Blütenzauber aus Australien – Grandiflora Teil 2

Zwei weitere Tage mit Grandiflora erwarten uns, meine Lieben! Letzte Woche hatte ich den Auftakt gemacht mit Magnolia Grandiflora Sandrine, dem ersten Duft der fünf Düfte umfassenden Kollektion der australischen „Rockstar-Floristin“ Saskia Havekes, wie sie in einem der gestern verlinkten Artikel genannt wurde. Ich kann mich gar nicht satt sehen an ihren Blumenkunstwerken – wenn Ihr mal stöbern wollt, schaut vorbei auf ihrem Instagram-Account.

Parlour X’s Style Edit with Saskia – geklaut auf Instagram
Spring Thoughts from Grandiflora – geklaut auf Instagram
Saskia and her seriously special little assistant, within the floral cave – geklaut auf Instagram

Kindheitserinnerungen & eine Hommage – Magnolia Grandiflora Michel

„Der zweite Duft der Linie besitzt wie sein Schöpfer Michel Roudnitska eine fesselnde und faszinierende Geschichte. Sein Vater war Edmond Roudnitska, einer der größten Parfümeure des 20. Jahrhunderts, dessen Kreationen Eau Sauvage und Diorissimo umfassen. Michels eigene Karriere beinhaltete viele kreative Facetten und doch zog es ihn regelmäßig wieder zu den Düften hin.

Angezogen von diesem alten Rätsel, beflügelte der Magnolienbaum seiner Kindheit seine Fantasie. Die Blüte beschäftigte ihn schon seit Jahrzehnten: „Ich war so fasziniert von diesem ungewöhnlichen Duft, dass ich eines Tages beschloss, ihn nachzubilden. Vierzig Jahre dauerte es, mir diesen Traum zu erfüllen und die richtige Person zu finden, um ihn zu lancieren.“ Michel widmete die Kreation Saskia in Gedenken und als Hommage an ihre liebe Freundin Sandrine.“

Nebenbei bemerkt: Edmond Roudnitska hat natürlich noch einige andere Klassiker geschaffen, diverse Für Elizabeth Arden, Rochas und Hermès sowie Parfum de Thérèse, der von Frédéric Malle lanciert wurde.

Ich hatte es bereits erwähnt, dass Sandrine Videault, die Parfumeurin der ersten Grandiflora-Kreation Magnolia Grandiflora Sandrine, kurz nach der Lancierung des Duftes verstarb. Davor hatte sie Saskia Havekes wohl noch das Versprechen abgenommen – einen Besuch bei der Familie ihres Lehrmeisters, bei den Roudnitskas in Frankreich, wie man in dem schönen Artikel von The Planthunter lesen kann:

„One of the last things she requested of Saskia was that she visit her former teacher Edmond Roudnitska’s family property in Grasse.

She did, and had a wonderful experience with Edmond’s son Michel and his family – visiting fields of flowers so fragrant her head hurt, rolling around in masses of Rosa centifolia petals (the rose used to create Chanel No.5), and seeing the patch of lily of the valley that inspired Edmond Roudnitska’s Diorissimo fragrance in the 1950’s. Soon after, two of Michel’s employees came to Australia on their honeymoon. When they arrived in Sydney they gifted Saskia with a perfume made by Michel Roudnitska a long time ago, also inspired by Magnolia grandiflora. Michel requested it be gifted it to Saskia in Sandrine’s honour, and asked her to produce it as a part of the Grandiflora fragrance collection. ‘It was extraordinary’, she says. ‘It was such a gift. I couldn’t even fathom it, it was so huge.’ The second Grandiflora scent, Michel, was born.“

Magnolia Grandiflora Michel ist eigentlich das genaue Gegenteil von Sandrine: Wir haben es hier mit einer großen, vollmundigen Magnolienblüte zu tun, keiner knospenden zarten. Ähnlich wie Sandrine ist auch Michel kein typischer Magnolienblütenduft, wie auch Victoria in ihrer sehr treffenden Rezension auf Bois de Jasmin schreibt. Michel steht in voller Blüte, ist cremig, narkotisierend und darüber hinaus mit animalischen Noten versehen. Ein Weißblüher, elegant, feminin und sinnlich, was sicherlich auch an den Begleiterinnen liegt: Ylang-Ylang, tropisch anmutend und mit klitzekleinen Nektartupfern süßend, Jasmin, cremig, betörend und ausladend, bisweilen mit pfirsichartigen Anklängen und selten auch verhalten indolischen Anklängen.

Magnolia Grandiflora Michel ist ein schillernder Duft, strahlend und groß als auch großartig. Ein Blütenstillleben, das immer wieder zu überraschen vermag: Anfänglich opulent und einer Femme Fatale alle Ehre machend, zeigt sich der Duft im weiteren Verlauf zarter, sinnlicher, transparenter, offeriert grasig-salzig-zitronige Anklänge, um diesen sogleich wieder mit dicken, dichten weißen Blüten zu begegnen, die hin und wieder Blicke freilassen auf das dunkelgrüne Moosbett, das sie trägt.

