vero.profumo die Zweite – Onda.

Letzte Woche habe ich Euch bereits den ersten Duft aus dem Hause der in Zürich lebenden und arbeitenden Vero Kern vorgestellt, Kiki, jener kokette Boudoir-Lavendel. Diese Woche sind nun ihre beiden anderen Düfte dran, Onda und Rubj.

Alle drei Düfte werden von Frau Kern als für beide Geschlechter geeignet beschrieben – siehe hier im Interview mit Lena Brombacher vom Blog Olfactorialist:

„Ich denke alle drei Düfte sind androgyn und können von allen getragen werden. Auch von Männern.“

Dem muss ich mich ganz uneingeschränkt anschließen, obgleich ich Onda am geeignetsten für Männer finde – und zwar sowohl die Extraits als auch die Eau de Parfums, die ich dieser Tage (zuerst) rezensiere.

Die Eau de Parfums, die Vero Kern etwas später lancierte als ihre Extraits, unterscheiden sich von diesen nicht nur durch die Intensität, sondern auch durch die Ingredienzen. Man darf also mitnichten erwarten, Kern hätte da Altbekanntes einfach etwas lauer aufgelegt, nein. Vielmehr handelt es sich bei den Eau de Parfums um leichtere, aber immer noch verdammt haltbare Variationen der ursprünglichen (Extrait)Düfte, denen jeweils andere Inhaltsstoffe beigefügt wurden, was die Motive zum Teil sehr deutlich veränderte. Eine durchgängige Thematik wählte Vero Kern allerdings bei ihren Eau de Parfums: Sie verwendete für und in allen Passionsfrucht, Maracuja – ganz im Gegensatz zu den Extraits, die diese zauberhafte Südfrucht nicht enthalten.

Mit Maracuja ist das immer so eine Sache… Ich erinnere mich da an einen Artikel des Duftpabstes Luca Turin, den dieser in seinen Duftnoten in der Schweizer NZZ-Beilage Folio veröffentlichte – es ging um „das Geheimnis des betörenden Dufts der Passionsfrucht“, jenes „schmutzigen Früchtchens“. Turin schreibt dazu unter anderem Folgendes:

„Die grosse Duftfirma Haarmann und Reimer unternahm 1998 eine gründliche Analyse der von der Passionsfrucht abgesonderten Moleküle und isolierte 180 bis dahin unbekannte Moleküle, darunter 47 Schwefelverbindungen, deren Geruch von faulem Kohl bis zu verstopftem Siphon reichte. Wie nahe Schönheit und Hässlichkeit beisammenliegen, wird nirgends so offenbar wie bei tropischen Früchten.

Weshalb haben tropische Früchte diesen Hang zum Schmutzigen? Liegt es daran, dass sie mit starken Fäulnis- und Verwesungsgerüchen um die Aufmerksamkeit von Vögeln konkurrieren müssen? Einem konventionellen Fruchtduft eine winzige Dosis von Fäulnis beizumischen, wirkt so belebend, wie wenn Sie herausfinden, dass Ihre Kollegin von der theoretischen Physik früher mal als Stripperin arbeitete.“

Schon bei Kiki – der ohnehin zumindest bei mir strippende Assoziationen weckte, musste ich doch unentwegt an moderne Burlesquetänzerinnen und deren Vorbild Dita von Teese denken – ist die Maracujanote durchaus präsent und verströmt ein flirrend-flirtiges Charisma. Bei Onda ist es nicht anders, jenem Duft für „beseelte Genießerinnen“…Neu auf der Haut angekommen verbreitet Onda zuerst den tiefen Charme erdig-rauchigen Vetivergrases – des Hauptprotagonisten des Duftes. Samtig-erdige Iris ist seine vorrangige Begleiterin, die ihm hervorragend gut zu Gesicht steht, während Ingwer mit der ihm genuinen fruchtigen Herbheit den Weg bereitet. Von zitrischen Sternen ist jenes Bild gesäumt, dessen hingebungsvolle Natur von dickflüssigem Waldhonig unterstrichen wird. Der Vetiver wird im Laufe des Duftes salziger und gewinnt an Würze, was einen interessanten Kontrast zu der durchaus präsenten Maracujafrucht bildet: Subtile Süße und ein wenig dreckige Erde, Leidenschaft pur auf einem angewärmten und überaus weichen Bett.

Und für wen ist denn Onda nun gedacht? Vero Kern in obigem Interview verrät ihre Intention – oder eben auch nicht:

„Bei onda ist es ganz schwierig. Es kann eine dunkelhaarige oder eine blonde Frau sein. Sie trägt einen Smoking und High Heels von Yves Saint Laurent. Charlotte Rampling passt toll zu onda!“

Mich wundert nicht, dass es Frau Kern recht schwer fällt, dem Duft eine bestimmte Frau zuzuordnen – passt er doch auf viele Frauen (und auch Männer), aber trotzdem nur zu einem ganz besonderen Menschen, der gerne dieselben Kontraste, Brüche und Kanten aufweisen darf, die ihn genauso wie Onda zu dem genauen Gegenteil eines Jedermanns machen.

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Zitrone, Mandarine, Ingwer, Passionsfrucht, Basilikum, Muskatnuss, Koriander; Herznote: Ylang-Ylang, Honig, Iris; Basisnote: Vetiver, Patchouli, Moschus, Zedernholz, Ambra.

Einen schönen Tag Euch und liebe Grüße,

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. 24. Februar 2011
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    Ich möchte Dir vor allem Recht geben, was den frappierenden Unterschied von Extrait zu Eau de Parfum betrifft.
    Ganz anders ist noch maßlos untertrieben…. Denn „Onda“ Extrait riecht bei und an mir ganz simpel und unangenehm nach Xylamon – dem Holzimpregnierungsmittel der 60er und 70er Jahre.Teer und noch was Ekliges, Brenzliges. Nix Vetiver, leider.
    Dagegen das EdP – wunderbar, frisch-herb, dann auch durchaus lieblich mit ledrigen Noten. Guuuuut !
    Also – einen viel größerer Unterschied kann es kaum geben, von Konzentrat zu „Verdünnung“.
    Gut, daß Frau Kern im EdP die Früchtchen beigefügt hat.
    Noch habe ich es nicht „gewagt“, nach dem Schock von „Onda“ die anderen Extraits zu testen….
    Liebe Grüße, Martina

    • Ulrike
      1. März 2011
      Antworten

      Hallo liebe Martina,

      heute musste ich sehr an Dich denken, war ich doch damit befasst, die Rezension für die Extraits zu schreiben, die diese Woche noch erscheinen wird – Dein Eintrag findet natürlich Erwähnung 😉 Bis dahin ganz viele liebe Grüße –

      Ulrike.

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