Sissel Tolaas…

… ist unbestritten eine der interessantesten Personen in der Welt der Düfte. Ich bin mir nicht sicher, ob sie allen Lesern bekannt ist, deshalb war es mir ein Anliegen, Euch einmal auf sie und ihre Tätigkeit(en) hinzuweisen.

Wiki vermerkt zu der Wahlberlinerin Folgendes:

„Sissel Tolaas (* 1961) ist eine norwegische Künstlerin, Geruchsforscherin und Professorin. Fachübergreifend zwischen Wissenschaft und Kunst befasst sie sich mit der Erforschung von Gerüchen.

Leben: Von 1981 bis 1988 studierte sie Mathematik, Chemie, Linguistik und Kunst an den Universitäten von Oslo, Moskau, Leningrad, Oxford und Princeton und lernte insgesamt neun Sprachen. Seit 1990 baut sie ein Duftarchiv auf, in dem mittlerweile 7800 Düfte gelagert sind. Seit 2006 ist sie Professorin an der Harvard Business School für „unsichtbare Kommunikation und Rhetorik“. Sissel Tolaas erhält immer wieder Aufträge aus der Industrie, unter anderem von Louis Vuitton, Cartier, Estee Lauder, Sony und Universitäten. Mit ihrem Arbeitgeber IFF war sie an dem Film Das Parfum beteiligt. Sie hat in der ganzen Welt ausgestellt, unter anderem im MoMA in New York und auf der Biennale von São Paulo.“

Eine beeindruckende Biographie, ein unglaublich spannender Job und ein sicher sehr interessantes Leben – mit vielen interessanten Projekten, immer an der Schnittstelle zwischen Kunst, Wissenschaft und der Mode- und Parfumindustrie. Für ihr Projekt Body as Communication zum Beispiel sammelte Sissel Tolaas über Jahre den Schweiß von Phobikern und stellte diesen nachher aus – auf Gemälden, um Reaktionen zu provozieren und anzuregen, zu was auch immer. Im Magazin Brandeins lässt sich ein schönes Interview nachlesen, das unter anderem von exakt diesem Projekt erzählt, siehe hier:

„Kann man Angst riechen? Und wenn ja, wie reagieren andere auf diesen Geruch? Für das Projekt „Body As Communication“ besucht Sissel Tolaas seit sechs Jahren überall auf der Welt Menschen, die an Phobien, panischer Angst vor anderen Menschen leiden, und bittet sie, in krisenhaften Situationen ihren Schweiß mit speziellen Geräten aufzufangen. Die Moleküle dieser Ausdünstungen analysiert die Geruchsforscherin, um sie danach zu reproduzieren und als Öle in einer Wandfarbe in Galerien zu präsentieren. Freigesetzt werden die intensiven Schweißgerüche durch das Berühren der Wände, was zu drastischen Reaktionen führen kann. Etwa im Jahr 2005 in New York: „Der Sommer war extrem heiß. Und die Besucher trommelten mit den Fäusten wütend gegen die Wände, beschmierten sie oder verließen fluchtartig den Raum“, erinnert sich Sissel Tolaas mit offensichtlichem Vergnügen.“

Extrait.it hat bereits vor einiger Zeit ein nettes Interview mit Sissel Tolaas über ihre Tätigkeit(en) geführt, siehe hier:

Ende Februar diesen Jahres war Madame Tolaas nun auf der Design Indaba Conference in Capetown/Kapstadt, jener renommierten Designmesse, und trabte dort fröhlich durch die Stadt, um deren Gerüche zu entdecken:

Auf der Messe selbst entstand dann auch dieses Interview:

Interessant, oder? Kanntet Ihr Madame Tolaas? Und findet Ihr sie genauso faszinierend?

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

4 Kommentare

  1. Simone
    21. April 2012
    Antworten

    Vielen Dank für Deinen interessanten Artikel.Ich hatte bereits von ihr gehört -parfumo sei Dank- und kann nun tiefer in die Materie eindringen, bin allerdings zwiegespalten:natürlich ist es faszinierend ganze „Duftwelten“ zu sammeln, andererseits werden wir über unser Unterbewusstsein mittels Geruch wohl schon sehr beeinflusst und ich habe die Befürchtung, dass die Entwicklung ähnlich wie beim Geschmackssinn verläuft, nur noch mit Verstärkern.
    Parfum spielt dabei natürlich in einer ganz anderen Liga; hier ist die Komposition ja gewollt.

  2. Avatar photo
    Ulrike
    24. April 2012
    Antworten

    Hallo liebe Simone,

    andererseits: Wieso sollten Firmen nicht Düfte als Bestandteil ihrer Corporate Identity aufnehmen? Tasten, Schmecken, Riechen galten immer als Sekundärfähigkeiten nach Augen und Ohren, den Primärsinnen. Das weicht sich gerade erst etwas auf – ich denke, da ist noch jede Menge Raum für Entwicklung. Gerade auch nach dem, was man über Düfte, ihre Verarbeitung im Gehirn und ihre „Macht“ weiß.

    Liebe Grüße,

    Ulrike.

  3. Simone
    24. April 2012
    Antworten

    Hm, ich verstehe durchaus die Stategie, da die meisten Leute von offensichtlicher Werbung häufig nur noch genervt sind, muss man sich etwas anders überlegen. Neuromarketing ist da wohl das Schlagwort.
    Zwei Sachen bringen mich dann aber doch ins Grübeln- zum einen die Zunahme von Allergien; bei einem beduftetem Supermarkt, bei dem ich nicht weiß, womit er beduftet wird, kann ich mich als Allergiker nicht schützen, zum anderen durchschaue ich gerne Werbestrategien ;-); das gelingt mir bei Farben (z.B. Obst und Fleisch), Platzierung, Schrift und Bild ganz gut. Diese Dinge sind mir bewusst. Ich werd eben nicht gern beeinflusst ohne, dass ich es merke.
    Vielleicht merkst du es: ich bin noch nicht ganz am Ende mit meinen Überlegungen und bin natürlich zwischen:“JAJAJA, gebt mir mehr Düfte!“ und „Nö, ich will nicht noch mehr künstlich aufgepepptes.“ gefangen.

  4. Avatar photo
    Ulrike
    25. April 2012
    Antworten

    Sicher trifft das in vielerlei Hinsicht zu, dass man nervige Werbung einfach „verlagert“. Andererseits sehe ich Neuromarketing aber auch als Chance an. Und die Einbeziehung von Düften nicht nur als „Übertölpeln“ der Psyche, sondern auch als einen weiteren Bereich, indem sich ein Unternehmen positionieren kann. Mit Signaturedüften, die nicht unbedingt Parfums sein müssen. Dazu gibt es dieser Tage im übrigen noch einen interessanten Artikel, über den ich jetzt aber gerade mal noch nichts verraten werde an dieser Stelle 😉

    Deine Bedenken hinsichtlich der eigenen Kontrolle allerdings, die kann ich sehr gut verstehen 🙂 Aber das funktioniert bei mir ja schon beim Düfte kaufen nicht wirklich oder zu 100% – je nach Perspektive 😉

    Liebe Grüße,

    Uli.

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