnert Euch? Jedes Mal gab es ein Foto, das den zugehörigen Duft visualisieren sollte. Für ebenjenes konnte die charmante Französin Céline Verleure nun den berühmten Fotografen Massimo Vitali gewinnen, der ihr eine seiner bekannteren Fotografien zur Verfügung stellte für ihren neuen Duft – Lumière Blanche, das weiße Licht.

Lumière Blanche, der Duft, harmoniert perfekt mit dem Foto und ist einmal mehr ein echter Volltreffer: Wer hier an weiße Wäsche waschen denkt, ist vollkommen auf dem Holzweg – das weiße Licht präsentiert sich schützend und auf betörende Art und weiße einlullend und behütend mit Gewürzen wie Sternanis und Kardamom, die von Zimt süß umgarnt werden und allesamt in einen Trunk von irislastiger Mandelmilch geplumpst sind, welcher von Hölzern, Moschus und Vanilleanklängen belebt wird. Sehr deliziös und hautnah, sinnlich und intim.

Am Stand von Enrico Buccella gab es einiges zu entdecken: Er ist die Nase hinter Sigilli und Cerchi Nell’Acqua und kreierte für Laboratorio Olfattivo Alambar. Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass ich Isotta von Cerchi Nell’Acqua noch gar nicht kannte, obgleich es eigentlich kein neuer Duft ist – ein sehr nettes frischeres Veilchen. Dann gibt es von Cerchi Nell’Acqua natürlich noch zwei neue: L’Exotique und, wenn ich es mir richtig gemerkt habe, Ipazia (wohl benannt nach der griechischen Mathematikern und Philosophin Hypatia). L’Exotique war schon von der Farbe her leuchtend gelb und lebte von Früchten und Blüten, tropischen, wobei ich die genauen Ingredienzen nicht mehr im Kopf habe. Die Sigilli-Kollektion wird ebenfalls um zwei Düfte erweitert – Hymba und Bayan Mulak. Letzterer sah sich laut den Fotografien dazu von afrikanischen Frauen inspiriert, die sich, vermutlich zu bestimmten traditionellen Festen, mit Erdfarben bemalen. Ein ambrierter Harzling mit ordentlich Gewürzen – so ist er mir in Erinnerung geblieben.

Darüber hinaus beschert uns Buccella aber noch eine komplett neue Kollektion, Les Voiles Dépliées genannt, was soviel wie die ausgebreiteten Schleier heißt. In vier duftende Schleier dürfen wir uns demnächst erst einmal hüllen, und zwar in Des Salines, Eau Saharienne, Bayadère und Potiche. Des Salines brilliert mit hellen Gewürzen, Hesperiden, Maiglöckchen und Ylang auf einer weichen Moschusbasis, Potiche beschenkt uns mit Flieder und Mimose, von Bergamotte sanft kontrastiert und auf einer vanillig-weichen Basis ruhend, Bayadère hat ein von Zitrusfrüchten und Gewürzen umkränztes opulentes Herz aus Jasmin, Rose, Ylang und frischer Nelke, das auf Harzwärme ruht und Eau Saharienne, mein Liebling, hat folgende Ingredienzen: schwarzer Pfeffer, Stechpalme, Ysop, Sandelholz, Myrrhe, Weihrauch, Zedernholz, Benzoeharz, Labdanum, Ambra.

Ein paar Stände weiter ist mir Hervé Gambs aus Paris ins Auge gestochen: Eine sehr attraktive und freundliche Französin präsentierte die durchweg stimmige Raumduftmarke – puristisches Packaging, stimmiges Design, gute Fotos, eine innovative Idee und, das wichtigste, herausragend schöne Düfte. Fünf an der Zahl sind es, Herbe Intense, Bois de Cashmere, Noir de Cassis, Essence de Figuier und Terre d’Épices. Herbe Intense ist ein frisch-grün-kräuteriger Grasling voller Dynamik, Essence de Figuier natürlich ein Feigling, ein sehr adretter, und Terre d’Épices ist eine Mischung aus Hölzern, Gewürzen und, wie ich meine, einem Hauch Lakritze. Noir de Cassis und Bois de Cashmere sind meine Favoriten: Noir de Cassis, ein herrlicher Johannisbeerduft, der deutlich die fruchtige Säuerlichkeit der schwarzen Johannisbeere zum Vorschein bringt, strahlend und von samtig-zimtigem Sandelholz und einer Prise Ambra untermalt. Bois de Cashmere ist eine majestätische Komposition aus Oud, Vetiver und Hölzern. Die Düfte gibt es als Kerzen oder auch als Raumsprays, für die man sich etwas Besonderes hat einfallen lassen: Hervé Gambs hat eine ganze dekorative Palette an Blüten, als Blütengebinde, einzelne Blüten in Vasengefäßen, Blütenkugeln zum Aufhängen und ähnliches. Gefertigt sind sie, wie mir die Dame erklärte, aus einem speziellen Stoff, der den Duft besonders gut konserviert und verströmt und gleichermaßen auch seine Farbe nicht verliert (Alkohol würde normale Stoffe ja angreifen) und somit dauerhaft schön bleibt. Ich bin schon sehr gespannt, wie dieses neue Raumduftkonzept ankommen wird.

