Von Orangen, Rosen und Jasmin – Chopards Gardens of Paradise …

… sind heute erneut Thema, denn drei der floralen Grazien fehlen noch. Miel d’Arabie, der arabische Honig, war vorgestern an der Reihe. Er enthielt zwar Provence-Honig, sah sich aber wie all seine anderen olfaktorischen Garten-Freunde inspiriert von arabischen Gärten, die Alberto Morillas für Chopard in Flakons bannte. Heute wenden wir uns den verbleibenden drei Düften der Gardens of Paradise Collection zu – Orange Mauresque, Rose Seljuke und Jasmin Moghol.

Die Schönheit maurischer Gärten – Orange Mauresque

Hatte Morillas einen ganz bestimmten maurischen Gärten im Kopf, vielleicht gar einen, der gar nicht im arabischen Raum lag? So zum Beispiel die Gärten der Alhambra im spanischen Granada? Bei maurischen Gärten denke ich, ich kann gar nicht anders, immer als allererstes an das maurische Gewächshaus in der Stuttgarter Wilhelma, unserem Zoo. Ich würde es sofort nehmen, sogar mit Inventar 😉 Wusstet Ihr, dass die Gartenkunst der Mauren, deren Gartenanlagen den Ursprung für die mediterrane Gartenkunst war? Hier findet sich ein interessanter Artikel darüber.

Kommen wir zu dem olfaktorischen Garten aus dem wundervollen Flakon, zu Orange Mauresque:

„Orange Mauresque is a sophisticated blend of zests, solar flowers and millenary amber notes that evoke the intense aromas of an alley of thousands of orange flowers in a Moorish garden, heated by a late morning sun. The orange blossom/amber perfume is a marvellous breath of Calabrian bergamot, mandarin, precious neroli and orange blossom absolute, all nestled on the balsamic notes of Siam benzoin and copaiba balm.“

Was bei uns die Lindenallee, das ist hier dann wohl die Allee mit Zitrusfrüchtebäumen, genauer – Orangenbäumen. Überflüssig zu erwähnen, dass es mich keinerlei Anstrengung kostet, mir das vorzustellen, ganz im Gegenteil. Ich sehe es in allen Details vor meinem inneren Auge: Die freundliche, gütige, frühsommerlich warme Sonne, die die Gegend in ein volles, strahlendes Gelb taucht, in ihr helles Licht, bei dem man die Augen leicht zusammenkneifen muss. Ganz leicht nur, nicht so, dass es nervt oder unangenehm ist, lediglich ein Blinzeln, bei dem sich dennoch währenddessen, im Augenblick dieses halben Blicks eine friedliche, heitere Welt offenbart. Jene Allee brilliert mit dichtem Grün und Früchten, die mit ihren leuchtenden Farben so wirken, als hätte sie ein Straßenmaler mitten in das Blattwerk getupft. Die Straße ist sandig, reflektiert das Licht der Sonne. Und wirkt verschlafen, genauso wie ich, die ich langsam flaniere, den Duft der Hesperidenfrüchte in der Nase.

Ja, das wäre jetzt schon was. Urlaub. Müßiggang. Danach hört es sich nämlich an für mich. Und ich hätte ihn gerade nötig, meine Lieben … wer nicht?

Orange Mauresque transportiert mich umgehend gedanklich in mediterrane Gefilde – geschickt gemacht, Monsieur Morillas! Zitrusfrüchte satt, saftig, süß und sowas vom gut gelaunt. Vor allem – Orangen. Und Mandarinen, auch, wenn sie nicht gelistet sind. Orangen und Mandarinen zwischen vielen kleinen und äußerst entzückenden Blümelein, denn die Zitrusfrüchtebäume stehen in voller Blüte, nektarsüß Bienen anlockend und … uns 😉 Die Hesperidenfrüchte sind überaus authentisch in ihrem Auftreten, von einer natürlichen Zitrusfrische, die anfänglich erfrischt – richtig gelesen, anfänglich. Denn im weiteren Verlauf übernimmt sowohl auf meiner Haut als auch auf dem Teststreifen das „Mauresque“, der arabische Part, der sonnige, das olfaktorische Ruder. Balsamische Harze, süß, trocken und pudrig und lediglich ein klitzekleines bisschen rauchig, dafür samtig und erhaben, alles in allem in erster Linie sinnlich. Dafür sorgt auch das watteweiche Wildleder, das kokett und kinky wirkt.

