… und Mama hatte doch recht!

Es gibt unendlich viele Beauty-Weisheiten, die von einer Generation an die nächste weitergegeben werden. Alle Quatsch, könnte man meinen, ein paar stimmen aber doch. Ein Bekenntnis.

Ich bin groß geworden in einer Zeit der Anarchie. Oder, besser gesagt, der Gegenströme. Denn Ende der 1970’er Jahre begannen Mütter, so manches was sie von ihren Eltern gelernt hatten, in Frage zu stellen. Zum Beispiel hatte man meiner Mutter als sie klein war – wenn Oma ihr im Urlaub etwas Gutes tun wollte – eine Sonnenmilch LSF 2 aufgeschmiert und sie dann stundenlang in der Sonne toben lassen. Dass die Familie dann abends um Mutter versammelt saß und die beulengroßen Brandblasen auf den Schultern begutachtete, hat aber außer Mama wohl niemanden irritiert. Sonne macht Sonnenbrand, so war das eben. Das Umdenken kam erst Anfang der Achtziger, als man lernte, Sonne ohne Schmerzen, das geht ja auch! Und wer nicht aufpasst, riskiert bleibende Hautschäden! Bis dato hatte das nur einfach keiner gewusst. Meine Mutter überreagierte stante pede und ließ mich nur noch mit weißem Sunblocker im Gesicht und mit T-Shirt zur Badeshorts in die Sonne. Im Nachhinein ein Kompliment an meine Erzeugerin, denn damit war sie ihrer Zeit sogar einen Tick voraus, aber damals für den kleinen Jungen in mir eine gesellschaftliche Katastrophe. Sie können sich ungefähr vorstellen, welche seelischen Verheerungen es mit sich bringt, wenn der dickste Junge der Klasse, mit Pickeln und senfglasbodendicker Brille, im Hulk-Hogan-Fanshirt und mit weißer Nase zum Kindergeburtstag am Pool der Nachbarn auftaucht. Und erst recht, wenn beim Planschen das Shirt an mir klebte – eine anatomisch abstoßende Schocker-Version des Wet-T-Shirt-Contests. Würde mich nicht wundern, wenn ich bei so manchem 12jährigen Mädchen aus meiner Klasse damals zu nachhaltigen Alpdrücken geführt hätte.

