Pardon…

heißt er, der neue Nasomatto, und man möchte fast meinen, Herr Gualtieri meint das wörtlich: Bitte entschuldigt, Ihr Lieben, dass erst jetzt ein Neuer kommt! Bitte entschuldigt, dass meine ohnehin schon dürftige Informationspolitik diesmal noch dürftiger war und die Geheimniskrämerei ins Unermessliche wuchs! So oder so ähnlich würde ich sie ihm in den Mund legen, die Entschuldigungen. Denn, das darf bemerkt sein lieber Alessandro: Sie haben uns wahnsinnig lange auf die Folter gespannt, um nicht zu sagen unverschämt lange! Und dann war er angekündigt, der Duft, und kam nur mit einem dandyesken Foto verziert und ein paar sparsamen Worten. Wie immer ohne Angaben zu den Inhaltsstoffen begann das Rätselraten, und man las es schon nach kurzer Zeit im Netz munkeln: Oud und Magnolie.

Die sind es dann wohl auch geworden – neben anderen, wie immer nebulös im Ungewissen belassenen Inhaltsstoffen, denn: Über so etwas redet Monsieur Gualtieri nicht. Das müssen wir uns schon selbst zusammenreimen oder besser -riechen. Eigentlich hat er ja auch recht – ein Duft gefällt oder er gefällt eben nicht. So einfach ist das.

Wie Ihr Euch sicher schon vorstellen könnt: Mir gefällt Pardon, so wie mir (fast) alle Düfte von Gualtieri gefallen. Oder, anders: Mir gefällt Pardon, weil er sich als Bruder im Geiste zu meinen beiden Lieblingsdüften von Nasomatto gesellt, zu Duro und Black Afgano. Mir scheint, in deren Mitte fühlt er sich wohl, deshalb stelle ich Euch alle drei vor.

Duro ist mein absoluter Liebling aus der Kollektion und ich erinnere mich noch bestens an eine Umfrage in dem Duftbereich eines Kosmetikforums, dem Beautyboard, in der die Frage nach einem Duft für „echte Kerle“ aufkam – das Ergebnis war: Duro. Dem kann ich mich nur uneingeschränkt anschließen. Duro ist für einen Vollblutmann, und dabei weit entfernt davon, ein übermaskuliner Mann-Mann-Duft zu sein. Leder, Gewürze, Hölzer sind das, was man herausriecht – und Oud, wie ich meine. Aromatisch kühl kommt er daher, dicht gewoben lässt er einen kaum ausmachen, aus was für einem Stoff er gestrickt ist. Ledrige Eleganz, samtige Holzkanten – das alles ist nicht nur verdammt selbstsicher und männlich, sondern auch verdammt sexy. Ein Duft wie Jason Statham, den ich in seinen Ein-Wort-Satz-Filmen so liebe: Fürs Handfeste. Für den roughen, toughen Unbezähmbaren, der immer ein wenig distanziert, aber dadurch noch anziehender wirkt.

Black Afgano ist da eher die Latino-Nummer, die hitzige mit feurigem Temperament. Ich rede hier aber nicht von so einem Weichei-Latin-Lover, der schwülstige Schmusehits im getunten Auto hört, nein. Das hier ist eine echte Kante. Ein echter Mann, der braucht keine aufgesetzten Machoallüren. Einer, der keine Kompromisse eingeht und keine Gefangenen macht. Hier brodelt es dunkel und geheimnisvoll, dass es eine wahre Freude ist. Riecht er wie Hasch, der Afghane? Ja und nein. Nicht direkt (sagte man mir ähöm), aber der Duft fängt trotzdem auf unnachahmliche Art die Facetten jenes glimmenden Kräutchens ein: Tiefdunkel-würzig, bitter, harzig und gleichzeitig warm glühend fängt Black Afgano Noten von Tabak ein, von Kräutern, Cannabis, von Kaffee und Hölzern und Harzen sowie Weihrauch, den rauchen tut es hier ebenfalls gewaltig. Mann oder Maus? Wunderschön, sehr speziell und sehr präsent ist Black Afgano in seiner brachialen Ästhetik nichts für Hasenfüße und Hasenherzen.

Und Pardon? Pardon ist für mich der Mann dazwischen: Ein Schöngeist, ein Baudelairscher Flaneur, ein Großstadtraubtier und -jäger. Ein dekadenter Ästhet in feinste Stoffe gehüllt, den Kopf gen Wolken gestreckt, ein Himmelsstürmer, der die Beine nicht immer fest auf der Erde hat. Ein Verführer, ein geistiger – und nicht nur das…

Ist es nun wirklich Magnolie? Ich denke schon, mit blumigen Anklängen fängt das Vergnügen nämlich an, sacht und sanft, um dann Schokolade hinterherzuschieben, dunkle, betörende, raue und pudrige, die sich mit Hölzern verbündet und samtigen Oudanleihen. Sandelholzsüße stiftet Wärme, Vanille oder wahrscheinlicher Tonkabohne sorgt für würzig-cremige Vanilleweichheit und etwas pfeffert süß-scharf – Zimt? Muskat?

In jedem Fall ist dieser Monsieur der distinguiertes von allen, er ist der Intellektuelle, der durchaus zu starken Emotionen fähig ist und ausgeprägten Tiefgang hat, dem im Vergleich mit seinen beiden Brüdern aber eine Prise weniger jener rauen Intensität innewohnt, die für die beiden anderen so charakteristisch ist. Nichtsdestotrotz: Ein echter Nasomatto. Und mal wieder ein echtes Meisterwerk.

Was meint Ihr? Und wie steht Ihr zu Nasomatto?

Liebe Grüße,

Ulrike.

Bildquelle: Paul Gavarni, Le Flâneur, 1842.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Simone
    21. Oktober 2011
    Antworten

    Pardon,vielleicht war mein Einstieg mit „Narcotic Venus“ (ich mag Tuberose, aber meine beständigste Assoziation war Zuckerwatte) nicht der glücklichste und ich sollte Nasomatto noch eine zweite Chance geben…

    Viele Grüße (momentan aus Litauen)

    Simone

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