Thibaud Crivelli von Maison Crivelli im Interview – Beauty lies in the unexpected

Wie bereits am Dienstag angekündigt (nachzulesen hier), darf ich Euch heute mein Interview mit Thibaud Crivelli hier im Duft-Tagebuch von Aus Liebe zum Duft präsentieren. Der junge Gründer des französischen Nischenduftlabels Maison Crivelli ist ein Vielreisender und Vielgereister. Einer, der stets auf der Suche zu sein scheint, nach neuen Düften, nach Inspirationen und sich dabei von der Schönheit der Welt und dem Reichtum der Natur beflügeln lässt. Doch lassen wir Thibaud selbst zu Wort kommen, der uns in diesem Interview an seinem Leben, seiner Arbeit und seiner Liebe zu Düften teilhaben lässt.

Herzlich willkommen im Duft-Tagebuch: Thibaud Crivelli! 🙂

Thibaud Crivelli von Maison Crivelli

Lieber Thibaud, Du hast Maison Crivelli im Jahre 2018 gegründet. Kannst Du uns ein bisschen zu Deinem Background erzählen? Waren Düfte schon immer ein Teil Deines Lebens?

Ich bin in Frankreich geboren und aufgewachsen. In einer Familie mit alten italienischen Wurzeln und die drei Generationen vor mir haben in verschiedenen fremden Ländern gelebt – Australien, Marokko, Libanon, Vietnam … Parfüm war schon immer ein Teil meines Lebens und schon in jungen Jahren habe ich gesagt, dass die Gründung einer Parfümmarke ein Lebensprojekt für mich sein würde. Unsere Familie ist sehr abenteuerlustig und wir haben allesamt ein hohes Maß an Neugierde. Mit 22 Jahren beschloss ich, nach Asien zu ziehen und blieb dort zehn Jahre lang. Das hat mir geholfen, ein empirisches Wissen über Parfumzutaten zu entwickeln.

Wann hast Du zum ersten Mal ein Parfum bzw. einen Duft richtig wahrgenommen? Erinnerst Du Dich daran?

Soweit ich mich erinnere – und abgesehen von den Parfüms meiner Eltern – kam mein erster Kontakt mit Parfum aus der Natur. Mehr als die Düfte war es eigentlich die gesamte sensorische Erfahrung rund um eine Parfumentdeckung, die mich immer geprägt hat. Mit der Zeit entwickelte ich die Überzeugung, dass ein Parfum viel mehr ist als ein Duft: Es ist eine Kombination aus vielen sensorischen Elementen – Geruch, Farben, Geschmack, Geräusche …

Im Laufe meines Lebens bin ich einer großen Vielfalt von Ingredienzien begegnet. Unser bunter Garten war im Frühling voller Blumen: Rosen, Geißblatt, Geranien, Artemisia, Pfingstrosen und eine riesige Glyzinie. Es gab große Bäume und viele Bienen. Ich erinnere mich auch an den Geruch von frisch gemähtem Gras, das von der Sonne erwärmt wurde. Wenn wir den Sommer an der Côte d’Azur verbrachten, kamen natürlich auch die Düfte der lokalen Aromen und Früchte mit: Lorbeer, Rosmarin, Pinien, Zitrusfrüchte … Im Herbst und Winter verbrachten wir unsere Wochenenden meist mit Spaziergängen oder Ausritten im Wald. Ich erinnere mich an Nachmittagsspaziergänge in bunten, nebligen und feuchten Wäldern mit dem Duft von Sattelleder, Unterholz oder frisch gefällten Bäumen wie Kiefer oder Eiche.

Düfte von Maison Crivelli

Du nennst Dich selbst einen „emotional botanist“, also einen emotionalen oder gefühlsbetonten Botaniker. Was genau verstehst Du darunter?

Ich bin selbst kein Parfümeur. Mein Wissen über Parfums ist nicht technisch bedingt, sondern eher sensorisch.

