Duftpaare…

Letzte Woche hatte ich Euch bereits die Düfte der Züricherin Vero Kern hier im Blog vorgestellt, genauer: Kiki, Onda und Rubj ihrer Manufaktur vero.profumo, und zwar deren Eau de Parfums.

Es gibt da nämlich noch die Extraits der Düfte und wer an dieser Stelle denken mag, dass es sich lediglich um höher konzentrierte Versionen von Kerns Düften handelt, unterschätzt diese, macht vielleicht gar einen großen Fehler, wenn er sich das Testen spart. Denn die Extraits unterscheiden sich zum Teil signifikant von den Eau de Parfums: Wie ich bereits erwähnte, sind die Inhaltsstoffe zum Teil sehr unterschiedlich. Unter anderem stehen die Eau de Parfums alle unter dem Zeichen der Passionsfrucht, welche Bestandteil derselben, nicht aber der Extraits ist. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Unterschiede, deshalb wollte ich zeitnah nochmals einen Paralleltest für Euch vornehmen und Euch an meinen Empfindungen teilhaben lassen.

Kiki, jenes Lavendelfrüchtchen „für bekennende Individualistinnen mit französischem Chic“, welches Vero Kern in einem Moulin Rouge-Ambiente ansiedelt und einer Frau vom Typ der Journalistin und Autorin Sybille Berg zuschreibt, zeigt in seinen beiden Variationen schon deutliche Unterschiede: Während Kiki das EdP ein sinnliches Lavendelluder ist, das moosig-sexy vor allem die krautige Samtigkeit des Lavendels sowie das Süßlich-Morbide der Passionsfrucht untermalt von einer sinnlichen Wärme offeriert, präsentiert sich Kiki das Extrait weniger anrüchig sondern fast schon damenhaft. Auf subtile Art fruchtig vornehmlich durch die schwarze Johannisbeere übt sich der Lavendel in nobler Zurückhaltung neben rosig-minzigem Geranium, das dem Duft zu Femininität und einem wohltuend nostalgischen Charakter verhilft. Für mich ein Unterschied wie Tag und Nacht: Kiki das EdP als emanzipierte Frau, die um ihre Weiblichkeit weiß, sich gerne ihrer Sinnlichkeit hingibt und ihre Sexualität lebt, auch mal ausschweifend. Und die vielleicht auch mal Luder ist. Und Kiki das Extrait – ebenfalls sinnlich, aber auf eine zurückhaltende Art, das Spiel zwischen Distanz und Nähe auslotend. Eine Film-Noir-Diva.

Zwei Seelen wohnen auch in Ondas Brust: Onda, jene Essenz „für beseelte Genießerinnen“, denkt Vero Kern an Frauen in Yves Saint Laurent-Hosenanzügen (im übrigen der Erfinder des Hosenanzugs für die Dame) und an Charlotte Rampling. Und, obgleich ich dieses Bild sehr gut nachvollziehen kann, weiß ich jetzt, dass Frau Kern sehr wahrscheinlich nicht über Onda das EdP sprach, sondern über Onda das Extrait – nachdem ich dieses kenne, muss ich für Onda das EdP nun auch eine neue Frau suchen… Onda das EdP ist rauchiger Vetiver mit überraschender Maracuja-Süße kontrastiert, der von Iris in seiner erdenen Samtigkeit unterstrichen wird und durch Ingwer herbe Frische erhält. Ambivalent, aber durchaus hell. Onda das Extrait erscheint hier im Vergleich wie der böse Zwilling, die dunkle Schwester – liebe Martina, wie Recht Du hattest! Nur – mich erinnert Onda das Extrait nicht an Holzimprägniermittel (für die 60er, 70er war ich auch noch zu jung, aber wer weiß, was sich in unserer Garage noch findet zu Hause ;)), obgleich ich Deine Assoziation nachvollziehen kann. Ich finde Onda das Extrait wunderbar. Dunkel und extrem rauchig mit ausgeprägten Ledernoten, wo die EdP-Schwester davon nur einen Hauch vorzuweisen hat. Serge Lutens Fumerie Turque ohne Süße und aus düstereren Gefilden stammend. Die Braut zu Andy Tauers Lonestar Memories. Eine perfekte Freundin für Nasomattos Black Afghano. Unmöglich, das hier die Ingredienzen nur in einem Inhaltsstoff und der Gewichtung differieren. Liebe Martina – Holz hin oder her, ich bin verliebt. Und ziehe, während ich mich bei Kiki nicht entscheiden kann, hier definitiv das Kracher-Extrait vor.

