Enchanted Wilderness und Seven Days in Spring von Jean Poivre – Olfaktorisches Herumschlendern

Weiter geht es in unserem Duftreigen der Kollektion von Jean Poivre mit den Kreationen Enchanted Wilderness und Seven Days in Spring. Deren poetische Namen klingen zum einen nach bezaubernden Spaziergängen durch eine wilde und verwunschene Natur. Zum anderen könnte Seven Days in Spring durchaus auch der Titel einer romantischen Komödie oder eines Melodrams aus Hollywood sein.

Jean Poivre – Enchanted Wilderness

Wie wir in meiner letzten Rezension bereits erfahren haben (nachzulesen hier), spielt die Marke Jean Poivre bewusst mit der Nähe zu der vom perfekten Duft besessenen Romanfigur Baptiste Grenouille und erwähnt nebenbei auch Schriftsteller wie Victor Hugo und Alexandre Dumas sowie Oscar Wildes Dorian Gray. Das 19. Jahrhundert ist Spielort des Protagonisten und Namensgebers Jean Poivre, der – wie Grenouille – getrieben ist von der Suche nach dem einen und einzigartigen Parfum, der hierfür jedoch nicht über Leichen geht. Der fiktive Jean Poivre lebt dafür mit einer stetigen inneren Unruhe und andauernden Konflikt mit sich selbst.

An Tragik fehlt es Jean Poivre definitiv nicht. Er hat das Zeug zu einem echten Romanhelden mit verhängnisvollem Schicksal, der im 19. Jahrhundert perfekt verortet zu sein scheint. Auf seinen Tagebucheinträgen und Aufzeichnungen basieren die Duftkompositionen des noch jungen Dufthauses Jean Poivre. Dessen erste beiden Vertreter Walk into the Sunrise und Fairground Temptation wir am Sonntag bereits kennengelernt haben.

Enchanted Wilderness – Bezaubernde Wildnis

Bezaubernd, verzaubert oder verwunschen, das englische Wort „enchanted“ lässt uns hier ein wenig Spielraum. Doch ist die Wilnis in Jean Poivres Kreation definitiv keine raue und herausfordernde, sondern lässt sich sicherlich während eines gemütlichen Spaziergangs erkunden.Die Ingredienzien Rose, Adlerholz (Oud), Zedernholz, Kaschmirholz, Vanille, Honig, Sandelholz, Ambra und Moschus lassen nicht nur auf eine Oudrose schließen, sondern auch auf eine von Hölzern und dem nektarsüßen Duft von Blüten getragene sonnendurchflutete Duftkomposition. Sind wir gespannt, ob sich diese Prognose so bewahrheitet.

Landschaft aus der Vogelperspektive
Foto von Jean Poivre

Picknick im Nirgendwo

Die Oudrose lässt in Enchanted Wilderness nicht lange auf sich warten. Sie öffnet uns mit einem freundlichen Lächeln die Tür zum Duftverlauf. Begleitet wird die überraschend helle und durchaus lebensfrohe Rose – neben eher hell gehaltenem Adlerhoz natürlich – von einer überaus lieblichen Honigsüße, die der Kreation einen Hauch Romantik und Unbeschwertheit verleiht.

Obwohl Enchanted Wilderness per se ein Unisex-Duft ist, sehe ich vor meinem inneren Auge eine kleinere Gruppe junger Mädchen vor mir, die in weißen Kleidchen im Stile des 19. Jahrhunderts mit Sonnenschirmchen bewaffnet lachend und jauchzend umherschlendern. Warum auch immer, aber ich habe Szenen des Films „Picknick am Valentinstag“ vor Augen.

Wenn auch ohne mysteriöse Dramatik und überbordende Spannung. Eigentlich hätte ich den Duft vor dem Testen nicht im australischen Busch verortet, doch warum eigenltich nicht? Sandelholz und Ambra erwärmen Enchanted Wilderness wie die Strahlen der Sonne. Eine balsamische Holzigkeit zeigt sich, die von der nach wie vor deutlich wahrnehmbaren Honigsüße untermalt wird.

Jean Poivre – Enchanted Wilderness

Enchanted Wilderness ist keine gewöhnliche Oudrose, die von einer schweren und eher dunklen Üppigkeit getragen ist. Vielmehr zeugt die Kreation von eher hellereren Rosen-Adlerholz-Kombination, die durch eine bienenwachsartige und nektarsüße Honignote, liebliche Vanillenuancen und sonnig-warme Ambra-Sandelholz-Akzente auf wunderschöne Art und Weise verzaubert. Wer süße Blütendüfte mit Gewürzanklängen liebt, sollte diese Duftkomposition von Jean Poivre unbedingt auf seine To-try-Liste setzen.

Seven Days in Spring – Jean Poivre

Seven Days in Spring von Jean Poivre erzählt die Geschichte eines Spaziergangs im Frühling, bei dem der Duft von Früchten, Blüten und Sonne in der Luft liegt. Dies wird mit den Ingredienzien Tropische Früchte, Zitrische Noten, Jasmin, Rose, Tuberose, Ylang-Ylang, Veilchen, Sandelholz, Bourbon-Vanille, Ambra und Weißer Moschus umgesetzt.

Bonjour! Ich bin Jean Poivre. Begleite mich bei einem inspirierenden Spaziergang durch mein geheimes Duftatelier. Es ist ein wunderbarer, warmer Frühlingstag. Du bist überglücklich, dass du heute endlich wieder einmal etwas Luftiges aus dem Kleiderschrank holen kannst. Vielleicht ein schickes Kleid mit fröhlichem Blumendekor?

Natur
Foto von Jean Poivre

Olfaktorischer Frühlingsspaziergang

Mit den grünlichen Nuancen der Tuberose und fein-herben Zitrusfrüchten startet Seven Days in Spring in den Duftverlauf. Zarte Fruchtnuancen begleiten das zitrisch-florale Duo, das außerdem von sanft-pudrigen Veilchennoten untermalt wird. Jasmin steuert einen Hauch heller Cremigkeit hinzu, während die Bourbon-Vanille schließlich eine süßliche Gewürzigkeit evoziert.

Sandelholz und Ambra sorgen wieder einmal für eine balsamisch-sonnige Wärme. Seven Days in Spring ist ein leichter, ein transparenter Duft, der dennoch mit einer gewissen Präsenz und Intenistät aufwarten kann. Damit trägt er für mich nicht die typischen Früh-Frühlingsnoten in sich, sondern tendiert auch temperaturmäßig eher Richtung Frühsommer, wenn die Luft schon eine gewisse Wärme aufweist und die Sonnenstrahlen schon richtig Kraft haben. Erste Früchte zeigen sich an den Sträuchern und Bäumen und die Blumen stehen in voller Blüte.

Die Duftkomposition von Jean Poivre besitzt keine überbordende Haltbarkeit, wenngleich die warmen und würzigen Basisnoten auch nach mehreren Stunden noch in Hautnähe erschnupperbar sind.

Jean Poivre – Seven Days in Spring

Seven Days in Spring von Jean Poivre ist ein fruchtig-floraler Allrounder mit feinen und ambrierten Holznoten, der feminine Anklänge in sich trägt. Ein Duft, der sich in Büro und Alltag absolut wohlfühlt und ein absolut sanfter und subtiler Begleiter ist. 🙂

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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