… ist heute Testobjekt meiner Wahl und somit der vierte von insgesamt fünf Düften des Hauses. Bisher habe ich mir von der Marke hier im Blog für Euch angeschaut: Salle Privée selbst samt ihrem Duft Super 8 – klick, Monochrome – klick – und Le Temps Perdu – klick.
Ein windeseiliger Bursche – Kham-Sin
„Expressive of warmth and adventure. A reference to a dry, hot sand storm that blows in the Egyptian desert for fifty days a year, as well as the name of a famous vintage model of Maserati, designed by Marcello Gandini at Bertone.
A warm colourful composition, radiating happiness and freedom. The opening of mandarin, peppermint and petit grain blends in with the central theme of amber. Amber is skillfully blended with thyme, violet, patchouli and labdanum. Tonka bean and chocolate add a hint of sweetness. Kham-Sin is an expressive and optimistic Eau de Parfum.“
Kham-Sin bezieht sich auf einen Wind und auf ein Auto – nicht auf irgendeinen Wind oder irgendein Auto, ganz klar … Mir sagte das Lüftchen nichts, nach einer kurzen Recherche habe ich mich selbst eines Besseren belehrt: der Chamsin ist ein Wüstenwind, ein Scirocco. Letzteren kennen wir, er hat bereits einige Düfte inspiriert – und ist witzigerweise auch der Name eines Automodells, das für die meisten von uns, mich inkludiert, leistbarer ist als besagter, oben angesprochener Maserati 😉 Er weht im übrigen, wenn er auftritt, nicht nur in und durch Ägypten, sondern ebenfalls in Libyen, Israel samt angrenzender palästinensischer Autonomiegebiete, Libanon sowie Zypern, und zwar laut Wiki im Frühjahr, meist im April oder auch Anfang Mai, seltener im März. Ein Wüstenwind ist – trocken, klar. Und heiß. Wiki weiß, wie so oft, noch ein bisschen mehr über den Wind: Früher, im Alten Ägypten, war er wohl als die Südwinde, Resetyu, bekannt, zeigte sich meist über eine Zeitdauer von etwa drei Tagen und war nicht gerne gesehen, weil er für überaus unangenehmes Klima sorgte. Das tut er auch heute noch, bringt oft, klar – Wüstenwind, Sand mit sich, was zu eingeschränkter Sicht führt, zu Verschmutzungen, darüber hinaus bringt er extreme Hitze, weshalb die Menschen den meist danach auftretenden Regen kaum erwarten können. Zitiert wird Ephraim Kishon, israelischer Autor und Satiriker, der das Erleben des Chamsins folgendermaßen beschreibt:
„Außerdem gibt es bei uns einen trockenen, brennheißen Wüstenwind, eine Art von Superschirokko, der auf Erden nur ein einziges Gegenstück hat: das Innere der sinnreich konstruierten Testapparate, in denen die Besatzung amerikanischer Panzerwagen auf ihre Widerstandskraft gegen Feuereinwirkung geprüft wird. Dieser Wind heißt „Chamsin“ nach dem arabischen Wort für 50, weil er angeblich 50 Tage im Jahr bläst. (In Wahrheit bläst er mindestens 100 Tage, aber die Araber waren immer schon groß im Feilschen.) Wenn der Chamsin bläst, bekommt man keine Luft, kann sich kaum auf den Beinen halten und fühlt das Verdorren der Nervenstränge beinahe plastisch.“ (aus: Chamsin und Silberrausch in Drehen Sie sich um, Frau Lot!)
Eine sehr viel angenehmere Erfahrung bietet sicherlich der gleichnamige Maserati, sowohl hinsichtlich seiner Optik als auch seiner Fahreigenschaften. Munsters, der Mann hinter Salle Privée, beweist hier einmal mehr Geschmack, denn Khamsin gilt heutzutage als absoluter Klassiker. Die Würdigung kommt spät, die Verkaufszahlen damals blieben hinter den Erwartungen zurück. Tipo AM120 hieß er werksintern, folgte auf den ebenfalls legendären Ghibli (für viele einer der schönsten Sportwagen überhaupt …) und wurde von 1973 bis 1982 produziert, interessanterweise als zeitweilig einziges Frontmotorcoupé von Maserati und als letztes Modell, bei dem die Firma Technik von Citroën einbaute.
