Room 1015, Dr. Mike und die Tattookunst …

… stellen ein unzertrennliches Trio dar: Der Mann hinter der Marke ist tätowiert, na klar. Und hat eine Leidenschaft dafür, das ist mir auf der Esxence gleich aufgefallen – wie auch anders, bei den vielen Bildchen auf seiner Haut. Wie so oft haben Tätowierte eine sehr gute Wahrnehmung dafür, wer auch tätowiert ist – und so entdeckte Dr. Mike gleich die hauchdünnen Schatten, die aus meinem Oberteil „ranken“. Kein Brusthaar, selbstredend 😉

room1015drmike

Ich hatte ja schon öfters hier nachgefragt, aber nicht wirklich Antworten erhalten, wer denn von Euch Tattoos mag oder hat. Mittlerweile stellt sich ja eher die gegensätzliche Frage: Wer trägt keine? Als ich damals in jungen Jahren zu der Tätowierkunst fand, war es noch ziemlich außergewöhnlich: Ich war die erste an meiner Schule, die sich umgehend mit 18 ein Tattoo stechen ließ, und die Reaktionen waren … unterschiedlich, sehr unterschiedlich. Einige Lehrer, vor allem auch einige, von denen ich es am wenigsten erwartet hätte, fanden es „cool“, schön oder konnten es zumindest akzeptieren. Allen voran mein Mathelehrer, ein ziemlich konservativer Herr alter Schule, der mich dann mal zum Lehrerzimmer zitierte und mir dort einen Artikel aus der Stuttgarter Zeitung überreichte, den er eigens für mich ausgeschnitten hatte – Thema: Tätowierungen als Ausdruck von Persönlichkeit. Hat mich sehr gefreut und hätte ich von ihm nicht erwartet. Dafür waren einige der als liberal und modern geltenden Lehrer, vor allem der Lehrerinnen, ganz offensichtlich entsetzt und abgestoßen. Auch das hätte ich so nicht erwartet. Nun – bis Anfang meiner 20er habe ich das Thema sowohl aktiv als auch passiv noch verfolgt … und habe mich dann jahrelang nicht mehr damit beschäftigt. Vor einiger Zeit allerdings bin ich wieder über Tattoos gestolpert, vor allem dank eines alten Freundes, der wieder in mein Leben getreten ist und mittlerweile als studierter Japanologe auch in diesem Bereich arbeitet beziehungsweise – über Tattoos schreibt.

Ich habe es in einem Artikel letztens erwähnt – es hat sich viel getan hinsichtlich Tätowierungen die letzten Jahre:

„Tätowierungen als Kunstform – ja, das unterschreibe ich (und nicht nur im Zusammenhang mit ihrer soziohistorischen Bedeutung in vielen Kulturen). Lange hatte ich mich nicht mehr mit dem Thema beschäftigt und war vor einigen Jahren ganz begeistert, wie sich alles weiterentwickelt hat: Früher waren Tätowierungen, die besonders fein gestochen waren, besonders realistisch, besonders detailliert der Knaller. Heutzutage gibt es so viele unterschiedliche Stile, so viele Tätowierer haben einen Hintergrund im Design oder der Malerei – selbst meine Mutter, erklärte Tattoo-Ablehnerin, musste anerkennen, dass Tattoos vielleicht doch … Kunst sind ???? Mir persönlich haben es die letzten Jahre stilistisch vor allem Arbeiten dieser Künstler angetan: Buena Vista Tattoo Club (ein Pärchen, deren genreprägender Stil Trash Polka genannt wird), Ondrash (ein Tscheche mit Hintergrund in der Malerei), Lea Nahon und Peter Aurisch aus Berlin. Darf ich Euch die Gretchenfrage stellen? Tattoos – ja oder nein? Wie steht Ihr dazu, habt Ihr welche? Und, unabhängig davon – was haltet Ihr von den von mir genannten Künstlern bzw. ihren Arbeiten?“

