CRA-YON – neue Marke, alte Bekannte …

… oder so ähnlich: hinter dem brandneuen Dufttrio verbergen sich niemand Geringeres als Christine und Niclas Lydeen aus Schweden, die geneigte Duftliebhabern bereits von Agonist kennen.

Olfaktorisches Empowerment – CRA-YON

„Eau de Parfum for real world moments“ ist der Slogan von CRA-YON – wie sie das verstehen, führen sie selbstredend auch noch aus:

„We’re here to make fragrance relevant and fun. A good scent has an amazing ability to empower you at any given time and situation. We are creating the perfect scent wardrobe that matches your social calendar. The perfect confidence builders for work, play and love. Meet the first of the everyday essentials in the growing CRA-YON scent wardrobe.“

Empowerment ist ja ein Wörtchen der Stunde oder besser: der Nullerjahre. Dennoch, trotz jeglichem Augenzwinkern – ich sehe Düfte genauso, und Ihr? In meiner letzten Kolumne direkt auf unserer Shop-Website hatte ich schmunzelnd über eine Kategorisierung des Duftverwenders geschrieben, wie man ihn noch vor dreißig Jahren sah – ich zitiere, und zwar nach dem H&R Duftatlas, dem ersten: Es ist dort die Rede von einer Einteilung Erwachsener in verschiedene Anwendertypen von Parfums, und zwar “aufgrund ihrer unterschiedlich verlaufenden Duft- und Parfumlernerfahrungen”, die im Folgenden einem Vier-Stufen-Modell zugeordnet werden, wobei “jede dieser Stufen […] sich durch charakteristische Einstellungen zum Duft- und Parfümbereich [ergibt]”.

Als Stufe 1 werden “die Seifenverwender” kategorisiert, jene, die “keinen besonderen Bezug zum Duft- und Parfümbereich” besitzen und für die “der Duftbereich fast ausschließlich im Zusammenhang mit Essen und Trinken eine Rolle” spielt. “Alle anderen Duftbereiche sind [für ihn] zweitrangig”, er verwendet für die “persönliche Hygiene” Seife und parfümiert sich nie.

Stufe 2 bezeichnet “die Duftgeschenkverwender”, die Parfums “nicht aus eigenem Bedürfnis” verwenden, sondern weil dies vom Umfeld, beispielsweise dem Partner “gewünscht” wird. Jener Anwender greift deshalb in der Regel auch nicht selbst (tief) in die Tasche, um sich mit Düften zu versorgen, sondern er ist in der (glücklichen?) Position, “entsprechende Produkte meist geschenkt oder gekauft” zu bekommen, die ihm “subjektiv das Gefühl [geben], der Umgebung nicht unangenehm aufzufallen. Trotzdem parfümiert er sich meistens nur zu bestimmten Anlässen, weil es andere auch tun oder es so üblich ist.”

“Der Markenparfümverwender” nimmt Stufe 3 ein: verbunden mit einem “gehobenen Hygienestandard”, der nach “Markenartikeln des Duft- und Parfümbereichs verlangt”, sind für diesen “Parfüms Signale der Individualität für sich und andere”, das Tragen derselben “heißt für diese Menschen, sich mehr Luxus leisten zu können als andere”, wobei diese auch Signale im Hinblick auf die Partnerwahl und -präferenz aussenden sollen, sprich: “Interesse an ihrer Person wecken”: “Man parfümiert sich, um sich gegenüber anderen abzugrenzen und zu demonstrieren, wer man ist, für wen man gehalten werden möchte und was man sich leisten kann.”

Schlussendlich folgen auf Stufe 4 “die Parfümästheten”: Für diese sind “Duftkreationen Medien zur Selbstaktualisierung und Selbstverwirklichung. Sie suchen die Parfüms aus, welche durch ihre Ausstrahlung ihrer Persönlichkeit in ihrem gegenwärtigen Erleben und in ihren momentanen Gefühls- und Stimmungszuständen entsprechen. Parfümieren heißt auf dieser höchsten Stufe des Dufterlebens, sein augenblickliches Duft – und Parfümbedürfnis zu befriedigen.”

Ganz abgesehen davon, dass ich eine klare Kaufempfehlung ausspreche, solltet Ihr antiquarisch noch an einen oder mehrere Bände der H & R-Reihe kommen (Haarmann & Reimer war ein Aromastoffhersteller, der heute zu Symrise gehört) – was hat das alles mit CRA-YON zu tun?

Ganz einfach – Empowerment. Ich zähle mich definitiv schon immer zu den Verwendern der Stufe vier, wenn das überhaupt reicht. Düfte sind für mich Inseln im Alltag, spenden Momente der Glückseligkeit, evozieren Reminiszenzen perfekter Augenblicke. Und vor allem vermögen sie es, Stimmungen zu verstärken oder zu unterdrücken. Will sagen, ich nutze Düfte häufig ganz bewusst, um mich in die eine oder andere Richtung zu pushen, was meine emotionale Befindlichkeit angeht.

