… wie ich neulich festgestellt hatte: Zwei Düfte waren mir entgangen hier im Blog, die wir noch nicht rezensiert haben. Diese Lücke werde ich heute füllen – Vorhang auf für Emeraude Agar und Camélia Intrépide, die ein olfaktorisches Pärchen bilden.
Beide wurden von Jérôme Epinette kreiert, der zwar weniger in aller Munde ist wie beispielsweise Cécile Zarokian oder Luca Maffei, dennoch im Hintergrund die olfaktorischen Fäden zieht: Ein Großteil der Byredo-Kollektion entstammt seinen Phiolen, das Gleiche gilt für die Düfte der Vilhelm Parfumerie. Hollyrose von Room 1015 ist von ihm, für Decennial war er tätig und er wildert darüber hinaus in sehr bekannten skandinavischen Gefilden – die Düfte, Körperpflegeprodukte und Kerzen von H&Ms Zweitlinien And Other Stories als auch Arket (neu!) hat er auch geschaffen. Für Atelier Cologne war er nicht das erste Mal tätig.
Emeraude Agar – Ein smarter Abenteurer in dunkelgrünem Gewand
Beginnen wir mit Emeraude Agar:
„Er liebte sie jenseits jeder Vernunft und würde bis zum Ende der Welt reisen, nur um wieder bei ihr zu sein. Ein wilder Entdecker und eloquenter Autor – sein Leben und seine Leidenschaften schritten im gleichen Tempo voran. Sie, frei wie die Luft, brachte ihn unausweichlich in neue Höhen …“
Dem Entdeckergeist sieht sich Emeraude Agar gewidmet und greift dafür auf folgende Zutaten zurück: Kopfnote: Bergamotte, Angelika (Engelwurz), Schwarzer Pfeffer; Herznote: Geranium, Türkische Rose, Eukalyptus; Basisnote: Adlerholz (Oud), Mysore-Sandelholz, Guajakholz.
Emeraude Agar nur der Männerwelt vorzubehalten, wäre nicht fair, meine Lieben – er tendiert zwar deutlich in diese Richtung, ist aber kein Mann-Mann-Duft und eignet sich somit durchaus für geneigtes weibliches Publikum.
Ein Oudduft? Ein Rosenoud? Mit der Einteilung macht er es mir, uns schwer – er möchte so gar nicht in eine bestimmte Ecke oder Schublade passen, was ihn noch ein Quentchen interessanter macht. Oud ist vorhanden, ja. Eine dezente, subtile Rauchigkeit wohnt ihm inne, diesem grün-braunen Schönling, der anfänglich vor allem aber mit balsamischen Holznoten lockt. Wärmend und würzend zeigen sie sich, spielerisch auch hin und wieder kühlend. Jene Kühle schimmert grün, dunkelgrün, wie es der Name verspricht, wir haben es hier mit minzig-rosigem und verhalten zitrischem Geranium zu tun, das in seiner Frische von einem hintergründigen, mentholischen Klecks Eukalyptus untermalt wird und in seiner rosigen Anmutung von der „echten“ Blume unterstützt. Eine Prise Pfeffer kontrastiert und harmoniert wie so häufig perfekt mit der Rose als auch den zitrischen Anklängen, Angelika mischt sich auf meiner Haut eher anonym ins grüne Geschehen, wirkt dort inkognito.
Im weiteren Verlauf offenbart Emeraude Agar seinen wahren Charakter – es ist eine kühle, samt- oder besser smaragdgrün eingerahmte Rose. Eine Männerrose, eine der seltenen, die aber durchaus damentauglich ist, wie schon erwähnt. Kennt Ihr Le Labos Rose 31? Wenn Ihr diesen alles andere als monothematischen und/oder typischen „Rosen“-Duft mögt, gefällt Euch Emeraude Agar ganz bestimmt ebenfalls. Weitere Kandidaten, die eine ähnliche Zielrichtung besitzen, sind unter anderem Kurkdjians Lumière Noire pour Homme (den ich besitze und liebe) und vor allem der leider total unterschätzte und nicht wahnsinnig bekannte Black Tie von Washington Tremlett.