Ich entdecke Parfumzutaten, indem ich auf Erkundungsreise gehe, Zeit auf dem Feld verbringe, alle meine Sinne gleichzeitig anrege und neugierig auf überraschende Momente bin. Ich betrachte Parfum als eine multisensorische Erfahrung, bei der alle Sinne ineinandergreifen und sich gegenseitig beeinflussen.

Was ist für Dich das Besondere an Maison Crivelli?

Maison Crivelli ist ein französisches Haute-Parfumerie-Haus, das die überraschendsten Parfums auf dem Markt anbietet. Für jedes Parfum lasse ich mich von einem Moment inspirieren, den ich selbst erlebt habe, als ich einer Duftkomponente auf sehr überraschende Weise begegnet bin. Ich instruiere die Parfumeure, indem ich ihnen meine Geschichte erzähle, mit dem Ziel, sie durch ein Parfum zu teilen. Das Ergebnis ist, dass unsere Kreationen alle überraschend sind, auf unerwarteten Kontrasten und Empfindungen basieren, aber auch sehr modern sind.

Maison Crivelli – Hibiscus MahaJád

Dein vorletzter Duft war Hibiscus MahaJád, den ich im November mit großer Begeisterung rezensiert habe (nachzulesen hier). Kannst Du uns zu dieser Kreation ein paar Worte sagen?

Hibiscus MahaJád ist das allererste Extrait de Parfum in unserer Kollektion. Es wurde in Zusammenarbeit mit einem der besten Parfümeure der Welt – Quentin Bisch – entwickelt, der dafür bekannt ist, Parfums zu kreieren, die überraschend, leicht zu lesen und sehr stark sind.

Für dieses Parfum habe ich mich von der Verkostung von Hibiskustee auf einem Juwelenmarkt inspirieren lassen. Ziel war es, ein Extrait de Parfum zu kreieren, das sehr leuchtend, sogar extravagant und modern ist. Der Duft erhält eine unglaubliche Resonanz und die Leute loben seine Originalität, seine Haltbarkeit, aber auch seine Ausstrahlung. Alle Personen, die ihn tragen, sagen uns, dass sie viele Komplimente erhalten!

Hibiscus MahaJád ist wirklich großartig. 🙂 Zuletzt hast Du Patchouli MagnetiK lanciert. Kannst Du uns zum Hintergrund dieser Kreation auch ein bisschen was verraten?

Patchouli Magnetik wurde durch eine Motorradfahrt in einer Patchouli-Plantage inspiriert, bei der ich einen sehr starken tropischen Sturm erlebte. Patchouli wird gemeinhin als dunkle und erdige Parfumkomponente beschrieben, aber ich erlebte es in einem elektrisierenden Rahmen. Das Ziel war es, ein Parfum zwischen Erde und Himmel zu kreieren. Wir haben eine milchige und helle Kombination aus weißem Pfirsich, Gardenie und Sandelholz mit den dunklen Facetten von Patchouli kontrastiert und dann die Rundheit des Dufts mit Vanille und Benzoeharz verlängert … Das Ergebnis ist eine einzigartige Interpretation von Patchouli, vielleicht einer der überraschendsten Patchouli-Düfte der letzten Jahre.

Maison Crivelli – Hibiscus MahaJád & Patchouli MagnetiK

Wie lange dauert es in der Regel, ein Parfum zu entwickeln?

Normalerweise dauert die Entwicklung eines Parfums etwa ein Jahr, aber ich muss sagen, dass das Treffen mit Quentin Bisch unglaublich und die Zusammenarbeit mit ihm einfach war. Quentin hat meine Erwartungen sofort verstanden. Wir haben sehr schnell einen Draht zueinander gefunden und unsere Partnerschaft ist schön und fließend.

Du hast mit neben Quentin Bisch auch mit verschiedenen anderen Parfümeuren zusammengearbeitet. Wie findest Du den perfekten Parfümeur für Deine Kreationen?

