Die Wiedergeburt der ganz Großen

„Thierry Mugler“ und „Versus“ nehmen noch einmal Anlauf. Und die Mode-Fachwelt munkelt: sie könnten es schaffen! Aber während die Fashionistas sich noch gedulden müssen, werden wir Beauty-Victims schon mal verwöhnt…

Thierry Mugler –
das It-Label der Achtziger,
dann Dornröschenschlaf.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich bin mit Mugler groß geworden. Meine Mutter liebte die extravaganten Schnitte und rasanten Teile, mit denen der Pariser Designer in den Achtzigern regelmäßig für wahre Begeisterungswellen in Modezeitschriften wie bei Kundinnen sorgte. Bedrohlich große Schulterpolster, kantige Schnitte, Leder als ewiges Lieblingsmaterial – der Look der Power-Generation. Doch den Sprung ins neue Jahrtausend hat Mugler irgendwie nicht so recht geschafft. 2003 wurde die einst gefeierte Couture-Linie des Hauses sogar eingestellt. Burn-Out? Oder nur kreativer Verschnaufer? Thierry persönlich hatte sich aus dem kreativen Geschäft nach und nach zurückgezogen, widmete sich anderen Projekten, wie seinen Parfums („Alien“, „Angel“ und die „Miroir, Miroir“-Kollektion) und seiner großartigen Make-up-Linie unter dem Namen „die Kunst der Metamorphose“. Wer die gar nicht mal so kleine Range der Mugler-Beauty-Produkte noch nicht kennen sollte, der hat es lässt sich nicht anders sagen – etwas verpasst. Großartige und lang haltende Lip-Glosse in spektakulären Lack-Farben, der beste Eyeliner, den ich kenne, und ein etwas gewöhnungsbedürftiger blauer Glacis-Concealer mit eisigem Frische-Effekt, der aber super-effektiv Rötungen kaschiert. Puder, Lidschatten, Make-up-Base – die Linie umfasst eine ganze Welt außergewöhnlicher Produkte. In neuester Zeit entwarf der Alt-Meister außerdem die Kostüme für Beyonces „I am … Sasha Fierce“-Tournee. Insegsamt blieb Mugler mit seiner Arbeit also immer im Rampenlicht, nur sein Hauptwerk, sein Mode-Label geriet etwas in Vergessenheit. 2008 kam Rosemary Rodriguez zur Marke als neue Chef-Designerin, die zuvor viele Jahre das Label Paco Rabanne federführend gestaltet hatte. Und langsam aber zielsicher baut die quirlige Dame das Unternehmen wieder auf, haucht ihm neues Leben ein. Momentan gibt es neben der eher noch unspektakulären Männermode auch eine kleine Damenkollektion, Tendenz auf dem Trend-Barometer aber steigend. Mode-Experten und kreative Köpfe weltweit orakeln seit ein paar Monaten, Mugler wäre DAS kommende Label, und werde nach der längeren Auszeit wieder in den Fashion-Olymp zurückkehren, ganz nach oben bis an die Spitze.

Hier ein Video mit der Chefdesignerin:

visual-blue-collectionUnd wie es der Zufall will (Ist es ein Zufall?) bringt die Beauty-Kollektion Mugler dieses Jahr eine große Make-up-Kollektion auf den Markt, bleibt die Frage: Profitiert Mugler Beauty vom aufgehenden Stern des Mode-Labels, oder nutzt der Keimling in den Herzen der Fashionistas die Beauty-Range als Nährboden, um dieses Jahr endlich wieder zu voller Blüte zu kommen. Egal, wer wen befruchtet, der Fahrplan für 2010 ist großartig ausgearbeitet und sorgt sicherlich für starke Medien-Präsenz. Und ganz nebenher ist es der perfekte Moment für alle, sich endgültig in Thierrys wunderbare Welt der Metamorphose zu verlieben. Denn 2010 bringt Mugler gleich vier wunderbare Kollektionen, auf die ich bereits eine Preview erhaschen durfte. Den Auftakt macht im März die sogenannte „Blue Collection“. Im Zentrum steht (Ach was) die Farbe Blau. Eine wahre Farbexplosion, die sicherlich ein bisschen Mut erfordert, aber diesen Anspruch hatte Muglers arbeit ja schon immer.