Hier musste ich kurz recherchieren, spielt zwar für den Duft keine Rolle, nichtsdestoweniger war ich neugierig … Maserati wurde 1914 als Familienunternehmen gegründet, 1968 übernahm Citroën mehr als die Hälfte des Autobauers, geriet aber selbst später in Schwierigkeiten und wurde von Peugeot geschluckit. Maserati war 1975 zahlungsunfähig, weil die Modelle, siehe auch der Khamsin, sich nicht so gut verkauften wie geplant. Der italienische Unternehmer De Tomaso, selbst Sportwagenbauer, stieg ein, es ging weiterhin auf und ab (unter anderem gab es eine Chrysler-Kooperation, nicht erfolgreich), 1989 übertrug De Tomaso 49 % der Maserati-Anteile an Fiat, die Kredite in Aussicht stellten – unter anderem um eine Übernahme durch Mazda abzuwenden. 1993 erwarb Fiat die restlichen Anteile, unterstellte 1997 Maserati Ferrari (dem ewigen Konkurrenten) – 2005 löste man die Marke wieder heraus, seitdem stehen Maserati und Ferrari als eigenständige Aktiengesellschaften unter dem Dach der Fiat Holding da, arbeiten aber nach wie vor zusammen. Ich wusste das nicht, Ihr?

Maserati Khamsin 1975 (AM120160, front) – By Maskham [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons
Kham-Sin der Duft ist mein bisheriger Liebling der Kollektion von Salle Privée. Warum? Ich kann es nicht wirklich fassen, was für eine Art Duft er ist, weil er einen bemerkenswerten Spagat hinlegt. Einerseits haben wir es hier mit einem Harzduft zu tun, allen und allem voran einem Ambraduft, der aber andererseits weder ein opulenter Orientale ist noch extrem viel Hitze an den Tag legt, wie man bei seinem windigen Namensvetter vermuten möchte, ganz im Gegenteil. Ein leichter Ambraduft – selten. Der von L’Artisan Parfumeur dürfte einer der ersten gewesen sein, ansonsten gibt es noch ein paar weitere Vertreter, viele sind es nicht. Dabei passt es doch so gut, wie Kham-Sin zeigt, wenn man es richtig macht. Ein Quentchen Minze, frisch und gleichermaßen süß, ein Hauch saftige Mandarinen im köstlichen Kontrast zu der balsamischen Wärme von Ambra, die verlockend gourmandig wirkt dank Tonkabohne, der würzigen Schwester der Vanille, wie ich immer zu sagen pflege, sowie Kakao- und Schokoladennoten (von denen erstere in ihrer pudrigen Form sicherlich auf Patschuli zurückgehen). Perfekt kontrastiert wird dieses duftende Vergnügen von feinen Kräuteraromen.
Ich fühle mich hier an diverse Düfte erinnert, die aber allesamt nur in einzelnen Facetten Ähnlichkeiten aufweisen – vor allem denke ich an Serge Lutens‘ wundervollen Borneo 1834, den Kampfer-Kakao-Patschuli (Kham-Sins Minz-Kakao-Kombi) und Keiko Mecheris Lunea (der ein sehr ungewöhnlicher Wüstenduft ist – genauso wie Kham-Sin), darüber hinaus an die Stilrichtung einiger früherer Odin-Düfte. Wie seine Vorgänger ist Kham-Sin ein Unisex-Duft, ich sehe hier keine Geschlechtstendenz.
Morgen geht die Rezensionsreihe zu Salle Privée zu Ende – bis dahin einen schönen Freitag meine Lieben und viele Grüße
Eure Ulrike
P.S.: Ambra-Fans da draußen? Kommt, da müssen welche sein! Welche Ambra-Schätzchen habt Ihr in Eurem Besitz?
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