Strahlend weiß – Heeleys Blanc Poudre …

… ist heute unser Thema: er kam schon vor einigen Wochen zu uns und harrt seitdem einer Rezension, was mir im Falle der Marke eine besondere Freude sein wird, so hoffe ich. Denn die Erwartungsmesslatte liegt erfahrungsgemäß recht hoch, ich schätze die Düfte des gebürtigen Engländers sehr. Für diejenigen, denen seine Kollektion noch neu ist, gibt es vorab selbstredend noch einen kleinen Abriss zu seinem Wirken und seinen Werken – etliche seiner Düfte haben schon Erwähnung hier im Blog gefunden, wer stöbern mag, schaut einfach oben im Topmenü unter Verzeichnisse, Duftverzeichnis nach den entsprechenden Artikeln. Meine Lieblinge von Heeley, wenn wir es gerade schon davon haben – immer noch und immer wieder Iris de Nuit, Menthe Fraîche und Sel Marin. Für die, die Heeley kennen und schätzen – welches sind Eure?

Der Philosoph und die Düfte – James Heeley

Zugegeben,er ist nicht der einzige Philosoph, der sich den Düften zuwandte, Lorenzo Villoresi beispielsweise ist auch studierter ebensolcher. Doch da ich mich hier ebenfalls einreihen kann, freue ich mich immer, wenn mir ein „Artverwandter“ unter die tippenden Hände fällt, insofern 😉 James Heeley ist Engländer, wurde in Yorkshire geboren, lebt aber mittlerweile in seiner Wahlheimat Paris. Dort kreiert Heeley nicht nur passenderweise Düfte, sondern arbeitet auch als Verpackungs- und Produktdesigner, im Graphikdesign sowie an Einrichtungskonzepten und -gegenständen. Studiert hat er Philosophie und Ästhetik, und zwar am renommierten King’s College in London. Wer den eher zurückhaltenden James Heeley einmal getroffen hat (so wie ich, auf der Messe) oder einfach nur ein paar Interviews mit ihm liest, sich ihn auf Bildern ansieht, der wird schnell feststellen, dass Harmens charmante Linien- und somit auch Personenbeschreibung zu Marke und Mann bei uns im Shop überaus zutreffend ist:

„Die Bandbreite von James Heeleys Wirken und Werken ist groß, seine Achtsamkeit gilt immer dem Detail: Simplizität und Eleganz sind das Resultat seiner Arbeiten, in denen er Form und Funktion(alität) unter besonderer Beachtung der zu verwendenden Materialien verbindet. Dies gilt natürlich auch für seine Düfte. Geschaffen im Herzen Frankfreichs charakterisieren sie allesamt James Heeleys besondere Auffassung von Luxus: Die Verbundenheit mit Leben und Intelligenz, Expression findend in klaren Formen – und Düften. Es erwartet Sie hier eine puristische Kollektion, die von Frauen und Männern gleichermaßen für Ihre Ausdrucksstärke geliebt wird.“

James Heeley – geklaut auf seiner Homepage

Heeley hat an seinem Wirkungsort Paris auch ein Ladengeschäft bzw. einen Ausstellungsraum – und zwar in der Passage du Désir 84. Ein ganz großartiger Name, die Bilder, die man auf Google findet, sind ebenfalls vielversprechend – viele alte Bilder eines etwas heruntergekommenen Hauses mit Geschäftsräumen, die Heeley wohl hernach übernommen hat. Désir heißt im übrigen Verlangen, für mich liest sich das im Zusammenhang mit einer Stadt wie Paris nach Lebensträumen, der Gier nach Leben, nach Sehnsüchten und dem Verlangen nach Intensität, nach Auskosten und vielleicht auch nach dem Zerplatzen einiger dieser Hoffnungen … Ob sich Heeley diese Adresse wohl absichtlich ausgesucht hat? Wenn nicht, dann gefällt ihm der Name sicher ebenso gut wie mir – und der Laden sieht toll aus, ist schon vorgemerkt für den Fall, dass es mich doch endlich mal in die Franzosenhauptstadt verschlägt.

Façade, 33 Passage du Désir. Photo: Dominik Schulthess – geklaut auf Heeleys Homepage
Intérieur, 33 Passage du Désir. Photo: Dominik Schulthess – geklaut auf Heeleys Homepage

Bevor ich aber nach Paris komme, widme ich mich erst einmal Heeleys neuestem Werk – Vorhang auf für Blanc Poudre!

Weißes Gold, weißer Puder – Heeleys Blanc Poudre

„A powder white sensation – Originally inspired by French porcelain, this scent creates the feel and sensation of pure, white powder. A light floral and luminescent breeze passes over a cloud of fine, powdery whiteness. It’s apparent air of naked innocence, nuanced by an underlying warm, sensuality.

♂  A New Romantic
♀  Venus forever“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Florale Noten
Herznote: Baumwollblüte, Reispuder
Basisnote: Weißer Moschus, Vanille, Sandelholz

Porzellan stand also Vorbild, französisches, für Heeleys neues Werk – und dabei herausgekommen ist nach eigenem Bekunden ein Duft, der das Gefühl von reinem, weißem Puder heraufbeschwört. Von „nackter Unschuld“ ist die Rede und von einer zugrundeliegenden warmen Sinnlichkeit …

Ok, Porzellan – vielleicht näheren wir uns erst einmal dem „weißen Gold“ an. Ich bin in der Tat ein alter Keramiksammler – wer hätte es gedacht? Mich treiben leider viel zu viele Sammelleidenschaften um – das ist eine davon. Keramik der Fünfziger- bis Siebzigerjahre, vornehmlich deutsche – eine ganz andere Baustelle als Porzellan, zumal mich, wie die meisten der ohnehin übersichtlichen Sammler von derlei Keramik vor allem die Glasurtechniken, die unterschiedlichen, faszinieren, die allesamt knallbunt und ziemlich auffällig sind. Im übrigen hatten damals die Deutschen ganz klar die Nase vorn – nirgendwo sonst gab es so viele Keramikmanufakturen wie hier. Leider haben mittlerweile diverse davon geschlossen.

Kommen wir zurück zum Porzellan. Das unterscheidet sich von dem, was wir als Keramik bezeichnen (streng genommen ist Porzellan auch eine Art Keramik) nicht durch die Brenntemperatur, sondern durch das sogenannte Sinterverhalten. Porzellan besteht aus Kaolin, Quarz und Feldspat, der Anteil von letzterem schmilzt während des Brennens, kristallisiert aber später nicht wieder aus, weswegen Porzellan ähnlich wie Glas im Gegensatz zu beispielsweise Steingut keine Sintergefüge ausbildet, was zu einer gewissen Transparenz bzw. Transluzenz führen kann, ergo einer Lichtdurchlässigkeit bei dünneren, dünnwandigen Stücken. Hier hat Wiki einmal mehr geholfen, so auch zum Namen von Porzellan – ich wusste dessen Herkunft nicht und musste doch etwas schmunzeln:

„Die Bezeichnung „Porzellan“ geht zurück auf den italienischen Namen für die Kaurischnecken (Cypraeidae), auch Porzellanschnecken genannt. Durch den Reisebericht Il Milione des Marco Polo erfuhren die Europäer wohl erstmals von chinesischem Porzellan, denn er beschreibt Gegenstände aus einem weißen edlen Material, das die Chinesen als Tafelgeschirr nutzten. Darüber hinaus macht er einige Angaben zu seiner Herstellung und soll auch das erste chinesische Porzellan nach Europa mitgebracht haben. Im Italien des 15. Jahrhunderts glaubte man, es sei hergestellt aus den zerstampften gelblichweißen Gehäusen der Kaurischnecken, die im Italienischen als porcellana bezeichnet wurden. Dies geht zurück auf porcellino, eigentlich „Schweinchen“ (porcellus), Diminutiv zu porco „Schwein“, für das äußere Geschlechtsorgan der Frau, da die Form des Schneckengehäuses daran erinnert, so wie auch vergleichsweise bei Venusmuscheln (concha Veneris).“

https://pixabay.com/de/photos/kaurischnecke-cypraeidae-74412/

Den Bogen vom Porzellan zur Sinnlichkeit, wie er in Heeleys Duftbeschreibung vorkommt, hätten wir nun also spätestens jetzt gespannt 😉

Erfunden haben das Porzellan wohl die Chinesen, man nimmt an in der Han-Dynastie (200 Jahre vor bis ca. 200 Jahre nach Christus). In Europa fertigten die Deutschen das erste Hartporzellan – und zwar erst Anfang des 18. Jahrhunderts in Dresden. Einer der beiden Männer zeigte sich später als Gründer der Meißener Porzellanfabrik 1710, die bis heute weltweit für (deutsches) Porzellan bekannt ist und die älteste Porzellanmanufaktur Europas. Auch ansonsten sind die Deutschen recht groß, was Porzellan angeht – viele Porzellanmuseen gibt es hier bei uns, nicht wenige davon angegliedert an dafür berühmte Firmen (Meißen, Berlin/KPM, Selb). Und was ist mit Frankreich, mit französischem Porzellan? Hier scheint Limoges sehr bekannt zu sein, dort scheint es viele Manufakturen gegeben zu haben und bis heute zu geben – vielleicht hat Heeley an dieses Porzellan gedacht …

Könnte ich mir zumindest vorstellen, denn Blanc Poudre schafft den Spagat zwischen schnörkelig (das französische Porzellan), französisch (nicht nur das Porzellan, sondern auch die Frauen, an die ich denke, wenn ich mir Blanc Poudre so „ansehe“) und dem für Heeley typischen modernen Minimalismus. Mein Handgelenk, auf dem das Parfum sich befindet, duftet gleichermaßen nach Puderzucker als auch nach Körperpuder, auf eine Art und Weise sacht bestäubt, über und über.

https://pixabay.com/de/photos/m%C3%A4dchen-nacht-junge-frau-pulver-3005710/

Einhüllend und beschützend, neckend, lockend und verlockend wirkt das gleichermaßen, pudrig-cremig-sauber sowie luzide, strahlend hell. Gewisse Gourmandanklänge sind definitiv vorhanden – Kunststück, der Duft ist süß, pudrig-süß, mit leisen Anklängen eines luftig-lockeren, zart-mandeligen und vor allem sacht-würzigen Vanillegebäcks. An Männern sehe ich ihn ehrlicherweise nicht, auch nicht an einem neumodischen Typ eines Romantikers, den Heeley beschwört, einem Hipster oder kontemporären Dandy. Der Damenwelt allerdings dürfte Blanc Poudre sehr gut gefallen, zumindest einem Teil davon – demjenigen, der pudrige Vanilledüfte mag oder Düfte wie beispielsweise Byredos Seven Veils, Keiko Mecheris Loukhoum, Lutens Rahät Loukoum.

Ein entspanntes und kuscheliges Wochenende wünscht Euch

Eure Ulrike, umgeben von einer Blanc Poudre-Wolke 😉

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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