Am ewigen Rand der Welt – Russian Leather

Das Pariser Dufthaus Memo widmet all seine Düfte einer bestimmten Region auf der Welt. Schnuppernderweise werden wir also zu einer Art olfaktorischem Reisenden, der nur mittels Duft und Fantasie an die entlegensten Orte der Welt transportiert werden kann. Eine wunderschöne Vorstellung, gerade für Extremflugängstler wie mich. 🙂 Und so freue ich mich heute auf eine Duftreise gen Nordosten, zuerst mit Russian Leather ins frostig-frische Sibirien, wo wir mit den Wölfen heulen werden, und beim nächsten Mal (oho, eine kleine Vorschau!) mit Inlé Iris ins südostasiatische Myanmar, wo wir uns asiatisch-kontemplativ den Eindrücken eines Sees hingeben werden.

Doch zuerst in die Kälte. Mir persönlich ist es in unseren Breiten schon klirrend kalt genug, da will ich mir gar nicht ausmalen, wieviel Grad unter Null es in Sibirien gerade hat … Die modernen Medien verraten mir, dass es in Novosibirsk gerade kuschelige -20°C hat. Ein Träumchen! Wobei ich irgendwie Schlimmeres erwartet hatte wie etwa -50, -60 oder so. Für alteingesessene Sibirer sind minus 20 wahrscheinlich fast schon frühlingshaft. T-Shirt-Wetter! Ich krieg schon bei der Vorstellung Frostbeulen. 😉 Bibber!

Russian Leather – Russisches Leder

Dann schwingen wir uns in die duftenden Lüfte und segeln frohen Mutes gen Nord-Osten. Die genaue Position unseres Zielorts nennt uns Memo in ihrer eigenen Duftbeschreibung:

Fougère on the Rocks: 55°22’ Nord, 86°04’ Ost – auf dieser Position verortet sich Russian Leather. Ein Ort, der intensiv Russland atmet, und damit dessen Landschaften, dessen Weite, die wenigen Menschen. Russian Leather gehört zur Reihe Cuirs Nomades von Memo Paris, die allesamt dem Leder huldigen. Entstanden ist ein betörender Duft mit Charakter, geschaffen von der Parfümeurin Sophie Labbé.
Der russische Wolf war die Inspiration für den Duft: ein wildes, unabhängiges Geschöpf mit einem außerordentlichen Geruchssinn, der sein Territorium bewacht – und den kostbaren Flakon von Russian Leather schmückt. Er ist einer der wenigen, die in der Einsamkeit der Steppen, Wälder und eisigen Ebenen Sibiriens überleben können, er ist der Herrscher über ein gnadenloses Land.

Wer sich Russian Leather vorstellen will, muss in seiner Phantasie der Spur des majestätischen Wolfs folgen, wird dann die Balance aus lebendiger Kraft und Raffinesse und eine Lederharmonie mit magischer Aura entdecken: ein sinnlicher Flash mit slawischer Nuance. Eigensinniger Farn in eisiger Tundra war die Inspiration für einen umwerfenden Fougère-Akkord. Aromatische Flora explodiert bei Berührung mit Sonnenstrahlen, mit Noten von Rosmarin, Minze, Lavendel, Salbei und Basilikum. Die Nadelwälder der Taiga auferstehen mit Sibirischer Kiefer, Zypresse und Zeder.
Der Wolf, der den Mond anheult: Er will seine Existenz beweisen und seine Artgenossen rufen. Ein Duft ist nicht anders – seine Einzigartigkeit ist der Ruf, einander zu begegnen.

Eine olfaktorische Reise nach Sibirien

Russian Leather besitzt die Ingredienzien Basilikum, Fougère-Akzent, Zedernnadeln, Kiefer, Koriandersamen, Lavendel, Minze, Rosmarin, Muskatnuss, Guajakholz, Patchouli, Tonkabohne, Leder, Muskatellersalbei und Zypresse. Einiges davon würde ich jetzt rein gefühlsmäßig nicht mit Sibirien in Verbindung bringen, aber es kommt ja auf das Gesamtkunstwerk an.

