Welche Farbe steht mir eigentlich?

Immer wieder hört man von Winter- und Sommer-Typen. Aber kaum jemand weiß, was hinter dieser schematischen Einteilung der Hautpigmentierung steckt. Oder sind alle Farb-Vorgaben eh längst überholt, und es gilt: Was gefällt, sieht auch gut aus?

Eine Kollegin fragte mich unlängst um Rat, denn Sie wolle gerne mal eine neue Haarfarbe ausprobieren – hatte aber Angst, statt in den richtigen Farbtopf eher ins Fettnäpfchen zu fallen. Denn leider sieht tatsächlich nicht jedes Haar an jeder Haut gut aus.

Die Erklärung liegt an der genetisch bestimmten Pigmentierung des Teints – sie regelt die Grundrichtung des Farbtyps. Je nachdem, welcher Anteil überwiegt, erscheint der Hautton eher wärmer oder kühler. Viel Karotin, also gelbes Pigment, sorgt für einen goldenen, elfenbeinfarbenen Teint. Mehr blaues Pigment, Melanin, sorgt für eine bläulich-rosig kühltonige Farbe. Der Schweizer Maler und Kunstpädagoge Johnannes Itten formulierte in den 1920’er Jahren seine Farbtypenlehre, in der er die Wirkung von Farben in unterschiedlicher Umgebung analysierte. Dabei entdeckte er, dass manche Farben besser oder eben schlechter mit anderen Nuancen harmonieren. Itten nannte das den „Simultankontrast“.

Um das zu verstehen, muss man nur einmal für ein paar Minuten auf eine monochrome, einfarbige Fläche blicken. Ist die Fläche zum Beispiel Rot, erscheint nach einiger Zeit vor Augen ein grünes Flimmern, das ist die Komplementärfarbe. Diese Beobachtung lässt sich nun übersetzen in die Welt der Schönheit: Denn wie gesagt hat jede Haut einen eigenen Farbton. Schimmert der Teint zum Beispiel leicht bläulich (viel Melanin), so könnte ein orangefarbenes Shirt oder ein orangestichiger Lippenstift auf dem Gesicht einen bläulichen Simultankontrast erzeugen. Dadurch wirkt die Haut müde und fahl, gerötete Unreinheiten treten optisch in den Vordergrund und sogar Falten fallen mehr auf. Gegen-Beispiel: Eine Frau mit warmem, goldenem Hautton trägt starkes Violett: Der Simultankontrast hüllt den Teint in einen gelblichen Schleier und das Gesicht wirkt ungesund, büßt an Ausstrahlung ein. Daher leitet sich ein gewisses Zusammenspiel zwischen Hautton und Kleidung, bzw. Make-up ab. Man kann seine Attraktivität also mit kleinen Farb-Tricks maßgeblich steuern. Allerdings unterscheidet Itten nicht nur nach den zwei Hauttonarten – kühl und warm – sondern auch noch nach deren Intensität. So entwickelte sich das Prinzip der Farbtypen, benannt nach den vier Jahreszeiten – von warm nach kalt: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

Der Frühlingstyp

… Dies ist der in Mitteldeutschland und in allen nordischen und östlichen Ländern Europas und den USA am weitesten verbreitete Hautton. Blondes bis aschblondes Naturhaar, bis hin zu rotblond. Der Teint: Eher blass, gelbstichig, neigt zu Sommersprossen und reagiert UV-empfindlich, im Sommer maximal goldbraun getönt. Die Augenfarben können sehr verschieden sein, von Grün über Blau bis Goldbraun.

Das steht Ihnen: Helle, warme und vor allem frische Farben wie Orange, Lindgrün, Blattgrün, Lachs, Apricot, Koralle, Beige, Kamel. Besonders schön als Make-up auf den Augen: Warme Goldtöne. Auf den Lippen sind leuchtende, klare Rottöne ideal wie Tomatenrot. Aber bitte immer ohne bläulichen Anteil, wie zum Beispiel Bordeaux-Rot.

Davon sollten Sie Abstand nehmen: dunkle Farben, schwarz. Kalte Farbtöne lassen den Teint blass und müde erscheinen. Dunkles Tannengrün, Pink oder erdiges Braun sollten Sie ebenfalls vermeiden.

Prominente Frühlingstypen: Renée Zellweger, Nicole Kidman, Gwyneth Paltrow, Michelle Pfeifer, Jane Seymour

Der Sommertyp

… kommt ursprünglich vor allem in Norddeutschland häufig vor. Die Haare sind meistens aschblond oder bräunlich. UV-Licht rötet Ihren Teint schnell und sie neigen zu Sonnenbrand. Die Augen sind meist graublau, aquagrün oder petrolfarben. Ihre Haut wirkt leicht durchscheinend, rosa oder gelblich-beige.

Das steht Ihnen: blau-basierende, gedeckte und kühle Farben. Pudriges Rosé, Hellblau oder Mint sind wunderbare Lidschatten-Nuancen für Sie. Auf den Lippen darf es ruhig mal ein kräftiges Bordeaux sein, Himbeere oder Fuchsienrot. Tabu sind Rottöne mit Orange darin, sie rauben Ihrem Teint Ausstrahlung und Jugendlichkeit. Generell steht Ihnen alles pastellige besser zu Gesicht als knallige Leuchtfarben. Auf den Wangen ein frisches Rosa kann Wunder wirken, wenn Sie sich morgens im Spiegel als zu müde oder fahl empfinden.

Davon sollten Sie Abstand nehmen: Wie gesagt orangestichiges Rot, darüber hinaus sind Schwarz, reines Weiß (lässt älter wirken), gelb und gelbstichige Brauntöne ungeschickt für Sie.