pool-partyAber, wie gesagt, im Nachhinein: Mama hatte recht. Sie hatte übertrieben, ja, aber sie meinte es doch nur gut. Übrigens hat mich an so einem Tag im nassen Shirt dann auch zum ersten Mal ein Mädchen geküsst (gegen meinen Willen, möchte ich hinzufügen). Jasmin hieß sie und war mindestens so kurzsichtig wie ich, aber die bessere Schwimmerin. Deswegen gelang es ihr, mich unter Wasser zu ziehen und kurz vor dem ertrinken mir zwischen zwei verzweifelten Atemholen einen Kuss aufzudrücken. Aber das ist eine andere Geschichte… Jedenfalls befand ich mich in einer Zeit des Umbruchs. Kinder wurden nicht mehr gezwungen Lebertran zu löffeln, dass Spinat nur aufgrund eines Rechenfehlers als eisenhaltigste Wunderwaffe fungiert, hatte sich als Irrtum entpuppt, und kurzzeitig geisterte die Meldung durch die Köpfe von Erziehungsberechtigten, 100 Bürstenstriche pro Tag wären für seidenweiches Haar nicht förderlich, sondern sogar schädlich.
Außerdem schleppte Mama mich mit 12 in eine Parfumerie und kaufte mir Make-up. Weil ich „so schlimme Pickel hatte, die dringend versteckt werden müssen“ sagte sie. Und wie stolz ich war! Der einzige prä-pupertierende Junge ohne Pickel dachte ich. In Wirklichkeit war ich der einzige Junge mit Make-up-Rand am weißen Poloshirt, aber das war mir egal. Hauptsache makellose Haut. Auf den Klassenfotos meiner Schulzeit sehe ich aus wie ein Austauschschüler aus Transsexualien. Nun gut, wie gesagt: vergeben und vergessen. Bleibt nur die Frage, ob die Neigung meiner Mutter, mich mit ihren Beauty-Vorstellungen vor aller Welt zu blamieren irgendwie Auswirkungen auf meine spätere Berufswahl hatte?! Jedenfalls bin ich heute Beauty-Redakteur und lese den ganzen Tag Pressemitteilungen, jette um die Welt um neue Produkte kennenzulernen und erfahre in sorgsam aufbereiteten Studien, was gerade Stand der Wissenschaft ist. Und siehe da: vieles von dem was unsere Mütter uns einst schon eingebläut haben, offenbart sich heute als Wahrheit. Der Wissenschaft sei Dank. Zum Beispiel hatte meine Mutter mir immer wieder erklärt, „Lächle und die Welt lächelt zurück“. Und fügte nach einer dramaturgischen Verschnaufpause noch niederschmetternd hinzu: „Und niemand mag ein pickeliges Lächeln.“ Ich war fassungslos! Und wumms, siehe da, ein paar Dekaden nach diesem niederschmetternden Credo ist es mittlerweile offiziell: gut aussehende Menschen kommen besser durchs Leben! Oder, in Studien gesprochen: Das schönste Drittel der arbeitenden Bevölkerung verdient etwa fünf Prozent mehr als der Durchschnitt. Ist das nicht fies!? Das hat nun mal rein gar nichts mit Begabung zu tun, sondern liegt daran, dass schönen Menschen mehr zugetraut wird. Sie verkaufen sich selber in Gesprächen und Präsentationen besser, sind selbstbewusster und treten überzeugter auf. Eine großangelegte Studie der University of Texas geht sogar noch weiter und fand heraus, dass ein Unternehmen mehr Gewinn erzielen kann, umso mehr gutaussehende leitende Angestellte dort arbeiten! Das sollte mal jemand dem Vorgesetzten meiner Ex-Chefin sagen…

Noch so ein Kapitel der Erziehung: „Geh anständig, Rücken gerade!“ polterte meine Mutter immer wieder auf mich und meine Schwester los. Und tatsächlich, was meine Schwester betrifft macht diese Anweisung Sinn. Denn, so haben Studien der Queens University in Ontario herausgefunden, Frauen, die wie auf dem Laufsteg gerade stolzieren wie auf einer imaginären Linie, wirken besonders attraktiv. Denn dann schwingen die Hüften so sexy – und das macht Männer verrückt! Nette Nebenbei-Beobachtung: An fruchtbaren Tagen gehen Frauen scheinbar unbewusst männlicher. Wohl, um unliebsame Verehrer abzuschrecken und geeignetere Kandidaten aus der Entfernung auszuloten. Also merke: Männlich in die Disco marschieren, bis ein Flirt-Kandidat auftaucht und dann Catwalk-mäßig die Hüften schwingen!