Die Reise in das blaue Universum beginnt mit einem Eyeliner in „Electric Blue“, einem effektvollen Nachtblau mit Metallic-Optik, der mit einem Pinsel aufgemalt wird (also nichts für Ungeübte. Kleiner Tipp: stützen Sie den Ellbogen beim Lidstrich-ziehen auf, dann zittert die Hand weniger und der Strich wird gerader. Notfalls mehrer kleine Punkte setzen und dann erst zu einer Linie verbinden Nur Geduld, mit der Zeit wird die eyeline immer schöner, das Üben lohnt sich, zumal Lidstrich gerade wieder total „in“ ist!) Natürlich ist ein blau erst einmal etwas ungewohnt, aber für den Abend ein toller Hingucker. Wer mag, kann die cremige Textur auch mit dem Finger zu „Smokey Eyes“ verwischen, allerdings finde ich persönlich die Variante als 60ies-Line einfach super-schick.

regard-stellaire-bleu_freiDer dazu passende Lidschatten „Regard Stellaire Blue Rhapsody“ bietet eine Palette verschiedener blau-Schattierungen. Zuerst die Grundierung in „Icy Blue“ auf das gesamte Lid auftragen (bis direkt unter die Augenbrauen!) und dann nach Herzenslust mit den anderen Nuancen experimentieren. Wie wäre es zum Beispiel mal mit einem strahlenden Türkis in den inneren Augenwinkeln? Oder das kräftige „City Night Blue“ in Bananenform über dem beweglichen Lid – entfalten Sie ihre eigene, spielerische Kreativität, die Farben harmonieren in jedem fall perfekt miteinander, lassen den Blick strahlen und halten besonders lange (ein Benefit, den übrigens alle Mugler-Beauty-Produkte haben: sie halten wirklich wischfest über viele Stunden).

Die Kollektion wird abgerundet durch einen blauen Lip-Gloss, den man zwar auch solo auftragen kann, besonders hübsch finde ich ihn aber als Highlight auf einem klassischen, kühlen roten Lippenstift. Erst das Rot auftragen und dann den gloss nur auf die Lippenmitte tupfen, das lässt den Mund verführerisch schimmern und voller erscheinen. Und das sogar alltagstauglich, während ich die blauen Lidschatten eher für eine rauschende Party auflegen würde, wenn der Look gerne etwas außergewöhnlich strahlen darf.

Im Sommer solle dann eine „Gold Collection“ folgen, sowie eine „Bright Collection“, und zum Jahresende schließlich eine „Black Collection“, auf die ich mich schon sehr freue. Habe ich eingangs davon gesprochen, dass Muglers Mode Prognosen zufolge wieder ganz groß im Kommen ist, so lässt sich für die Beauty eher sagen: eine unglaubliche Erfolgsgeschichte geht weiter. Denn die qualitativ wirklich herausragenden Produkte gehören einfach mit zu dem Besten, was der Markt zu bieten hat. Möge der Mugler-Stern weiter leuchten!

Versus –
Donatella haucht dem Jeans-Label
der Versace-Familie neues Leben ein.

Seit dem Tod von Gianni Versace befindet sich das Haus Versace im freien Fall“ so hörte man in Mode-Kreisen in den letzten Jahren immer wieder. Donatella wollte es irgendwie nicht so recht gelingen, der Marke mit dem Medusenkopf den Glanz von früher zurückzugeben. Dabei gab es mal eine ganze Versace-Ära. Als alle statusverpflichteten Männer Seidenhemden mit dem römisch-opulenten Mustern trugen, als internationale Celebrities wie Madonna und Lady Di mit Vorliebe in eleganten Abendroben mit Mäander-Design auftraten. Dann kam 1997 der Schock, Gianni Versace, ermordet. Die Mode-Welt hielt den Atem an, Donatella und Bruder Santo ebenfalls. Nur, während sich der schnelllebige Fashion-Zirkus rasch wieder von dem Trauma erholte, verblieb das Label Versace in der Schockstarre. Was einst genial anmutete, verkam zu überteuertem Kitsch, das Label verschuldete sich, manche Kritiker feilten schon an einem Nachruf auf Giannis kulturelles Erbe. Neben den Guccis, Chanels und Pradas unserer Zeit verkam der Medusenkopf beinahe zur Bedeutungslosigkeit. Doch dann kam alles anders, Donatella probte den Aufstand und gewann: Ihre letzten Shows waren riesen Erfolge, sanfte Schnitte und reduzierte Farben statt überholtem Pomp, minimalistisch und elegant. Nah am Zeitgeist. Das gefiel und brachte dem Hause Versace die lang vermisste Reputation zurück. Insider sprechen vom günstigen Einfluß eines neuen Sterns auf Donatella: Christopher Kane, Jungdesigner aus Schottland, der direkt nach dem Studium am renommierten Londoner „Saint Martins College of Art and Design“ von Donatella für die Haute-Couture-Accessoires-Kollektion verpflichtet wurde. Und mit eben diesem Jungen Mann gelang Donatella nun ein weiterer Coup, von dem Fachkreise als bester Reset-Versuch der Modewelt sprechen. Denn Christopher Kane entwarf für dieses Frühjahr die „Versus“-Kollektion Women Spring/Summer.