Auf meiner Haut beginnt das russische Leder kräuterig-grün mit einer dezenten Herbheit, gefolgt von einem intensiven Fougère-Akkord mit deutlichen Tannennadelnoten. Meine allererste Assoziation sind diese Kiefernadel-Sprudeltabs für das Wannenbad (Asche auf mein Haupt!), doch ist dieses Nadelbaumaroma natürlicher, feiner, authentischer und vor allem ohne Blubberblasen. 😉 Schließe ich die Augen, finde ich mich in einem intensiv-dunkelgrünen Nadelwald wieder, fernab jeglicher Zivilisation. Irgendwo streift hier bestimmt auch das Wolfsrudel herum, das uns Memo versprochen hat. Dank der Minze ist selbst die Kühle der Luft wahrnehmbar – natürlich nicht im vollen klimatischen Ausmaß. Das Leder zeigt sich auf meiner Haut leider nicht oder es verschmilzt derart mit den immergrünen Baumgesellen, dass es als Einzelnote nicht mehr erkennbar ist. Subtile rauchig-patchoulige Noten erscheinen bei mir erst sehr, sehr spät im Duftverlauf. Die Haltbarkeit dieses russischen Leders kann sich sehen lassen. Selbst eine beherzte Dusche übersteht der Duft ganz gut. 🙂

Der Teststreifen beginnt ähnlich wie der Hauttest: grün-herbe Kräuternoten zeigen sich zuerst, dann der Fougère-Akkord, der hier aber dezenter ausfällt. Auch die Nadelbaumnoten sind hier zurückhaltender. Der Duft wirkt insgesamt transparenter, aber auch wärmer. Erdige Momente tauchen hier und da auf, verschmelzen aber recht schnell wieder mit dem Duftgemenge.

Russian Leather zeigt sich im Test zwar etwas anders, als ich ihn mir zuerst vorgestellt habe, aber das muss ja nichts Schlechtes bedeuten. 😉 Es ist in der Tat ein wunderschöner Nadelwaldduft, der der Wildnis und Weite Sibiriens gekonnt Ausdruck verleiht. Kennt Ihr diesen Duft schon? Wie gefällt er Euch?

Dann bis zur nächsten Reise nach Myanmar!

Liebe Grüße,
Steffi

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

2 Kommentare

  1. Barbara
    31. Januar 2017
    Antworten

    Liebe Steffi

    Ja, ich kenne den Duft und habe ich extra nochmals getestet. Zuerst einmal finde ich den Flakon wunderschön und das alleine wäre fast ein Grund den Duft zu kaufen :o)

    Mir geht es genau gleich wie dir, weit und breit kein Leder. Auf meiner Haut verändert sich der Duft auch nicht. Er bleibt krautig-grün. Für meinen persönlichen Geschmack ist er mir einen Tick zu männlich und mein Mann wird das Vergnügen haben den Duft zu testen. Vielleicht zieht dann der einsame Wolf doch noch hier ein. Wer weiss :o)

    Liebe Grüsse
    Barbara

    PS: Hast du Italian Leather auch von Memo schon getestet? Da versteckt sich das Leder nicht wie bei der russischen Variante ;o)

  2. 1. Februar 2017
    Antworten

    Liebe Barbara,
    da geht es mir ähnlich wie Dir. Ich finde den Flakon einfach grandios. Den Duft selbst sehe ich aber auch eher an meinem Mann als an mir. Er muss ihn auch noch testen und ich bin schon sehr gespannt, wie er bei ihm ausfällt. 🙂
    Italian Leather ist schon notiert. Bisher kam mir dieser Duft noch nicht unter die Nase, aber das werde ich zeitnah nachholen. Vielen Dank für den Tipp!
    Liebe Grüße,
    Steffi

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