Im ersten Teil des Interviews sprach Richard Saint-Ford über die Entstehung von IGGYWOO, seine kulturellen Wurzeln und warum er als Parfümeur keine Regeln kennt. Jetzt wird es konkret: In Teil 2 gibt er Einblicke in seine Duftkompositionen, erzählt von psychedelisch inspirierten Ideen, olfaktorischen Erinnerungen und Flakons, die wie Skulpturen gedacht sind. Außerdem verrät er, warum er an einer Rose arbeitet, die es so noch nicht gibt, und was für ihn Nelken mit Liebe zu tun haben.
Lieber Richard, wie ist die Kollektion entstanden? Hattest du eine klare Vision oder hat sich eins aus dem anderen entwickelt?
Ich habe einen bestimmten Ansatz, um jeden Duft zu konzipieren, aber die Kollektion als Ganzes ist absichtlich individualistisch. Jeder Duft beginnt mit einem Bild in meinem Kopf: die Farben, die Landschaften, die Energie, die er ausstrahlt. Sobald diese Vision klar ist, entwerfe ich den Namen, der fast genauso wichtig ist wie der Duft selbst, und wähle dann eine einzelne Ingredienz als Grundlage für die Entwicklung aus.
Obwohl jeder Duft eine unverwechselbare IGGYWOO-Signatur trägt – ein roter Faden, der sie alle miteinander verbindet – sind sie weniger starr, sondern freier und sprunghafter als bei traditionellen Marken. Das hält den Prozess unerwartet und die Kreationen lebendig.
Wie lange dauert es in etwa, bis ein Duft fertig ist?
Das ist ganz unterschiedlich. Cashmere Show Pony entstand in nur ein paar Tagen – unterstützt durch Psychedelika und einen Strand in Barbados. Flower Boy und unser neuester Duft, Pistachio Voodoo Child, brauchten dagegen beide über zwei Jahre, um perfekt zu werden.
Als Parfümeur kann man sich mit manchen Rohstoffen eine gefühlte Ewigkeit lang beschäftigen, bis es endlich Klick macht. In anderen Fällen ist eine Kreation bereits nach fünf Versuchen ein Hit.
Ich plage mich nicht mit meinen Kreationen herum. Wenn meine Nase mir sagt, dass es richtig und stimmig ist, vertraue ich ihr. Die Meinung anderer hole ich selten ein. Ich glaube an das, was ich kreiere, und mache mit dem nächsten Duft weiter.
Wie spiegeln sich die Namen in den Düften wider – oder umgekehrt?
Die Namen der IGGYWOO-Düfte sind fast so wichtig wie der Inhalt der Flakons. Sie bilden den Auftakt zum Dufterlebnis. Jeder Name ist ein Schnappschuss eines Moments, eines Gefühls oder einer Vision, die den Auslöser für die Kreation darstellt.
Cashmere Show Pony zum Beispiel entstand – wie bereits erwähnt – auf einem psychedelischen Trip auf Barbados, wo ich mir ein blondes Showpony mit Kokosnüssen in der Mähne vorstellte. Ich fragte mich: „Wie würde das wohl riechen?“ – und unser Bestseller war geboren.
Pistachio Voodoo Child hat vielschichtige Bedeutungen. Es kombiniert die seltene Voodoo Dancer Lily (Anm. d. Red.: Taglilie Hemerocallis „Vodoo Dancer“) mit Jasmin, was der Kreation eine hypnotische, fast rituelle Energie verleiht.
Night Narcotic fängt die Essenz einer hedonistischen Nacht in London und Los Angeles ein. Die Basis ist der sexy, verschwitzte Dunst von Tabak und Zitrusfrüchten. Ein berauschender Duft, der noch lange nach der Nacht anhält.
Was kannst du uns zu den Flakons sagen, insbesondere den auffälligen Deckeln?
Der Deckel ist eine architektonische Interpretation einer Blume in voller Blüte. Ein Entwurf, den ich schon Jahre vor dem Launch von IGGYWOO gemacht habe. Mir ist aufgefallen, dass viele Marken einfach Standarddeckel verwenden, die mit ihren Flaschen geliefert werden. Aber das war nie die Richtung, die ich für IGGYWOO wollte.
Wir sind besessen von Ästhetik, sowohl visuell als auch nicht-visuell, also olfaktorisch. Der Deckel ist ein wichtiges Erkennungsmerkmal unserer Marke und oft das Erste, was die Leute in einem überfüllten Ladengeschäft sehen. Es war die Investition wert, etwas wirklich Einzigartiges zu schaffen. Er ist aus mattem Harz mit einer weißen Pulverbeschichtung gefertigt. Im Inneren habe ich ein Gewicht eingearbeitet, das ihm eine angenehme, luxuriöse Haptik verleiht, wenn man ihn in der Hand hält.
Gibt es aktuell eine Zutat, die dich besonders fasziniert?
Ja, Rose. Aber nur, weil ich noch keinen Rosenduft gefunden habe, den ich persönlich tragen würde. Ich arbeite jetzt seit über drei Jahren an einem und suche nach einem Weg, ihn anders zu machen als alles, was ich bisher gerochen habe. Für diese Art von Präzision braucht man Zeit. Man muss die Grenzen ausloten und darf sich nicht zufriedengeben, bis es genau richtig ist.
Und gibt es eine Duftnote, die du als schwierig empfindest?
Definitiv! Oud ist immer heikel. Es kann überwältigend sein. Viele Leute sehen Oud als Ingredienz in einem Duft und gehen sofort zum nächsten über, ohne die Kreation ausprobiert zu haben. Deshalb habe ich in Fantasma Overglow Royal Indian Oud verwendet, es aber mit Zitrusfrüchten umhüllt, um seine Intensität zu mildern. Irgendwann werde ich mich bestimmt ganz auf das Oud einlassen, um zu sehen, wie es unter der Linse von IGGYWOO aussieht, kompromisslos, kühn und ungefiltert.
Welcher Duft deiner Kindheit ist dir besonders im Gedächtnis geblieben?
Auf jeden Fall Nelken. Meine Großmutter nutzte sie gegen meine Zahnschmerzen. Und ich hatte oft welche. Für mich steht dieser Duft bis heute für Liebe und Trost. Deshalb ist er eine wichtige Note in Love Extreme, einem Duft, der diese Wärme von extremer Liebe trägt.
Was dürfen wir in Zukunft von IGGYWOO erwarten?
Zwei neue Düfte kommen noch dieses Jahr. Einer davon gehört zu einer neuen Extrait-Kollektion. Außerdem launchen wir eine erweiterte Duftlinie für Körper- und Handpflege.
Lieber Richard, vielen Dank, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast.
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