Der Name hat mich ein wenig in die Irre geführt: Ich hätte bei Orange Mauresque eine Cologne-Interpretation erwartet, eventuell einen modernen Orientalen. Das hier ist – ein Lederduft? Ein Boudoirduft? Zweifelsohne umrankt von Hesperidenfrüchtchen, aber …

In welche Richtung geht er … Ok, ein Versuch: Das Wildleder ist aus L’Artisan Parfumeurs Dzing!, fein angeraut und wunderschön anschmiegsam. Serge Lutens‘ Cuir Mauresque ist viel stärker, hitziger, orientalischer, sein Daim Blond zu süß. Vielleicht Keiko Mecheris Cuir Cordoba? Cuir Solaire von David Jourquin? Das dürfte Euch hoffentlich einen groben Anhaltspunkt geben.

Die Göttliche – Rose Seljuke

In einem paradiesischen Garten dürfen zwei Blumen selbstredend nicht fehlen, denen sich die beiden nächsten Düfte annehmen – Rose und Jasmin. Zur Rose gibt es fast nichts, was nicht schon zigfach erwähnt worden wäre, vor allem auch im Hinblick auf die Parfümeurskunst: Eine der altehrwürdigen Ingredienzen und eine der liebsten Blüten ist sie hinsichtlich der Welt der Düfte. Und ganz nebenbei auch in der „normalen“ Welt eine, die als Königin der Flora gilt. Darauf beziehen sich auch Chopard mit ihrer Beschreibung:

„Rose Seljuke is a tribute to the most heavenly flower on Earth, the rose. It boasts rich and intoxicating Damascene rose notes wrapped in a sumptuous blend of oriental woods including sandalwood and patchouli, and smoothed with luscious Madagascar vanilla, tonka bean and Peruvian balm.Inspired by the Hanging Gardens of Babylon, this alluring perfume evokes a luxuriant and mysterious primordial garden of eternal sensuality.“

Ganz ehrlich? So richtig viel kann man hier nicht falsch machen. Rose, Vanille, Tonkabohne, die würzige Schwester der Vanille, wie ich immer zu sagen pflege, und Harz, gerne auch im Plural. In diesem Fall handelt es sich um Perubalsam, das die erste Wahl ist in dieser Kombi, weil es eine ganz und gar vorzügliche darstellt. Es passt perfekt mit seiner Tiefe, seiner, wie der Name schon sagt, balsamischen, würzigen, dunkelcremigen und zart rauchigen zu der Vanille. Und auch zur Rose. Zu beiden zusammen erst recht – Dreamteam, keine Frage. Sandelholz untermalt das, ist selbst ein hervorragender Begleiter der Rose genauso wie Freund Patschuli. Wo das Sandelholz in den Vordergrund rückt, und das tut es bei mir auf der Haut „mittig“ im Duftverlauf, nehme ich dezent ledrige als auch subtil animalische Noten wahr. Sexy sind sie – und passen ziemlich gut ins Bild neben und zu der Rose, der verführerischen, die die Hauptrolle spielt. Es ist eine samtige, dunkelrote Schönheit, eine, die verhalten fruchtig duftet, aber gleichwohl süß, betörend und tief.

Um Rose Seljuke zu mögen, bedarf es zweier Dinge: 1. Man sollte Rosen mögen. 2. Man sollte raumgreifende Damendüfte mögen. Dazu muss man nicht notwendigerweise weiblich sein, aber es hilft bei diesem Parfüm ganz bestimmt 😉 Will sagen: An einem Mann kann ich mir Rose Seljuke eher nicht vorstellen. Ansonsten empfehle ich dringend einen Test, wenn man Düfte wie beispielsweise Juliette has a Guns Lady Vengeance liebt, Jul et Mads Nin-Shar oder ähnliche Kaliber. Mich konnte die Rosenschönheit bereits für sich gewinnen – fleißige Leser/innen werden allerdings auch wissen, dass besagte Rachelady einer meiner All-Time-Favoriten ist, insofern … 😉

Sommernachtstraum – Jasmin Moghol

Der letzte Duft in unserer Reihe ist eine weitere Blume, die in keinem Paradies fehlen darf – der Jasmin. Ein Weißblüher, wie er im Buche steht, deshalb hat ihn Chopard vermutlich gedanklich nachts angesiedelt:

„Jasmin Moghol evokes the secret sensuality of sacred nights in a Moghul moonlight garden. Jasmine sambac, Chinese jasmine and exhilarating tuberose intermingle with the exquisite Damascene rose, creamy sandalwood and mystic cypriol to produce an intense and sultry woody fragrance.“

