Penhaligon’s – Gräfin Gnadenlos und der französische Gockel

Und weiter geht es mit den verzwickten und verworrenen Verhältnissen im Kammerspiel der Penhaligon’sschen Portraits-Kollektion. Nach Uncompromising Sohan und Bewitching Yasmine, die wir uns letzte Woche genauer unters Näschen gehalten haben, sind heute nun The Ruthless Countess Dorothea und Monsieur Beauregard an der Reihe. Die Verwandtschafts-, Geschäfts- oder sonstigen Beziehungen der beiden zu dem Stammehepaar der Portraits-Kollektion Lord George und Lady Blanche konnte ich bisher noch nicht eruieren, aber vielleicht kommt das ja noch. 🙂

The Ruthless Countess Dorothea

Gräfin Gnadenlos ist definitiv eine schwierige Person. Sie ist außerordentlicher Klugheit und einem scharfzüngigem Humor ausgestattet, was für sie sprechen könnte. Doch die weniger erfreulichen Eigenschaften scheinen laut Penhaligon’s zu überwiegen:

Countess Dorothea ist eine eiserne Matriarchin und bekannt für ihren scharfen Verstand, noch schärferen Witz und ihre heimliche Vorliebe für junge Männer. Wenn sie nicht gerade Hof hält, ihre generationsübergreifenden Weisheiten kundtut oder Karten spielt, hört man sie gelegentlich urteilen: „Wie schrecklich modern.“ Modernität ist ja sowieso das geschmackloseste Verbrechen überhaupt. Für die Damenwelt gibt es aus ihrer Sicht nur eine Regel: Niemals erklären, niemals beschweren. Und der Rest sind einfach gute Manieren.

Ihre Entschlossenheit, mit der sie versucht, Werte und Traditionen aufrechtzuerhalten, ist fast schon rührend. Ihre Gabe zu vergeben oder Familienlegenden zu vergessen, ist weniger gut ausgeprägt. Rache ist das Stichwort. Und die ist noch schöner als Süßes.

Mit ihrer ganz eigenen Art und ihren Ansichten passt The Ruthless Countess Dorothea nicht nur wunderbar in die von Intrigen und Ränkeschmiedereien geprägte Londoner High Society des 19. Jahrhunderts – wie die heutigen Zustände sind, kann ich nicht beurteilen –, sondern auch in die Penhaligon’ssche Seifenoper um die Portraits-Kollektion.

Die gereifte Dame mit der Vorliebe für Frischfleisch junge Männer setzt auf Bergamotte, Ingwer, Zimt, Vanille und Cashmeran, um ihrer ganz eigenen Art Ausdruck zu verleihen. Wenn sich Penhaligon’s eng an The Ruthless Countess Dorotheas Charakter gehalten hat, erwarte ich einen Spalterduft mit altbackenen Grundtönen und auch sonst wenig Erfreulichem. Doch die Duftnoten lassen erhoffen und erahnen, dass die Story hinter Gräfin Gnadenlos eben doch nichts anderes ist als eine Story. 😉

Frisch aufgesprüht zeigt sich Gräfin Gnadenlos sehr frisch durch die herbe Spritzigkeit der Bergamotte, die von der dezenten Schärfe von Ingwer untermalt wird. Zimt gesellt sich dazu und schenkt dem Duft seine charakteristische Würze, die auf meiner Haut recht kantig und nicht ganz so schön ausfällt. Auf dem Teststreifen zeigt sich ein ganz ähnlicher Duftverlauf, doch hier entwickelt sich der Zimt weitaus positiver. Auch hier wohnt ihm eine deutliche, leicht pfeffrige Schärfe inne, doch offenbart er hier eine wunderschöne herbe Zimtnote, ohne jede Süße und Klebrigkeit. Das Papier verharrt der Duft in diesem Stadium. Auf meiner Haut wird The Ruthless Countess Dorothea nach und nach sanfter. Vanille und Cashmeran beruhigen den außer Rand und Band geratenen Zimt und weisen ihn deutlich in seine Schranken. Die gnadenlose Gräfin wird weicher, wärmer und klingt so mit einer versöhnlichen Note ganz langsam aus.

The Ruthless Countess Dorothea und ich, wir werden wohl keine Freunde. Ihre Zimtnote und meine Haut vertragen sich einfach nicht. Vielleicht habt Ihr ja mehr Glück. Zimtfreunde sollten diesen Duft auf jeden Fall testen, vielleicht fällt er bei Euch ja so aus wie auf dem Teststreifen (oder gar noch besser?). Dann ist Gräfin Gnadenlos unter Umständen ein Volltreffer für Euch. 🙂