In diesem Artikel hatte ich über die neue Linie von Anaïs Biguine, Gri Gri Fragrances, die sich Tätowierten widmet. Im übrigen nicht die einzigen Düfte, die sich der Tätowierkunst als Thema annehmen: Laurent Mazzone mit Malefic Tattoo, YS Uzac mit Dragon Tattoo, Byredo mit Rose Of No Man’s Land, mehr oder weniger indirekt Vero Kern von vero.profumo mit Rozy, bei Blood Concept finden sich auch Anleihen, um nur einige aus der Nische zu nennen. Bei den Mainstreamern findet sich auch einiges, darüber hinaus sind natürlich mittlerweile auch besondere Pflegelinien für tätowierte Haut erhältlich, vor allem hinsichtlich des Sonnenschutzes: Man möchte ja seine teure Zierde nicht vorzeitig altern und ausblassen lassen.

ATRAMENTAL eau de parfum by ROOM 1015 from Room 1015 on Vimeo.

Atramental ist mein bisheriger Liebling aus der Kollektion von Room 1015 und ist, wie dargelegt, Dr. Mikes Passion für Tätowierungen gewidmet: Der besondere Duft, der einem in Tattoostudios entgegenweht – Tinte, ein wenig Blut, Antiseptika und die (Vor)Freude auf ein ganz besonderes Hautbild. Wie gut kann ich das nachvollziehen ???? Und der Duft ist der Knaller, meine Lieben!

room1015electricwood Your tattoos tell your story, your dreams and your protests… Your skin is clean, but not blank. Eau de Cologne does not erase black water. In a strum, BERGAMOT succumbs to BLACK PEPPER. CISTUS excites the top notes. CARDAMOM and an AQUEOUS NOTE float away and indelible ink warms the skin with SAFFRON notes that stay. RESINS and SUDERAL bleed over the heart. CASTOREUM structures the skeleton, deeply imprinting it with its animal fascination. A tribal scent, a mental decal.“

Die komplette Liste der Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Zitrone, Labdanum (Zistrose), Aquatische Noten; Herznote: Kardamom, Schwarzer Pfeffer; Basisnote: Hölzer, Safran, Wildleder, Castoreum.

Der Auftakt von Atramental ist zitrisch, leuchtend, strahlend, flirrend, prickelnd und dynamisch. Herb-säuerlich, bitter-frisch, aquatisch-kühl und saftig geht es zu, immer wieder durchbrochen von klitzekleinen metallischen Kanten – ist es die Tattoonadel, die immer wieder aus dem scheinbaren Nichts ihren Weg ins Ziel findet? Medizinische Anklänge sorgen für Ernsthaftigkeit, als Gegenpol dazu nehme ich ein Arrangement aus feinsten warmen Wildledernoten und subtil animalischen Akzenten wahr. Atramental schillert wie ein Chamäleon in den unterschiedlichsten Farben und Duftnuancen, verändert sein Auftreten sekündlich. In der Tat kann ich die Tintenanmutungen erkenne, so wie ich sie auch in Comme des Garçons Nummer 2 als auch in Odeur 71 entdecken kann. Safran spendet seine ihm eigenen trocken-herb-fruchtigen Noten, Kardamom zeichnet ein leises Grün und Pfeffer akzentuiert, den Duft immer wieder brechend und Ambivalenz schaffend. Erinnert mich ein wenig an den Prozess des Tätowierens, das Innehalten, die Konzentration, der mal leise und mal doch nicht zu ignorierende leichte Schmerz sowie die Vorfreude auf das Bild, der Stolz danach, wenn es fertig ist.

Inside Room 1015 With Tamara Santibanez from Room 1015 on Vimeo.

Atramentallow

Atramental ist – modern. Und minimalistisch, aber dennoch komplex und äußerst vielschichtig. Ein Duft, der absolut unisex ist. Spannend, charakteristisch und geheimnisvoll. Und ganz bestimmt nicht nur für Tattooliebhaber geeignet 😉 Aber – wer Tätowierungen liebt, wird, wenn er sich auf Atramental einlässt, erkennen können, welch schön skizzierte Huldigung der Duft ist.

Einen schönen Tag Euch, viele liebe Grüße und bis morgen,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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