Weiteren Weinen…

… widmen wir uns heute. Gestern hatte ich bereits mit dem ersten Duft der Kollektion Ex Vinis der Weinkellerei Ex Floribus Vinis begonnen, heute geht es munter weiter damit, denn sechs Düfte sind es an der Zahl und ich stelle sie Euch natürlich, wenn schon, denn schon, alle vor.

Die Nummer zwei in unserer Reihe ist Armeniaca Vulgaris, der sich als Vorbild jenes Weines namens Passito di Pantelleria bedient. Pantelleria werden Duftfreunde aufhorchen – ja, Pantelleria. Der Wein stammt von exakt jener klitzekleinen sizilianischen Insel, von der auch das gleichnamige Parfumhaus kommt. Inmitten der Straße von Sizilien gelegen „klemmt“ diese Vulkaninsel zwischen Sizilien und Tunesien, daher auch der aus dem arabischen stammende Name, der „Tochter der Winde“ heißt (von Profumi di Pantelleria gibt es ja auch einen Duft namens Maestrale, an den Wind angelehnt).

Eine kurze Recherche zum Wein bringt noch so einiges anderes Wissenswertes an den Tag: Der Passito di Pantelleria gilt als (italienisches) Aushängeschild für die sogenannten Strohweine, auch Schilfweine genannt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Trauben nach der Lese auf Strohmatten getrocknet werden, wodurch es zu einer Steigerung des Zuckergehalts kommt aufgrund der damit verbundenen Wasserverdunstung. Daraus entstehen meist sehr schwere, lange lagerbare Weine mit einem ansehnlichen Alkoholgehalt von 14% und mehr. Inspiriert sehen sich jene Weine durch die süßen Dessertweine der Phönizier sowie dem Passum der Römer, einem ebenfalls süßen Wein aus dem alten Karthago. Wie man sagt kommt der Passito di Pantelleria diesem Wein am nächsten, da er aus einer alten Muskattraubensorte hergestellt wird.

Meinereiner hat diesen Wein noch nie gekostet, wenn ich aber Muskat, Dessertwein und süß höre, vermag ich es mir beileibe vorzustellen, wie er denn schmecken könnte. Nicht mein Ding. Eigentlich genausowenig wie der Duft, wenn ich mir die Ingredienzen vor Augen führe: Kopfnote: Kokosnuss, Orange, Mandel, Aprikose, Pfirsich, Bergamotte; Herznote: Rose, Lilie, Magnolie; Basisnote: Weißer Moschus, Hölzer, Vanille, Akazienhonig, Gourmand-Noten.

Und doch, der Duft hat was: Überaus betörend süß ist er, von Anfang an. Und das bleibt er auch. In den Kopfnoten zeigen sich die Früchtchen und spenden verhaltene Spritzigkeit, es überwiegt aber der Anteil an süßer Wärme. Marzipanig-bittere Mandel und würzige Kokosnuss akzentuieren, während ein paar Blümchen nebensächliche Zierde darstellen – das Hauptaugenmerk liegt auf einer raumgreifenden Vanille, zart-pudrig und puddinghaft anmutend, deren Süße von Honig deutlich verstärkt wird. An diesem Punkt im Duftverlauf wurde ich schon fast stutzig, da sich mir der Name nicht so recht erschließen wollte: Jeder Ex Vinis-Duft stellt nicht nur eine Hommage an eine Weinsorte dar, sondern, der Lateiner wird es bereits bemerkt haben, ist auch benannt nach einer speziellen Frucht, allgemeiner: Pflanze – in diesem Fall die Aprikose. Diese lässt nur mittelfristig lange auf sich warten – im Auftakt eher undifferenziert fruchtig, präsentiert sie sich alsbald beschwipst und verhüllt von einem mächtigen, dichten Vanillegewand.

Viel mehr Gourmandduft geht nicht – man muss es mögen, ganz klar. Nichtsdestotrotz kann ich behaupten, dass mir diese trunkene Vanille-Aprikose gefällt. Und das ist mitnichten bei jedem Gourmandduft der Fall, wie der geneigte Leser vermutlich weiß. Ich mag die ausgeprägten Honignoten, die mich an meinen zugegebenermaßen pappsüßen Botrytis von Ginestet erinnern. Und ich mag jene likörig-alkoholischen Anklänge, die der fruchtigen Vanille eine andere Ausrichtung geben und mich zum Beispiel an Micallefs Rumvanille Note Vanillée erinnern, an den prächtigen Orientalen Aurum von Profumi del Forte oder Linaris Angelo di Fiume von Mark Buxton.

Ribes Rubrum, Duft Nummer drei, ist ein ganz anderes Kaliber. Sein Name stammt von der Johannisbeere und sein Weinpate ist der legendäre Brunello di Montalcino, einen der laut Wiki international gesuchtesten italienischen Rotweine überhaupt, sortenrein gekeltert aus einer Variante der Sangiovese-Traube, der gleichnamigen Brunello-Traube. Jene ruht im Falle des Duftes auf einem fein-sauberen Lager mit vanilligen Untertönen. Kopf- und Herz zeigen sich allerdings in schönster Sturm-und-Drang-Manier: Einem wahren Beerenfeuerwerk darf hier die geneigte Nase beiwohnen, dunkelrot-samtig und mit einzeln gut erkennbaren Kandidaten: Walderdbeere (yep, die kleine Feine), Heidelbeere und Johannisbeeren, sanft untermalt von ein paar Blüten samt Rose sowie der Vanilleweichheit aus der Basis.

Für mich eine tragbarere Variante von Humiecki & Graefs avantgardistisch-künstlerischem Multiple Rouge in Kombination mit The Different Companys Sublime Balkiss, nur eben ohne Chypre.

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Heidelbeere, Walderdbeere, Rote Johannisbeere; Herznote: Orangenblüte, Rose, Mimose, Veilchen; Basisnote: Weißer Moschus, Vanille.

Morgen folgen die restlichen drei Kandidaten – bis dahin wünsche ich Euch einen schönen Tag und sende Euch viele Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Passito / Grapes, left to dry for Passito von Zyance, Vanilla Planifolia von Toapel und Apricot von Ian W. Fieggen, alles via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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