Aromatherapie für Fortgeschrittene oder so ähnlich, des Weiteren in hohem Maße individuell, logisch. Denn verschiedene Düfte, die mich glücklich machen, lässt ganz bestimmt einige andere schreiend davonrennen und schleunigst das Weite suchen – ohne jetzt näher ins Detail gehen zu wollen 😉

CRA-YONs Ansatz, eine perfekte Duftgarderobe für jeden Anlass, aber auch für jede Stimmung zu bieten, eine, die uns Selbstvertrauen schenkt beziehungsweise dieses stärkt, uns quasi eine Art Alltagshilfe bietet, unser Naturell unterstreicht, finde ich vollkommen überzeugend. Weil ich Düfte schon lange so empfinde und trage: als Ausdruck meiner Persönlichkeit, als Statement und gleichermaßen als olfaktorische Trutzburg. Ein hilfreicher und darüber hinaus im eigentlichen Wortsinne lustvoller Schwimmring für die Wellen des Lebens.

Dann sind CRA-YON mit einem weiteren, äußerst sympathischen Motto angetreten:

„We’re here to democratize quality perfumery.“

Mit Agonist bewegt sich das Team hinter CRA-YON nach eigener Aussage schon über ein Dutzend Jahre in der Welt der Nischendüfte, haben Preise gewonnen. Und tummelten sich auch preislich im Luxussegment, was in Anbetracht der sehr außergewöhnlichen Flakons aus der heimichischen Glasschmiede Kosta Boda ehrlicherweise aber auch überaus berechtigt war und ist.

Bei CRA-YON liegt der Fokus ganz klar auf dem „Juice“, den Düften und deren Ingredienzen. Ausgefallene Flakons und vor allem auch Deckel sind immer ein Kostenfaktor, weswegen darauf verzichtet wurde zugunsten eines zugegebenermaßen ziemlich beeindruckenden Preises. Und dennoch – das Verpackungsdesign ist stylish, oder nicht?

Vanilla CEO ist, wie im Titel bereits erwähnt, der erste Duft von CRA-YON, den wir uns gemeinsam ansehen werden. Morgen folgen seine beiden duftenden Mitstreiter Sand Service und Passport Amour.

Der Boss Move der königlichen Schote – Vanilla CEO

„Did you get the memo? There’s a new boss! The all new power fragrance to put you in charge: this is the fragrance staple for building your empire.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Alpenveilchen, Orangenblüte, Bergamotte, Mandarine
Herznote: Vanille
Basisnote: Ambra, Hölzer

… wenn das mal kein Versprechen ist! Ich werde mich umgehend bei CRA-YON melden, wenn es nichts mit der Highend-Karriere à la Bezos oder wenigstens Zuckerberg wird, das weiß ich jetzt schon! 😉

Vanilla CEO mangelt es nicht an Selbstvertrauen, das merkt man gleich – ein „All New Power“-Duft will er sein, der einen umgehend ins rechte Licht rückt und am besten gleich noch ans Steuer. Stil, Anmut und Durchsetzungskraft soll er einem zu verleihen vermögen – dem bleibt ja fast nichts mehr hinzuzufügen. Ran an den Speck, ruff auf die Haut – auf dass sich mein Kontostand alsbald um ein paar richtige Ziffern an den richtigen Stellen bewegt!

https://www.pexels.com/photo/photo-of-woman-wearing-sun-hat-2906664/

In der Tat entpuppt sich Vanilla CEO als eine Art eierlegende Wollmilchsau der Vanilledüfte – er hat von allem etwas, zeigt jedwede Facette der schönen Schote, für die das Gewürz in Düften seit jeher geliebt wird. Milchig und cremig, sinnlich und sexy wallt er über meine Haut, bezirzt mit der verlockenden Süße, für die Parfumistas rund um den Globus die Vanille so schätzen. Von sanfter Würzigkeit ist er und strahlt Wärme aus, driftet allerdings in keinerlei Richtung ab, die seiner Alltagstauglichkeit, seiner universellen Abstriche bescheren würde. Er ist süß, aber niemals zu süß, würzig, aber nicht zu opulent oder gar schwer, dicht, aber nicht pappig oder klebrig, was alleine schon durch die Anwesenheit der fröhlich-frisch-fruchtigen Hesperidengesellen verhindert oder besser ziemlich genial ausbalanciert wird. Gourmandig ist Vanilla CEO, aber dabei keine Backvanille oder gar ein duftender Keksverschnitt. Und er ist absolut alterslos, er kann vom Teenager bis hin zur Urgroßmutter von jeder Frau getragen werden. An Männern sehe ich ihn ehrlicherweise allerdings weniger.

Wer beispielsweise die Vanille von Guerlain mag oder die von Reminiscence, darüber hinaus die Gourmand-Düfte von Chabaud, der dürfte mit Vanilla CEO nicht fehlgehen! Ein Guter-Laune-Duft, der Spaß macht – selbst mir, obschon ich nicht der ausgeprägte Vanillefan bin, eigentlich 😉

Ich bin schon gespannt auf die morgigen Kandidaten – Ihr auch?

Herzlichst

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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