ChildrenApropos „Fahrgestell“: Wenn eine Mutter ihrem Kind beibringen möchte, dass „Barbie nicht das Maß der schönen Dinge ist“, dann hat sie… recht! Zwar stimmt das mit dem Kindchenschema, also Die Nase-Augen-Stirn-Proportionen. Aber der Körper? Macht nicht gerade den besten Eindruck auf das starke Geschlecht. Denn die Uni Breslau fand heraus, dass endlos lange Beine gar nicht so sexy sind wie allgemein angenommen. Mehr noch: zu lange Beine wirken weniger sinnlich! Ideal sind Beine, die etwa fünf Prozent über dem Durchschnitt liegen, rein rechnerisch also etwa 47 Prozent der gesamten Körperlänge betragen. Und ganz ehrlich, das lässt sich mit High-Heels doch locker mogeln! Ihr Frauen habt es irgendwie leichter im Leben. Denn, wie soll MANN bitteschön ein Sixpack hinmogeln, oder eine muskulöse Heldenbrust? Das mit der Mogelpackung funktioniert übrigens – rein wissenschaftlich – noch in anderen Fällen: Ob ein Körper nämlich als schön, sprich harmonisch wahrgenommen wird, hängt ab vom Verhältnis der Taille zur Hüfte. Da wird es dann aber noch mathematischer: Ergibt Ihr Taillenumfang geteilt durch Hüftumfang den Wert 0,7, dann sind Sie eine Traumfrau (wie gesagt: rein mathematisch). Bevor Sie sich jetzt aber den Kopf zerbrechen, wie man das so exakt auf Form hungert, hier mein Tipp: Betonen Sie die schmale Körpermitte mit einem breiten Gürtel! Dita von Teese macht es genauso. Nur das alberne Bad im Champagnerglas dürfen Sie getrost weglassen. Obwohl!? Denn noch so eine tolle Studie hat ergeben, dass Alkohol tatsächlich Frauen schöner macht. Zumindest, wenn der Kerl neben Ihnen ein paar über den Durst trinkt. Die University of Bristol konnte belegen, dass Männer nach ein paar Bier eine Frau toller finden als nüchtern. Aber das bringen die meisten Mütter ihren Kindern vermutlich nicht bei…
Noch so ein Dauer-Slogan meiner Mutter war übrigens: „Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus!“ Das hat jetzt erstmal scheinbar nichts mit Beauty zu tun, hat es aber doch! Denn der Spruch sagt eigentlich nichts anderes, als dass wir ständig möglichst nett zu unseren Mitmenschen sein sollen. Im Idealfall sprechen wir positive Gefühle und Zuneigung anderen gegenüber offen aus (nicht gerade die Stärke der meisten Kerle, ich weiß, aber daran arbeiten wir! Versprochen…) Denn, wer nette Sachen ausspricht – und nicht etwa nur mit Gesten, Affen-Grunzen und Pfiffen andeutet – der wirkt äußerlich attraktiver als unnahbare Menschen, und seien die noch so hübsch! Behauptet zumindest die Universität in Aberdeen.

Die Universität Landau bestätigte mit einer Untersuchung übrigens noch eine meiner liebsten Mutter-Weisheiten: „Sei immer du selbst!“ Denn 83 Prozent der Deutschen ist es zwar wichtig, dass ihr Partner gut aussehe, viel bedeutender, nämlich mit ganzen 94 Prozent schlägt aber zu Buche, dass der Partner natürlich ist, ungekünstelt, unverstellt. Ist das nicht schön? Und erklärt vielleicht, warum mich damals Jasmin doch geküsst hat. Trotz Aquariumsscheiben vor den Augen und meiner Silhouette einer Seekuh. Weil ich mich nicht anders gegeben habe, als ich eigentlich war. (Was übrigens meinem emotionalen Reifestand damals auch hätte schwer fallen dürfen).

Aber in einem Punkt irren sich unsere Mütter dann doch: Wenn sie uns eintrichtern, dass wir „abnehmen sollen, um besser auszusehen“ (meine hat das immer getan), dann unterliegen sie nämlich einem schweren Irrtum: ein bisschen mehr Gewicht darf es ruhig sein. Um genau zu sein etwa 3 bis 5 Kilo mehr als das angebliche „Idealgewicht“! Denn wer mehr auf die Waage bringt, als der Body-Mass-Index empfiehlt, der sieht besser aus! Erstens werden Fältchen von innen aufgepolstert, zweitens kurbeln die Pölsterchen – zumindest bei Frauen, und vor allem so ab 45 Jahren – die Östrogenproduktion an, das weibliche Sexualhormon sorgt für straffere Haut und sinnlich-volle Lippen.