Magnolia Grandiflora Michel steht in der Tradition jener großen Blumendüfte, der raumgreifenden – Victoria nennt eine andere Kreation Roudnitskas, Delraes Amoureuse, der sicherlich, da hat sie vollkommen recht, hinsichtlich seiner Jasminnoten eine gewisse Ähnlichkeit aufweist und eine ebenfalls gewichtige Vollblutblume ist. Vielmehr Gleiches vermag ich hier allerdings nicht zu entdecken.

Wer raumgreifende weiße Blüten mag, wird Magnolia Grandiflora Michel lieben. Wer allerdings einen typischen Magnolienduft sucht, wird vielleicht weitersuchen müssen. Nichtsdestoweniger – Magnolia Grandiflora Michel ist von ausgesuchter Schönheit und eine wundervolle Hommage an Sandrine Videault.

Der zweite Roudnitska für Grandiflora – Madagascan Jasmine

„Der dritte Duft wurde 2015 lanciert und ist eine Zugabe Michel Roudnitskas; seine Kunstfertigkeit vermochte es erneut mit großer Feinheit, eine spirituelle Integrität zu erreichen, die die Pracht und Intensität des Jasmins aus Madagaskar einfängt.

Michel beschreibt den madagassischen Jasmin als einen typischen Herzduft. Er wollte sich von den Kopfnoten wie Zitrusfrüchte fernhalten, die Parfümeure oft mit Jasmin verbinden. Anstelle dessen beginnt Madagascan Jasmine mit einem Schwung tropischer Früchte. Dahinter befindet sich das Motiv grünen Blattwerks; dunkelgrüne Blätter zuerst, dann geben sie nach und nach wässrigem Jade- und Smaragdgrün Raum. Diese Wassertöne verleihen der kraftvollen Jasminherznote eine Anmutung des Flüssigen, welche selbst leuchtend weiß ist. Saskia bestätigt, „ein wenig Rauch ist auch darin, was nicht von jedem entdeckt wird, aber wenn man es weiß, kann man den tiefen Rauch spüren.“ Dieser Aspekt schenkt dem Duft eine feine Erdigkeit.

Mithilfe eines modernen Moschusakkords, der an Stärke zunimmt, verbreitet er seine Aura nach außen hin und entfaltet sich wie die Blütenblätter des Jasmins. Das Ergebnis ist eine kräftiger Jasminkern, der mit dem feinen Charakter grüner Banane und den rauchigen Eigenschaften der Herznoten ausbalanciert wurde, um letztlich zu einer Moschusbasis zu führen.“

Die Duftnoten: Kopfnote: Banane, Blattgrün, Aquatische Noten; Herznote: Jasmin, Rauchige Noten; Basisnote: Moschus.

Die Entstehung von Madagascan Jasmine war ein Prozess – einer, im Rahmen dessen Havekes und Roudnitska zu einer Art modernen Brieffreunden wurden. Viele Mails, Briefe und Päckchen gingen hin und her, Havekes sorgte dafür, dass die Roudnitskas auch einen madegassischen Jasmin für ihren Garten bekamen.

Im Gegensatz zu den ersten beiden Magnolien-Düften der Grandiflora-Kollektion, die als freie Interpretationen gedacht waren, wünschte sich Saskia Havekes bei Madagascan Jasmine ein Parfum, das darauf bedacht ist, den tatsächlichen Duft der Blüten einzufangen. Schon nach der ersten Duftprobe war ihr klar, dass Michel eine sehr ähnliche Auffassung oder vielmehr Wahrnehmung vom Duft dieses Jasmins hat wie sie selbst. Deshalb bedurfte es auch nicht vieler Versuche, bis schlussendlich das Parfum reif für die Lancierung war.

Wie oben bereits in der Beschreibung zu lesen, verzichtete Roudnitska bewusst auf eine auf zitrische Noten im Auftakt – dafür nehme ich tropische Früchte wahr, vielleicht eine sehr grüne Banane, eventuell auch eine grüne Mango … in jedem Falle grün, exotisch und auf eine Art und Weise samtig-mehlig, nach einer gewissen Zeit saftig wirkend und mehr Reife darbietend – für mich werden die Früchtchen hier gelb(er). Der Jasmin lässt nicht lange auf sich warten, zeigt am Anfang noch metallisch-grünes Blattwerk, dem eine gewisse Schärfe innewohnt, die allerdings nicht lange anhält. Unser Jasmin ist cremiger als man es normalerweise kennt. Er hat keine dezidiert indolischen Anklänge, ist wesentlich grüner als die üblichen Verdächtigen, brilliert dafür mit einer Rauchnote, die ich eher als Röstaroma wahrnehme. Und dennoch ist es unverkennbar ein Jasmin, ein wundervoller.

Sicher, Jasmin ist ein Spalter: Love It Or Hate It – eine ganz klare Entscheidung, wie bei so vielen Weißblühern. Allerdings unterscheidet sich dieser Jasmin dennoch von den meisten Jasmin-Interpretationen, insofern könnte er auch Zögerer erreichen, die noch nicht den Jasmin gefunden haben, den sie lieben können.

Madagascan Jasmine ist modern und minimalistisch, dennoch ein üppiges und vor allem authentisches Blumenstillleben. Mich hat er umgehend für sich eingenommen, obschon ich normalerweise eher den Tuberosen zugeneigt bin als dem Jasmin!

Morgen folgt die (vorerst) letzte Rezension zu Grandiflora –

bis dahin alles Liebe und viele Grüße

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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