Ich habe mit verschiedenen Parfümeuren zusammengearbeitet, um die Eau-de-Parfum-Kollektion zu kreieren. Ich wollte sicherstellen, dass unsere Düfte sehr unterschiedlich sind und doch die gleiche Handschrift tragen – Überraschungen, Kontraste und Modernität. Das war ein wunderbarer Ansatz, da ich dadurch viele Menschen kennengelernt habe. Für jeden Duft kann ich sagen, dass es eine starke Partnerschaft mit einem Parfümeur gibt, den ich respektiere und der mir kreative Optionen vorgeschlagen hat, die mir gefallen haben.

Bei der Extrait-de-Parfum-Kollektion ist die Herangehensweise nun ein wenig anders. Alle Extraits werden in Zusammenarbeit mit Quentin entwickelt.

Maison Crivelli – Iris Malikhân

Du hast bereits erwähnt, dass Du Dich von tatsächlichen Erlebnissen inspirieren lässt. Also hast Du eine bestimmte Duftnote, ein Thema oder Motiv im Kopf, wenn Du einen neuen Duft entwickelst …

Ja, das habe ich. Es war mir immer sehr wichtig, dass unsere Parfums von Momenten inspiriert sind, die ich selbst erlebt habe, denn ich glaube an die Kraft der Aufrichtigkeit und Authentizität. Mein Ziel mit Maison Crivelli war es auch, zu überraschen. In diesem Sinne beschloss ich, mich von Momenten inspirieren zu lassen, die ich erlebt habe, als ich auf sehr überraschende Weise auf Parfumzutaten gestoßen bin. Zum Beispiel die Entdeckung von Irisblüten am Rande einer Oase in der Wüste, von verbranntem Sandelholz auf einem aktiven Vulkan oder von Rosenfeldern am Meer.

Ich unterrichte einen berühmten Parfümeur mit einem Moodboard, das aus Fotos, Videos und Tönen besteht. Im Grunde erzähle ich meine Erlebnisse nach und wir arbeiten Hand in Hand mit dem Parfümeur, um diese Erfahrungen in einzigartige, erstaunliche und moderne Parfums zu verpacken.

Aus diesen Gründen sind die Parfumkollektionen von Maison Crivelli eng mit meinem täglichen Leben verbunden und stecken voller Neugier, Überraschungen und Sinneseindrücke.

Düfte von Maison Crivelli

Hast Du einen Lieblingsduft in Deiner Kollektion bzw. einen, auf den Du besonders stolz bist?

Mein derzeitiges Lieblingsparfum ist Hibiscus MahaJád und ich bin so glücklich, dass der Duft einen unglaublichen Erfolg hat. Die Lancierung dieser Kreation ist ein Meilenstein für die Entwicklung des Hauses Maison Crivelli. Meine anderen persönlichen Favoriten sind Iris Malikhân – eine grüne, trockene und warme Iris, die durch die Entdeckung von Schwertlilien am Rande einer Wüste inspiriert wurde –, Lys Sølaberg – eine rauchige, bernsteinfarbene Lilie, die durch die Entdeckung von Lilien an einem Fjord inspiriert wurde – oder Rose Saltifolia – ein ungewöhnliches salziges Rosenparfum, das durch einen Spaziergang zwischen Rosenfeldern am Meer inspiriert wurde.

Gibt es ein bestimmtes Motto, nach dem Du lebst?

Die Schönheit liegt im Unerwarteten. Es ist nicht wichtig, was wir tun oder wo wir leben. Wichtig ist, wie wir den Moment leben, ihn schätzen und auch nach schönen Überraschungen suchen.

Maison Crivelli – Patchouli MagnetiK

Gibt es etwas, ohne dass Du nicht sein kannst?

Ein Buch, um eine Fremdsprache zu lernen. Das ist meine Leidenschaft. Ich habe 8 Fremdsprachen studiert.

Was können wir für die Zukunft von Maison Crivelli erwarten?

Wir werden dieses Jahr neben Patchouli MagnetiK noch einen weiteres außergewöhnliches Extrait de Parfum auf den Markt bringen, das wieder in Zusammenarbeit mit Quentin Bisch kreiert wurde.

Lieber Thibaud, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für meine Fragen genommen hast.

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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