Und nun zum Finale mit Donnerschlag: „Eine Frau wie mich wirst Du nie finden“ sagte meine Mama mitunter. Das hat einerseits dazu geführt, dass ich die Hoffnung gleich aufgegeben habe und schwul geworden bin, andererseits untermauerte sie mit dieser rhetorischen Ohrfeige eine Studie der Universität Pecs in Ungarn. Denn die hat in langen Untersuchungen heraus gefunden, was meiner Mutter scheinbar schon immer klar war: Ein Mann findet Frauen unbewusst dann anziehend, wenn Kinn- und Mundpartie der seiner Mutter ähneln. Frauen übrigens bevorzugen bei der Partnerwahl einen Mann, wenn Nase und Augenabstand dem Gesicht des Vaters gleichen. Ich finde das ein bisschen gruselig, aber Studie ist nun mal Studie. Und bevor jetzt jemand fragt: Nein, mein Freund sieht nicht aus wie meine Mutter. Und auch nicht wie mein Vater! Um Gottes Willen… Habe ich schon erwähnt, dass ich das gruselig finde?

Welche Schönheits-Weisheiten haben Sie von Ihrer Mutter gelernt? Verraten Sie uns, was Sie für Ihr späteres Leben daraus gelernt haben!…
Ich freue mich auf Ihr Feedback!

Mit schönen Grüßen,
Ihr Constantin Herrmann.

Bildquelle: I’m wet von Annika Vogt und Children von Melbia – beide via Stock.Xchng. Some rights reserved. Vielen lieben Dank!

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Constantin Verfasst von:

Ein Kommentar

  1. Renate E.
    8. Juni 2010
    Antworten

    Wie schön, wenn man so selbstironisch und entspannt auf bestimmt nicht immer einfache Kindheitserlebnisse zurückblicken kann!

    Meine Erinnerungen beziehen sich eher auf meine Großmutter. Ein Mini-Bauernhof, 5 Kinder – man kam grade so über die Runden, aber Geld für die Bleichcreme gegen die Sommersprossen der Sprösslinge war immer da und diese wurde großzügig – ohne Rücksicht auf die Kosten – eingesetzt! Sie hat auch immer bedauert, dass sie in jungen Jahren keinen Zugang zu bzw. kein Geld für Pflegeprodukte hatte und immer erwähnt, wie schön sie die glatte Haut ihrer Enkelinnen findet.
    Ihre Tochter – also meine Tante – hat uns Nichten schon ganz früh mit allerlei Schönem von Avon versorgt (auch aus der Überzeugung heraus, dass man es im Leben einfacher hat, wenn man gepflegt ist und gut riecht) und damit den Grundstein für mein heutiges Verhältnis zu Pflege- und Duftprodukten gelegt. Ihre Geschenke waren immer die besten!

    Meine Oma war auch sehr dahinter her, dass ihre Familie immer saubere Kleidung trug – keine Selbstverständlichkeit in der damaligen Zeit, ohne Waschmaschine.
    Ich selbst liebe es schon immer, Wäsche zu waschen und aufzuhängen (die Benutzung eines Wäschetrockners wäre eine Strafe für mich)und habe ewig gebraucht, bis ich das Waschmittel mit dem für mich richtigen Duft gefunden habe.

    Es wird ja heutzutage auch viel kritisiert, dass viel zu viel gecremt und gesprüht wird (womöglich dadurch falsche Partnerwahl, weil man nie die Möglichkeit hatte, den Eigengeruch des-/derjenigen zu riechen), aber ich denke mir immer, dass ich auch schon als Frühmensch in Neandertal versucht hätte, den Duft einer Blüte oder die pflegende Wirkung einer Pflanze für mich zu nutzen und verfügbar zu machen. Irgendeinen Grund muss es doch geben, dass wir den Duft einer Rose als angenehmer empfinden, als den eines 3 Tage nicht gewaschenen Menschen – alles Natur, aber was für ein Unterschied!

    Zum Schluss noch etwas, das ich ganz eklig fand: früher sagte man ja, dass häufiges – womöglich tägliches – Haarewaschen sehr schädlich sei. Deshalb hat man diese stinkenden Trockenshampoos benutzt – eine ganz schlimme Erfindung, die praktisch keinen Erfolg brachte.

    Aber heute haben wir es ja sooo gut, vor allem auch Dank dieses Beauty-Stores!

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