Barbar, auf zum Barbier!

Morbus Waldschrat ist heilbar. Wie man dem Weihnachtsmann-Look entkommt.

Männers, was ist los mit Euch? Überall schießt und sprießt es in den Gesichtern, die Rasierer wurden auch in meinem Freundeskreis eingemottet, um dem enthemmten Treiben der Natur freien Lauf zu lassen. Ich gebe zu, ich habe es auch einmal spaßeshalber mit einem Schnauzbart versucht. Grund war ein gewisser familiärer Druck. In der Familie väterlicherseits wird der Biró-Schnauzer kultiviert, es mag zur ungarischen Folklore gehören, sich einen zünftigen Pet?fi-Rotzstopper stehen zu lassen. Mir stand der Pornobalken definitiv nicht, was selbst die magyarischen Altvorderen einräumen mussten. Was aber hat es mit dem Vader-Abraham-Gedächtnis-Look auf sich? Urbane Lumbersexuals (die Fortsetzung des Metrosexuellen mit den Mitteln des Holzfällers) im karierten Flanellhemd, Pixelfarmer und Bildschirmhacker, die ohne WLAN in der Natur wahrscheinlich nach zwei Stunden verhungert wären. 😉 Schon die Römer haben die frohe Kunde der gepflegten Gesichtsrasur in die dunklen germanischen Wälder gebracht – nun ganz genau so war es wohl nicht, der Mann rasiert sich schon weitaus länger – aber für die Römer war ein glattrasiertes Gesicht ein Zeichen von Kultiviertheit respektive Zivilisiertheit als Abgrenzung zu den wilden Bartbarbaren. Man stelle sich ein solches Aufeinandertreffen vor – immerhin ist der Witz alt genug für einen langen Bart: Römer kneift Germanen liebevoll in die Backe: „Na, bei der Geburt den Rahmen mit herausgerissen?“ Die Antwort kam sicher mit der Axt, womit wir wieder beim Holzfäller sind. Genug gefrotzelt, kämmen wir uns die Essensreste aus dem Milben-Dorado und suchen wir konstruktiv nach flusenfreien Lösungen für die bürstigen Borsten.

Ob nun Bart ab oder doch Bartpflege, beide Lösungen lassen sich in einem der vielen Barbershops verwirklichen, die seit einiger Zeit allerorten wie Haare aus der Oberlippe sprießen. Leider habe ich hier keinen vor Ort, aber ich beneide alle, die einen solchen archaischen Rückzugsort für Männer genießen dürfen. Warum ich das alles erzähle … das Haus Penhaligon’s feierte unlängst seinen 145. Geburtstag, denn bereits in den 1870ern verschlug es den Barbier William Penhaligon nach London, wo er sein erfolgreiches Barbershop-Imperium aufbaute. Die weitere Geschichte ist bekannt; jedenfalls stellten uns Penhaligon’s anlässlich des Jubeljahres ihre Kreation „No. 33“ vor die Torte. Hoch sollnse leben!

penhaligons-no33

Die No. 33 hat meiner Meinung nach alles, was ein Barbershop-inspirierter Duft im Jahr 2016 haben muss. Er muss natürlich traditionell sein, darf aber nicht wie Charlton Hestons Rauschebart nach 20 Jahren Wüstenwanderung riechen oder sonst irgendwie vergreist vor sich hin muffen. Es muss ferner eine frische Aftershave-Cologne-Komponente geben, damit es nach der Rasur in den gereizten Hautstellen auch ein wenig spratzelt. Und tatsächlich sind gleich zu Beginn einige knackige Hesperidennoten am Start, doch nur als Vorhut. Daraufhin rollt ein facettenreicher Gewürz-Tsunami durch die Rasenflügel: Koriander, Muskatellersalbei, Zypresse, krautiger Lavendel, Pfeffer, grüne Noten. Hier und da schimmert auch mal etwas Vanille oder weiche Moschusnoten durch. No. 33 bleibt aber immer leicht – getreu dem Cologne-Grundsatz reduzierter Intensität – und zeigt Understatement und Zurückhaltung. Nach meinem Gusto hätte aber etwas mehr Druck dahinter sein dürfen.

Die Dufnoten
Kopfnote: Bergamotte, Orange, Grapefruit, Beifuß, Koriander, Muskatellersalbei, Zypresse
Herznote: Lavendel, Veilchen, Schwarzer Pfeffer, Ingwer, Jasmin, Rose, Maiglöckchen, Geranium, Safran, Kardamom
Basisnote: Ambra, Vetiver, Moschus, Moos, Tabak, Tonkabohne, Vanille, Zedernholz

Mein lieber Kollege Shane hat sich ein bisschen bei Photoshop ausgetobt, um mich zu lumbersexualisieren. Steht mir eigentlilch ganz gut, auch wenn ich ein bisschen wie Al aus „Hör mal, wer da hämmert“ aussehe.
beitrag-holzfaeller

Ich hoffe, es hat heute für einen Schmunzler gereicht, empfehlen kann ich vor allem den Herren der Schöpfung – ganz gleich wie stark behaart – die vorzügliche No. 33.

Bärtige Grüße
von Harmen

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

Ein Kommentar

  1. Avatar photo
    Ulrike Knöll
    20. Januar 2016
    Antworten

    😀 Der Blick stimmt noch nicht so ganz, werter Harmen – Du bist nicht cool genug um ein Nachfolgehipster zu sein. Und auch die Muckis hätte Dir Herr Shane mal noch ein bisschen aufplustern können. Aber – sieht definitiv besser aus als das Original, das Gott sei Dank nicht lange währte 😀 😉

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