Testa Maura waren ebenfalls auf der Messe vertreten und zwar durch ihren Inhaber und Parfumeur, Xavier Torre, der uns ganz freundlich an seinen Stand eingeladen hatte, was danach leider im ganzen Messegetümmel untergegangen ist. Bei Yosh Han wäre ich ebenso gerne etwas länger verweilt beziehungsweise hätte mich gerne noch vorgestellt, doch sie war fast die ganze Zeit im Gespräch, also fehlte auch da die Gelegenheit. Dafür durfte ich den ganzen Abend Dr. Levi genießen, den Mann hinter Calé Fragranze, der ein echter Spaßvogel ist und sich äußerst gut aufgelegt und wie immer sehr unterhaltsam zeigte.

Neben Yosh Han bin ich noch über eine wirklich Entdeckung gestolpert, allerdings aus dem Kosmetikbereich: Eve Lom. Die recht überschaubare Linie ist rund um den Cleanser aufgebaut, der die Funktion eines Reinigers, eines (Augen)Makeup-Entferners, einer Feuchtigkeitspflege sowie eines sanften Peelings gleichzeitig übernimmt. Die britische Vogue bezeichnete ihn als den vermutlich besten Cleanser der Welt, das Internet überschlägt sich in diversen Foren bezüglich dieses Produkts – und ich durfte ihn gleich auf der Messe, am Abend testen und bin wirklich vollkommen begeistert: Als alter Pflegemuffel überfordert mich alles, das von mir abverlangt, 237 Produkte nacheinander in einer bestimmten Reihenfolge zu benutzen. Viele Reinigungsmittel machen meine Mischhaut nicht besonders rein, vielmehr habe ich oft das Gefühl, dass mir der halbe Tag noch im Gesicht hängt. An meinen bisherigen Lieblings, die 3-Step-Serie von Clinique ist deshalb für mich noch nichts herangekommen. Die hat aber jetzt Konkurrenz. Und zwar von dieser grünen Paste, die nach Kamille und Eukalyptus duftet und alles, wirklich alles von meiner Haut bekommt. Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass dieser Cleanser perfekt für meine zu leichten Unreinheiten neigende Haut gemacht ist. Überhaupt dürfte er für fast jeden Hauttyp gut sein, einzig bei sehr trockener sehr empfindlicher Haut empfiehlt sich wohl eine seltenere Anwendung aufgrund des leichten Peelingeffekts. Hier könnt Ihr Euch bei Interesse ein Anwendungsvideo von Libertys London ansehen:

Officina delle Essenze und A Lab on Fire (die in irgendeiner Form die Nachfolge des S-Perfume-Projekts darstellen) habe ich mir auch noch angesehen – dazu folgen morgen und übermorgen die entsprechenden Artikel.

Die anschließende abendliche Party in dem It-Club Düsseldorfs, der Nachtresidenz, war sehr gut besucht – wen Ihr verpasst habt könnt Ihr z. B. hier nachlesen. Modenschauen mit in roten Schlübbern herumhüpfenden Jungspunden, die Fashionshow von Thomas Rath, leicht bekleidete Damen, RTL-Moderator Kena Amoa als Durch-den-Abend-Führer, Schickeria-Publikum mit verhältnismäßig hoher Silikon-, Botox- und Hyaluron-Dichte, „Flying Food“, unter anderem exzellente kleine Küchlein und Törtchen, Jean Pütz samt Ehefrau – es war für (fast) jeden was oder wer dabei.

Und es wurde natürlich der neu gegründete Prix de Parfum Artistique verliehen, der von einer Jury aus „Persönlichkeiten der Mode- und Medienwelt“ verliehen wurde. Nominiert waren folgende Düfte:

Ormonde Jayne, Frangipani
Bond No. 9, I love NY
Rania J., Rose Ishtar
Montale, Dark Purple
Histoires de Parfum, Édition Rare Rosam
Jovoy, L’Enfant Terrible
Kilian, Amber Oud
Creed, Royal-Oud Millesime
Humiecki + Graef, Bosque
Etro, Paisley
April Aromatics, Unter den Linden
Parfumerie Générale, Indochine
Micallef, Ylang in Gold
Honoré des Prés, We Love NY
Nicolas Danila, Les Jardins D’Aladin
Xerjoff, Bouquet Ideale
Yosh, Sombre Negra
Casino Parfuem Saxonia, Vilafee
Neela Vermeire, Trayee
Armani, Oud Royal
Kurkdjian, Aqua Universalis forte
Isis Parfum, Autoportrait
Maître Parfumeur et Gantier, Cuir Fétiche
Coty, Bottega Veneta
Testa Maura, Carticasi
Clarins, Aura by Swarovski
Puredistance I
David Jourquin, Cuir Tabac
Arquiste Parfumeur, Anima Dulcis
Keiko Mercheri, Isles Lointaines
Perfume Holding, Bois 1920
Jardin de France, Tentation Dentelle

Gewonnen hat den 1. Preis Herr Hénin mit Enfant Terrible, der 2. Preis ging an Micallefs goldenen Ylang und Preis Nummer 3 hat Kurkdjian mit seinem Acqua Universalis Forte abgeräumt.

Damit möchte ich das Messegeflüster nun auch beenden – ich hoffe, es hat Euch Spaß gemacht, mit mir nochmal die Messehallen zu beschreiten! Ist denn etwas dabei, dass Euer Interesse geweckt hat?

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert