Von großen Gefühlen, Sehnsucht und Heilung – die Kollektion von Mark Buxton Teil III

Letzte Woche hatte ich mir bereits für Euch die erste Hälfte der Kollektion von Mark Buxton unter die Nase geklemmt, nachdem diese erfreulicherweise wieder bei uns im Shop gelandet ist. Vier Düfte sind noch übrig geblieben, die wir uns diese Woche noch zusammen ansehen. Heute beginnen wir mit Spiritual Healing.

Sehnsucht, Sex und Sinnlichkeit – Spiritual Healing

 

An addictive Fusion between man and woman – A pure balance of a sexual exchange. A facetted fragrance around osmanthus absolute. Davana and blackcurrant buds enhance the feminine thrill. While elder berry absolute and cistus exalt the masculine sensuality.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Davana, Schwarze Johannisbeere
Herznote: Holunder, Osmanthus
Basisnote: Labdanum, Castoreum

Spiritual Healing entstand bereits 2012, hörte damals aber noch auf einen anderen Namen, vielleicht erinnert sich der eine oder andere von Euch – Sexual Healing. Ich könnte jetzt unken, dass die Zeit auch an Monsieur Buxton nicht spurlos vorbeischleicht und irgendwann eben aus Sexual Healing Spiritual Healing wird … der Kontext ist derselbe, vielleicht ist Sexualität und/oder deren Bedeutung, Intention, Stellenwert aber, je älter man wird, auch nicht mehr das Gleiche wie mit 15 oder 25 😉

https://www.pexels.com/photo/man-and-woman-nude-lying-together-1157936/

Buxton hat sich mit Sexual Healing/Spiritual Healing eine sexuelle Begegnung als Thema herausgesucht – und zwar auf eine mehr oder weniger relativ explizite Weise, wie sie es selten in der Duftwelt zu lesen ist. Krame ich in meinem Oberstübchen, fallen mir nicht viele Düfte ein … Petite Mort, der kleine Tod (was für den weiblichen Orgasmus steht) von Bertrand Duchaufour für Marc Atlan. Limitiert und sehr teuer war er. Sex Goddess von 4160 Tuesdays kommt mir noch in den Sinn genauso wie Illicit Sex aus der Six Scents-Serie (erste Serie, Duft No. 5 von Jeremy Scott & Philippe Roques) sowie Francesca Bianchis Sex and the Sea. Sex im Namen gibt es schon häufiger, wenn man mal diverse Suchen bemüht, findet man erwartungsgemäß platte Namen wie „Best Sexy Man“ (würde mich nie zum Test verleiten), diverse Düfte von Betty Boo mit solch klangvollen Namensversprechen wie „Sexy“, „Sexy Appeal“, „Very Sexy“ sowie weitere Düfte namens „Desirable Sexy Night“, „Dirty Sex“, „My Sexy Love“ oder den eher witzigen „Sex on the Peach“. Und nein – bevor die Frage kommt: Ich habe Euch jetzt nicht die ersten Artikelnamen aus einem Erotikzubehörversandhandel abgeschrieben 😉

https://www.pexels.com/photo/1738505/

An dieser Stelle werde ich mir bewusst, dass ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht habe, wie ich „Sex“ in einem Duft umsetzen würde oder andeuten. NACH dem Sex – kein Thema, das kann man auf eine Art „körperlich“ andeuten, vielleicht mit Kumin (der gerne mal schweißelt, siehe auch diesen Fragrantica-Artikel hier; für mich sehr sexy in The Different Companys Rose Poivrée, der allerdings mittlerweile meines Wissens nach reformuliert wurde) oder mit Oud (das gerne auch mal animalisch und/oder fäkal duftet) oder poetisch-philosophisch wie bei Humiecki & Graefs Geste. VOR dem Sex? Nu ja, das könnte dann solch ein Gewitterduft sein, ein flirrender, wie ihn Mark Buxton auch schon für Calé Fragranze d’Autore entworfen hat – Roboris.

Kommen wir zurück zu Buxtons Sexual/Spiritual Healing: Osmanthus als Auserwählte ist meiner bescheidenen Meinung nach auf den ersten Blick eine exzellente Option, duften dessen Blüten doch pfirsichhaft, oftmals garniert mit ledrigen Facetten, was oftmals Attribute wie „erotisch“, „sexy“, „kokett“ oder „kinky“ verdient. Davana sowie Harze in der Basis als Begleitung … könnte funktionieren. Bevor ich noch lange darüber sinniere, darf der Duft selbstredend auf die Haut …

Am Anfang waren … chyprierte Anklänge? Nein, meine Nase spielt verrückt, wie ich umgehend bemerke, es ist eine vollmundige Cassisnote, fruchtig, auf eine Art an Fruchtgummi erinnernd weil nicht über die Maßen säuerlich. Fruchtig bleibt es auch im weiteren Verlauf, ich nehme einigermaßen deutlich Holunder wahr, darüber hinaus subtile Anklänge von Beeren, Waldbeeren … Hier spielt vor allem auch Davana mit hinein, der fahlblättrige Beifuß oder auch Artemisia pallens, die gerne eine intensiv fruchtige, oftmals ausladende Note besitzt. Im weiteren Verlauf zeigt sich Spiritual Healing auf meiner Haut bittersüß, besser herbsüß, er entwickelt herbere, säuerlichere Frucht-, Beerennoten, ohne es jedoch an fruchtiger Süße mangeln zu lassen, die, das sei bemerkt, niemals künstlich oder pappsüß-teeniehaft daherkommt. Auf meiner Haut zeigen sich darüber hinaus Ledernoten, genauer: Wildledernoten, die fein-samten untermalen und von einer gewissen Würze geprägt sind – die Harze, die allerdings auf dem Teststreifen etwas dominanter wirken, wenngleich deshalb dennoch nicht vordergründig oder prägnant.

Blümchensex? Ich weiß nicht. Erwachsener Sex, das auf jeden Fall. Leidenschaftlich – ja. Sehnsüchtig – ja. Temperamentvoll – ich meine. Dreckig? Nö. Das ist, wie ich finde, auch ganz gut so, Spiritual Healing ist deshalb ein überaus tragbarer Duft, der sich, man ahnt es schon, eher an die Damenwelt richtet.

Brandmale der Liebe – Emotional Drop

Feeling like an acrobat … My heart scalded in love … she left in a whisper … Feeling like an acrobat, perched over the emptyness, one foot steading on the tightrope of life … Vetyver, subtle and agile, comes to the rescue with its comforting sensuality … Balancing between the elegant beauty of flowers – Iris and Rose – and an explosive mix of gooseberry and violet leaves.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Neroli, Veilchen, Stachelbeere
Herznote: Iris, Rose, Johannisbeerblüte (cassis flower)
Basisnote: Vetiver, Sandelholz, Balsamtanne

An der Liebe das Herz „verbrüht“ – das kennen wir ganz bestimmt (fast) alle, diese Sorte von Brandmalen. Wie ein Akrobat, ein Seiltänzer, ein Fuß im Nichts, der gähnenden Leere, irgendwo im Zwischen von Leben und Leiden. Dass Monsieur Buxton für Emotional Drop, der früher Emotional Rescue hieß, Vetiver als Heilmittel, als Lebensretter verwendet kann ich sehr gut nachvollziehen. Dessen Kühle, seine oft kühne, seine grasige Rauchigkeit und Salzigkeit lindert alles Mögliche, zumindest bei mir 😉

https://www.pexels.com/photo/grayscale-photo-of-man-wearing-collared-shirt-636600/

Wow – so hatte ich Emotional Drop nicht in Erinnerung! Vetiver und Obst harmoniert oftmals richtig gut, siehe beispielsweise Lubins L’Eau Neuve-Variation Figaro, Atelier des Ors Aube Rubis oder die eher orientalisch angehauchten Düfte Vétiver Oriental von Serge Lutens sowie L’Artisan Parfumeurs leider eingestellter Cœur de Vétiver Sacré. Emotional Drop überrascht mich im Auftakt äußerst positiv mit einem Duett aus Vetiver und Stachelbeere, und zwar einer solch prägnanten Stachelbeere, wie ich sie noch in keinem Duft wahrgenommen habe. Das harmoniert derart gut ob der Säuerlichkeit, der Herbheit der Stachelbeere, deren leuchtendes Grün von dem salzig-grasigen Vetivergesellen, der mich persönlich an Chanels Sycomore, einem meiner Lieblinge, erinnert. Veilchen stiftet ein Quentchen Erdigkeit und einen Hauch Puder, der sich wiederum von Iris bekräftigt sieht. Das Röslein untermalt „nur“ die Fruchtigkeit, während die Hölzer, allen voran Sandel, balsamisch würzen und eine gewisse Wärme spenden.

Bisher ist Emotional Drop mein Liebling – mal sehen, ob er von den zwei letzten Düften morgen noch vom Thron gestoßen wird 😉

Bis dahin – alles Liebe und viele Grüße

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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