Den Töchtern des Himmels gewidmet – Camélia Intrépide
Kommen wir nun zum weiblichen Part unseres Duos, zu Camélia Intrépide:
„Sie wollte den Himmel herausfordern, um ihren eigenen Weg zu finden. Als Ikone des Fliegens und als Königin der Elemente liebte sie nichts mehr, als die Kraft des Windes zu spüren. Er, anziehend und stark wie ein Fels in der Brandung, war der Einzige, der sie zurück zur Erde brachte …“
Das weibliche Gegenstück zu Emeraude Agar ist Camélia Intrépide und verkörpert die Freiheit des Fliegens, das Abenteuer der Liebe und das Risiko der Leidenschaft, wie die Beschreibung verheißt.
Die Ingredienzen: Kopfnote: Zitrone, Bergamotte, Muskatnuss; Herznote: Kamelie, Iris, Veilchenblätter; Basisnote: Türkische Rose, Leder, Ambra.
Von wem reden wir hier, gab es ein spezielles Vorbild? Fliegende Frauen gab es in der Geschichte gleich ein paar: Wilhelmine Reichard beispielsweise, die erste (deutsche) Ballonfahrerin anno 1811 (!), Amelia Earhart, mit die bekannteste unter ihnen, die 1932 als erste Frau fliegend den Atlantik überquerte, was ihr den Spitznamen „Tochter des Himmels“ einbrachte, oder auch Geraldine Mock, die 1964 als erste Frau die Erde umrundete. Eine andere bekannte Fliegerin kennen wir alle dem Namen nach wegen des Unternehmens, das sie gründete – Beate Uhse.
An dieser Stelle muss ich unweigerlich an Marie Le Febvre denken, Parfümeurin und Eigentümerin der schönen Berliner Marke Urban Scents – sie ist ebenfalls begeisterte Fliegerin und hat ihre Liebe zum Fliegen mit dem Propeller in ihrem Logo verewigt.
Kommen wir zurück zu Camélia Intrépide … der ist ganz nach meinem Geschmack und zwingt mich in Zukunft vielleicht dazu, eine Extra-Spalte in meiner Haben-Wollen-Liste für Atelier Cologne anzufangen. Café Tuberosa steht definitiv seit seinem kürzlichen Erscheinen darauf, darüber hinaus Clémentine California und vor allem auch Mimosa Indigo, überhaupt hat mir die Collection Orient überaus gut gefallen … Mmmh, mal sehen, mit was ich mich selbst zu Weihnachten noch beschenke 😉
Eine helle und strahlende, wirklich nude-roséfarbene sowie wässrige Blüte von einer sanften Süße, zart von lichten Hesperidenfrüchtchen erleuchtet. Im Hintergrund pudert es sacht, während alsbald eine weiche, überaus feminine und selbstredend sinnliche Wildledernote meiner Nase schmeichelt. Das passt hervorragend zusammen, ist gleichzeitig aber kontrastreich, was dem Duft Spannung verleiht. Die Ingredienzen sind in ihrer Kombination nicht unbedingt typisch, aber wie immer bei Atelier Cologne wunderbar aufeinander abgestimmt. Chapeau – ein weiterer mehr als gelungener Duft dieser Marke, die sich langsam, aber sicher in den letzten Jahren zu einem meiner Lieblinge gemausert hat, mit jeder Neulancierung mein Interesse weckt und mich bisher nie enttäuscht hat.
Gretchenfrage, meine Lieben: Wie haltet Ihr es mit Atelier Cologne? Und – habt Ihr Düfte der Marke, wenn ja, welche?
Einen schönen Tag wünsche ich Euch und viele liebe Grüße
Eure Ulrike
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