Andersherum ist es in jedem Falle bei Rubj – hier präferiere ich das EdP. Weil Rubj das EdP meines Erachtens nach auch die gewagtere Variante ist. Bei jenem Duft, der „nicht nur für Exzentrikerinnen und Dandys“ gedacht ist und irgendeines Scheichs Garten samt Assoziationen von Passionen und Obsessionen zitiert setzen meiner Meinung nach neben der Passionsfrucht, wie passend, Kumin und Zibet die Akzente. Rubj das Extrait zeigt sich zwar in strahlender Blüte und dementsprechend intensiv, verfügt aber nicht über jene fast verhängnisvolle Mischung aus Maracuja und Kumin, die ich letzte Woche als „gefährliche Sirene“ betitelte und folgendermaßen beschrieb:

„Maracuja und jener Kreuzkümmel sind es aber, die jene Weiblichkeit in einen schwindelerregende Untiefe verwandeln: Mittels ihrer leicht dreckigen Noten, ihres subtil schweißig anmutenden Naturells unterstreichen sie die indolischen Momente des Jasmins genauso wie die morbide Seite der Tuberose.“

Rubj das Extrait zu mögen fällt nicht schwer, wenn man mit Weißblühern etwas anfangen kann. Rubj das EdP dahingegen ist eine ganz klare Love-it-or-Hate-it-Geschichte, die zumindest ich für mich schon ganz klar beantwortet habe.

Und wie sieht es mit Euch aus? Ich bin gespannt!

Liebe Grüße, Eure Ulrike.

Bildquelle: Rita Hayworth in Gilda (1946), Charlotte Rampling via www.charlotterampling.net, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Hier finden Sie die Düfte von Vero Kern, vero.profumo, in unserem Shop.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. 2. März 2011
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    ist das nicht einfach irre, dass man sich in den einen Duft so verlieben kann, dass man meint, ohne ihn ginge es nicht mehr… und einen Anderen derartig ablehnt, dass es schon fast unhöflich ist 😉
    Ich könnte mich mit „Onda“ EdP noch irgendwie arrangieren – aber das Extrait ist eindeutig auf der „hate“-Seite für mich. Und Du bist ganz jeck (sorry!) danach..
    Aus diesen Gründen habe ich es auch aufgegeben, nach Beschreibungen anderer Duftjunkies fest anzunehmen, dass mir dieser oder jener Duft gefallen MÜSSTE – die Überraschungen waren zu extrem !

    Da ich die Proben von Kerns olfaktorischen Werken noch hier liegen habe, werde ich in Kürze nochmals einen so neutralen Test wie möglich mit ihnen und mir zelebrieren. Wenn das spontane Grauen verdaut ist, bin ich möglicherweise offener für verborgene Grösse. Wer weiss..

    Liebe Grüsse, die Sonne scheint, die Fenster sind dreckig…
    Martina

    • Ulrike
      3. März 2011
      Antworten

      Hallo liebe Martina,

      ja, das ist es – und genau dieses Moment ist es vermutlich auch (mit), das Düfte so spannend macht 🙂
      Und welches Duftbeschreibungen so schwierig macht: Neben der ohnehin diffizilen Geschichte, Duftendes in geeignete Worte zu gießen und zu kleiden ist, zumindest meiner Ansicht nach, immer ein Spagat gefragt: Einer aus persönlichem Erleben samt Assoziationen und (semi)objektivem Eindruck. Ich gebe mir Mühe und hoffe es gelingt ab und an 😉
      Bin gespannt, ob ein neuerlicher Test der Kern-Düfte Dir neue Eindrücke beschert – wenn ja, immer her damit!

      Liebe Grüße zurück von einer, die ebenfalls Sonne durch ungeputzte Fenster genießt 😉

      Uli.

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