Heilige Nächte in einem mongolischen Garten, natürlich bei Mondenschein … nananaa, fast schon ein wenig kitschig, meine Damen und Herren! Allerdings komme ich nicht umhin, an Märchen zu denken, an die altbekannten Märchen aus 1001er Nacht, die ich als Kind so liebte. Vor allem auch, weil meine Ausgabe so wundervoll illustriert war – Ruth Koser-Michaels hieß die Dame, das weiß ich komischerweise noch genau. Und habe gerade festgestellt, dass sie aus einer Gegend kommt, wo es mich demnächst hinziehen wird. Aber gut, das ist ein anderes Thema. Koser-Michaels hat Illustrationen zu Grimms Märchen gemalt, zu denen von Hauff, von Andersen und Bechstein, des weiteren auch für etliche Erzählungen (Heidi beispielsweise oder Der Kleine Lord). Hier seht Ihr ein paar Bilder – kennt Ihr sie? Sie passten perfekt zu den Märchen – und genau so eine Illustration habe ich jetzt im Kopf, von der ich nicht mehr genau sagen kann, ob es sie wirklich jemals gegeben hat oder ob sie nur in meiner Phantasie existiert. Eine jener schönen, mysteriösen und faszinierenden Frauen, die in einem uneinsichtigen Riad, einem jener geheimen Innenhofgärten an einem Brunnen sitzt bei Vollmond und auf ihre Liebe wartet … oder einfach nur träumt, sehnsüchtig?

In jedem Fall sollte sich der oder die Liebende, die da heraneilt, in Acht nehmen, denn wir haben es hier mit einem astreinen Männerfresser zu tun. Jasmin, diesbezüglich ohnehin kein Kind von Traurigkeit und meistens eine Femme Fatale, zeigt sich in Begleitung einer Verwandten, die es nicht minder faustdick hinter den Ohren hat – Tuberose, Weißblüherdiva Nummer Zwei. Verschlagen die beiden mir etwa den Atem oder warum rieche ich … Banane? Die ist nicht vorhanden, obschon … sorry, auf meiner Haut duftet es nach grüner Banane samt Blattwerk. Gefällt mir und fügt sich perfekt ein in die mentholisch-kampferartig anmutenden Facetten der Tuberose, die gleichermaßen sexy wie distanziert duften, eine echte Venusfalle eben. Eine dritte Blumenschwester im Bunde führt im weiteren Verlauf dazu, dass sich unsere beiden weißen Blümelein etwas zivilisierter aufführen – die Rose. Sobald sie zumindest im Hintergrund für frische Fruchtigkeit und ein wenig samtige Pudrigkeit sorgt, geht auch der Jasmin dazu über, seine indolischen Tätigkeiten zugunsten von Cremigkeit aufzugeben, zumindest fast. Diese Cremigkeit entwickelt sich überaus schön auf meiner Haut und wird – warm, wer hätte es gedacht. Bruder Sandel ist dafür verantwortlich, würzt und wärmt auf vertraute und gewohnt gute Art und Weise. Cypriol oder vielmehr Nagarmotha? Ich mag es sehr, es gibt Düften oftmals solch ein inneres Strahlen, eine Helligkeit. Abgesehen davon, dass Tuberose meistens wie eine Mondgöttin in der Nacht strahlt, fahl blass in der Finsternis – so zumindest wirkt sie auf mich -, kann ich hier nicht wirklich jenes Leuchten entdecken, auf das ich es eigentlich abgesehen hatte. Das Nagarmotha-Leuchten. Dafür entdecke ich Grün, umgeben von Hölzern. Genauer – diffuses Grün, Grün, das Blüten umrankt oder umfasst, sie umrahmt und umgibt. Jenes Grün, das da ist, aber nicht primär ins Auge fällt, weil es irgendwo dahinter agiert, im Zwielicht … und eine gewisse Frische mit sich bringt, die der Nacht gut zu Gesicht steht, sowie Anklänge von Hölzern, die ebenfalls irgendwo dort wachsen, vielleicht gar wuchern, wo des Mondes Strahlen nicht mehr hinkommen …

Jasmin Moghol ist – ein Weißblüher. Somit – ein floraler Duft, und zwar einer, der nicht für Blumenzögerer oder Teenager gemacht ist. Darauf seid Ihr sicherlich selbst schon gekommen. Und Männer, nein, Männer dürfen schnuppern, aber selbst tragen sollten sie ihn nicht. Verschenken dürfen sie ihn dann gerne wieder – und zwar an Frauen, die weiße Blumen mögen. Innerhalb seiner Gattung ist er, das muss ich anmerken, verhältnismäßig  zahm – da gibt es ganz andere wuchtbrummige Kaliber.

Die paradiesischen Gärten lassen wir nun hinter uns, morgen geht es in die Fremde, und zwar mit Gardens of the Tropics!

Einen schönen Tag Euch, Ihr Lieben, und alles Gute

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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