Penhaligon’s – Monsieur Beauregard

Unser zweiter Duft im Schnupperbunde ist Monsieur Beauregard. Schon der Name lässt zweierlei erahnen: Erstens, dass es sich hierbei um einen französischen Landsmann handelt und zweitens, dass der werte Franzose ein ansehnlicher Frauenversteher und Charmeur ist. Ich habe mein doch sehr bedauernswertes Französisch zu Rate gezogen (ob das eine gute Idee war, lasse ich mal im Raum stehen) und herausgefunden, dass „beau“ und „regard“ mit „schöner Blick“ übersetzt werden kann. Ob jetzt Monsieur Beauregard selbst mit seinem guten Aussehen punktet und überzeugt oder er einen verführerischen Augenaufschlag besitzt, der die Damenherzen der Reihe nach zum Schmelzen bringt, darüber gibt und Penhaligon’s einen kleinen Hinweis:

Mit „unser französischer Freund“ wird dieser unbekannte und doch durchaus vertraute Hausgast in der Regel vorgestellt. Sein verweilender Blick wirkt bestimmt und selbstbewusst. Er wird absichtlich von den meisten weiblichen Familienmitgliedern gemieden. Von Lady Dorothea allerdings erhält er immerfort Geschenke, die etwas de trop sind … Er ist immer dort, wo man ihn am wenigsten erwartet, insbesondere ganz früh am Morgen und spät in der Nacht. Zum Glück verraten ihn seine erregende Schönheit und sein Sex-Appeal schon lange, bevor er um die Ecke biegt. Und dann noch diese wunderschönen Arme …

Niemand weiß so richtig, wie sich die beiden eigentlich kennengelernt haben. Obwohl es da Gerüchte von Soirées an der Côte d’Azur und diesen regelmäßigen Afternoon Teas gibt. Quel Scandale!

Monsieur Beauregard

Eine Mischung aus beidem ist es also. Und es offenbart genau jener Ironie, die die Portraits-Kollektion von Penhaligon’s ausmacht, dass den Flakon dieses lüsternen Schönlings ausgerechnet ein Gockelkopf ziert. Stattlich und auch ein bisschen zu sehr von sich und seiner Wirkung überzeugt, mit stolzgeschwellter Brust herumstolzierend und immer piekfein in Schale geworfen – was passt der Hahn doch wunderbar zu Monsieur Beauregard. Spontan muss ich an jenen Spruch denken, der oftmals Theodor Fontane zugeschrieben wird, und in mich hineinschmunzeln: „Manche Hähne denken, dass die Sonne ihretwegen aufgeht.“ Von diesen Kalibern kenne ich auch so einige. 😉

Duftnotenmäßig beschränkt sich der französische Hausfreund auf Iris, Sandelholz und Zimt. Klasse, statt Masse scheint in diesem Fall sein Credo zu sein. Monsieur Beauregard startet überraschenderweise auf meiner Haut mit zitrischen Noten, hell, frisch und wunderschön. Nach und nach schiebt sich die Iris mit ins Bild. Sie erdet die ätherischen Hesperiden ein wenig, schenkt ihnen cremige Akzente und eine bezaubernde Weichheit. Ganz ehrlich? Wenn der Duft so bleibt, bin ich ihm jetzt schon verfallen … Monsieur Beauregard schafft es, mich mit wenigen Atemzügen um seinen kleinen Finger zu wickeln.

Monsieur Beauregard

Im weiteren Verlauf übernimmt die Iris ganz langsam das Ruder und die zitrischen Noten verschwinden immer mehr. Eine stolze und wunderschöne Iris, cremig, weich, sanft, ohne übertriebene Lippenstiftakzente, dezent pudrig und von einer gewissen Holzigkeit untermalt. Zeigt sich da etwa schon ein Hauch von Sandelholz im Hintergrund? Oh ja! Die samtig-warmen Holznoten werden intensiver und vereinen sich mit der edlen Schwertlilie zu einem herrlichen sinnlich-warmen Duft. Diesen akzentuiert im Ausklang eine wunderschöne und herbe Zimtnote, die Iris und Sandelholz genau die richtige Prise Raffinesse und Sex-Appeal verleiht.

Der Teststreifen überzeugt mich bei Monsieur Beauregard nicht so wirklich. Die zitrische Note im Auftakt ist hier ein wenig zu schrill, die Iris geht unter den aufgedrehten Hesperiden völlig unter und auch der restliche Duftverlauf bleibt irgendwie komplett auf der Strecke. 🙁 Wie so üblich rate ich dringend zu einem Hauttest.

Auch wenn man etwas anderes vom französischen Draufgänger vermutet, Monsieur Beauregard lässt es duftmäßig langsam angehen. Der Duft braucht seine Zeit, um sich zu entwickeln. Dafür ist das Ergebnis dann aber auch 1a. Monsieur Beauregard ist gleichermaßen sinnlich wie transparent, luftig wie warm, kuschelig wie edel. Dieser Unisex-Duft ist auf jeden Fall ein Must-Try für Freunde von leichten Irisdüften mit dem gewissen Etwas! Well done, Penhaligon’s! 🙂

Damit ist das dritte Kapitel der Penhaligon’sPortraits-Saga abgeschlossen. Ich freue mich schon auf das nächste! 😀

Ich wünsche Euch noch eine schöne Woche!

Liebe Grüße,
Steffi

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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