Prominente Sommertypen: Sharon Stone, Cameron Diaz, Melanie Griffith, Dolly Parton, Heather Locklear

Der Herbsttyp

… ist so etwas wie der „Klassiker“ in Süddeutschland, Irland, sowie den südlichen Benelux-Ländern. Das Haar wird von einem Rotstich dominiert, zeigt sich aber oft auch in klassischem Dunkelbraun. Der Teint ist sehr blass und neigt zu Sommersprossen. In der Sonne bräunen Sie kaum. Die Augen sind Goldbraun, Bernstein, Braungrün oder Rehbraun.

Das steht Ihnen: Erdfarben und Farben, die sich hierzulande im echten „Herbst“ zeigen. Ideal sind alle Braun-Nuancen, von Schoko bis Rost. Dunkles Grün, Olive, gedecktes Orange und Beige. Auf den Lippen steht Ihnen dunkles Bordeaux hervorragend, Orange oder ein warmer Ziegel-Ton. Als Lidschatten empfehlen sich Champagner, warmes Gelb und Lachsrosa.

Davon sollten Sie Abstand nehmen: Kalte Töne sowie grelles, blaustichiges Pink. Nuancen wie Jade oder Seegrün sind zu kühl für Ihren Teint, ebenso Marine und Jeansblau.

Prominente Herbsttypen: Julia Roberts, Cindy Crawford, Jennifer Lopez, Sophia Loren

Der Wintertyp

… ist ebenfalls vor allem in Süddeutschland, Südeuropa, den USA und Asien beheimatet. Er hat fast immer schwarzes oder sehr dunkles braunes Haar, ein leuchtendes Augenweiß und bräunt sehr schnell. (Ausnahme: Der „Schneewittchen“-Typ. Er bräunt fast gar nicht und bleibt meistens blass.) Die Haut ist im Winter bläulich, im Sommer olivfarben und langanhaltend braun. Die Augenfarbe ist dunkelbraun, grün oder Schwarzbraun.

Das steht Ihnen: Kräftigende, leuchtende Farben wie Rot, Blaugrün, Royalblau, Indigo, Violett und Pink.

Wunderbar als Lidschattenfarbe eignet sich Türkis oder – wer es prägnanter mag – Violett, sowie Silber. Auf die Lippen gehört rubinrot, rosa oder Pink. Der Wintertyp ist außerdem so ziemlich der einzige, der mit Schwarz hervorragend zurecht kommt. Das gilt sowohl als Haarfarbe, Oberbekleidung aber auch (abends für die Party) auf den Lippen und als deutlich sichtbarer tiefschwarzer (und je nach Augenform ruhig etwas breiterer) Lidstrich.

Davon sollten Sie Abstand nehmen: Mischtöne wie Graublau, jedes Braun und alle pudrigen Pastell-Nunacen stehen Ihrem Typ nicht so gut. Ebenso können Sie auf Gelb und goldene Nuancen gut verzichten. Am schlechtesten steht Ihnen aber Orange – diese Farbe lässt Sie müde und abgespannt wirken.

Prominente Wintertypen: Catherine Zeta-Jones, Monica Belluci, Demi Moore

Aber zurück zu meiner Kollegin und ihrer Frage nach dem Haarefärbe-Wunsch. Denn eigentlich hat das Farbschema der Vier Jahreszeiten-Typen in unserer Zeit ein wenig an Relevanz verloren. Noch in den achtziger Jahren als einzig wahre Lösung von Mode- und Typberatern ausgegeben (und in unzähligen Büchern breitgetreten), hat sich der Blick heutzutage etwas gelockert. Erlaubt ist alles, was gefällt. Und da kann es nun mal passieren, dass ein Sommertyp sich am Liebsten ganz in schwarz kleidet und seine Haare umfärbt, weil sie den Effekt des Blassen, Strengen nun mal lieber mag, als in pudrigem Pastellblau charmant zu wirken. Gut aussehen kann die Frau dennoch. Allerdings kann es eben vorkommen, dass Sie sich morgens im Spiegel nicht so gefallen, und Sie sich bewusst eben doch für eine Farbe entscheiden, die Ihrem Typ gerecht wird – und voilà, auf einmal finden Sie die andere da im Spiegel wieder toller und hübscher. Außerdem hat man gelernt, dass der Simultankontrats umso stärker auftritt, desto näher die Störfarbe am Gesicht ist. Tiefschwarz gefärbtes Haar oder eine schwarze Bluse kann an einem Frühlingstyp absolut „daneben“ aussehen, ein schwarzer rock dagegen schon wieder super. Denn er wirkt sich optisch weniger stark auf den Teint aus, da er ja (logisch) weiter vom Gesicht entfernt ist. Wer also wie meine Kollegin seinen Typ z.B. mittels einer neuen Haarfarbe verändern möchte, sollte sich zuerst überlegen, welchen Effekt er (jaja, oder: sie) damit erzielen möchte – mehr Strenge oder mehr Charme – und sich dann für oder eben gezielt gegen eine für ihn (sie) harmonische Farbe entscheiden. Der schlichtweg beste Tipp wird aber immer sein, bevor man sich die Haare färbt: Besorgen Sie sich eine Bluse oder ein T-Shirt in dem gewünschten Farbton, den die Haare demnächst bekommen sollen, und tragen sie so die Nuance – direkt neben dem Gesicht – erstmal Probe. So werden sie ganz schnell feststellen, wie wohl Sie sich fühlen. Und dann erst ab zum Friseur…

Ihr Constantin Herrmann

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