Versus, das war einst die rockigere Seite von Versace, ein jüngeres Label, unkompliziert, sexy, modern. 1989 gelauncht, fand das Label schnell weltweit eine große Fangemeinde, die den „Rock’n’chic“-Style liebte. Lässige Lederjacken, provokante Coolness, sehr feminin – und, was die Männer-Kollektion betraf – mit einer unerhörten Prise Machisme. Die Parfums „Versus Jeans“ wurden zum Kassenschlager, der duft „Versus by Gianni Versace“ (1990) einer der besten Männerdufte des Jahrzehnts. Versus war Kult. Wie gesagt: War. Denn dann kam die Zeit, in der das Label vom Markt verschwunden war. Seit 2004 gab es von dem Label nur eine überschaubare Palette an Accessoires. Fragt man heute junge Menschen, kennt fast keiner mehr den Namen. Versus? Wer ist das? Doch die kongeniale Zusammenarbeit von Donatella und dem jungen Kane konnte dieses Jahr das Ruder herumreißen. Versus ist wieder da, sexy wie eh und je, frech, provokant und seeehr stylish.

Passend zum erfolgreichen Relaunch der Modemarke bringt Versus nun auch wieder einen Duft auf den Markt, der an den Erfolg alter Versus-Parfums anschließen könnte. Der Name „Versus“ bleibt schlicht, der Duft ist alles andere, vielmehr aufregend und eine überspitzte Mischung aus Neo-Romantik und echter, unaufgeregter Weiblichkeit. Das klingt jetzt ziemlich abgehoben, erklärt sich aber vielleicht mit dem neuen Spot, für den Super-Super-Top-Model Lara Stone gewonnen wurde:

Ich finde, der Spot spiegelt das neue Versus-Lebensgefühl sehr gut wieder. Lust auf Party, Power und Luxus. Dazu passt der Duft perfekt, der irgendwo zwischen floral-fruchtig und holzig changiert. In der Kopfnote begegnen mir erstmal Limone und Kumquat, sehr spritzig und unbeschwert, gefolgt von Orangenblüten, Stephanotis (die ein wenig wie Geranie riecht). Der Dry-down enthüllt aber die eigentliche Raffinesse: eine meisterhafte Mischung aus sinnlichem Patchouli, tiefem Moschus und „Ambrette-Seeds“ (den Samen einer speziellen Hibiscus-Pflanze). Insgesamt finde ich den Duft in dem schicken Violett-Flakon herrlich (und das sage ich selten!), denn er entwickelt sich auf der Haut ganz besonders, überdeckt oder beherrscht nicht, sondern schmiegt sich an seine Trägerin. Während Modekritiker in allen Medien den Erfolg der Versus-Mode heraufbeschwören, kann ich nur sagen: dieser Duft wird der Fashion nicht nachstehen, er hat das Zeug zu einem Klassiker. Unbedingt einmal proberiechen.

VersusWas bleibt als Fazit zu sagen? Dass Versus und Mugler wieder da sind, und man aufmerksam ihren Kurs verfolgen sollte, denn diese beiden Labels werden tonangebend mitspielen in der ersten Liga der Mode-Welt. Und dass Parfum und Make-up der beiden Häuser ihrer Zeit voraus sind, wie es sich für Trendsetter nun mal gehört. Also verschlafen Sie nicht die Wiedergeburt, hüllen sie Ihren Körper in den violetten Duft von Versus (von dem es übrigens auch eine sehr süße Badelinie geben wird) und tauchen Sie ihren Teint in leuchtendes Blau. Zwei Farben, die dieses Frühjahr den Ton angeben werden.

In diesem Sinne: Ein schönes Wochenende und viele Grüße,

Ihr Constantin Herrmann.

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