Andrea Maacks duftende Kunstwerke – Teil 2.

Die Isländer sind ein sehr unterhaltsames Völkchen – umso mehr freue ich mich, dass dieser Tage auch eine isländische Parfumkollektion in unserem Shop landete, die einzige, die ich bisher kenne und die ich Euch dieser Tage vorstellen mag.

Gestern hatte ich bereits mit Smart begonnen, dem ersten Duft aus der Kollektion der Künstlerin Andrea Maack, heute geht es mit Craft und Sharp weiter.

„Craft stands for Couture Art, drawing heavily on the originality of artists. This scent was created for a museum show to enhance the experience of a unique work of art, a hand made sculptural dress made from original pencil drawings. With Craft, you can feel the concentration, the charcoal colliding with paper and the sheer perseverance of the artist. As an homage to Haute Couture and unusual fragrances, Craft is a godlike scent for a once in a lifetime experience.“

Frau Maack mag also Mode – und trumpft ziemlich auf mit ihrem Versprechen einer einzigartigen Lebenserfahrung. Ich bin gewappnet und zücke gleich mal mein Röhrchen…

Craft stürmt einem entgegen – und rennt einen dabei fast um. Ausgewachsene metallische Noten, gezückte kalte Waffen, die gen Nase vordringen. Eiseskälte, klirrend – ob nun der Atmosphäre oder dem Stahl geschuldet. Beißende Aldehyde kreieren eine feucht-nasse und gleichermaßen säuerlich-fruchtig-unreife, aber subtile Aura, die die aufgewühlten Emotionen, die man hinter diesem bombastischen Eindruck vermutet, eloquent olfaktorisch darzustellen vermögen. Irgendwo in der Betrachtung dieses Geschehens wandelt sich selbiges aber, Stückchen für Stückchen. Eine schleichende Metamorphose, die, in was eigentlich mündet? Ganz sicher bin ich mir da nicht – entweder in einer Sauna, vielmehr: davor, nach dem Saunagang, am Fjord. Oder auch in einem Kloster welcher religiösen Ausprägung auch immer, nach der Meditation, von Schwaden von Räucherwaren umgeben. Ruhig wird es, und kontemplativ, erfreulicherweise auch ein wenig wärmer.

Sehr interessant, was Maack uns da serviert – obgleich ich den Zusammenhang mit dem papiernen Kleid gedanklich nicht hinbekomme. Dass Craft aber eine ziemliche Ausnahmeerscheinung ist und gewöhnungsbedürftig, das unterschreibe ich sehr wohl. Die Ingredienzen möchte ich Euch nicht vorenthalten – Aldehyde, Elemiharz, „kaltes Metall“, Eis, Zedernholz und Patchouli flossen in die Phiole. Schwefel hätte eigentlich auch noch ganz gut hineingepasst – riecht es doch überall in Island danach, auch und gerade aus dem Wasserhahn.

Der nächste Duft ist Sharp:

„Sharp was made for an art exhibition to accompany an artisanal dress with drawings carved into the material, creating a repetitive signature pattern. The precision of the artwork can be found in the essence of this scent, within the delicate layering of notes, which sharpen as the perfume is dissected. Sharp is a statement piece, an attention seeker – you will never go unnoticed whilst wearing it.“

Aufmerksamkeit zieht Sharp also an und ihm wohnt ein Moment der Wiederholung inne – was ja nicht unbedingt etwas Schlechtes sein muss, wie ich nicht nur dank Kierkegaard weiß. Prägnanz leite ich daraus ab und, ja, Durchdringung. Bevor ich aber weiter brainstorme die Zutaten: Orangenblüte, Vanille, weißer Moschus, „Sanftheit“ und, man höre und staune, „Engelshaut“.

Für Harmen wäre die Sache jetzt klar: Björk in a bottle. Wir werden sehen… Vielleicht, vielleicht passt aber Björk gar nicht so schlecht, wie ich alsbald feststellen muss: Orangenblüte, süß-floral wie eh und je, in Kombination mit cremig-sahniger Vanille und watteweichem Moschus. Feminin und, würde Sharp hier verharren, lieblich, aber nicht weiter besonders. Sharp ist aber ein Chamäleon, entzieht sich und lässt wie eine Verführungskünstlerin alle paar Momente irgendeine unerwartete Facette hervorblitzen: Zu anfangs meinte ich eine Zigarette, eine verstohlen gerauchte, zu erhaschen, dann zeigen sich grasig-bittere Anleihen, die vermutlich zur niedrigwüchsigen isländischen Vegetation passen. Blüht da etwas, klein und zwischendrin? Ich vermag es nicht genau zu sagen, und schon geht es weiter. Herb-fruchtige Beeren wabern für einen kurzen Augenblick an meiner Nase vorbei, um Sekunden später wieder verschollen zu sein. Dafür meine ich jetzt Haarspray zu entdecken, das alsbald von verhaltenem Rauch verweht wird. Münden tut das Ganze auf meiner Haut in einer Art grasigem Neroli-Marshmallow.

Seltsam ist Sharp, eine eigenartige Interpretation, für die Björk in der Tat die richtige Patin zu sein scheint: Feminin, lieblich, mit einer gewissen Tücke, sprühend, auf eine gewisse Weise unstet, charmant, feinsinnig, bemerkenswert vertraut und fremd gleichermaßen.

Ich bin gespannt auf die letzten beiden Düfte der Kollektion, die morgen folgen – Ihr auch?

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Warrior von Blogman/Phillip Collier, Sauna von Marta Rostek, Björk auf dem Hurricane 2003 von Zach Klein, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

6 Kommentare

  1. Annette
    16. Februar 2012
    Antworten

    Liebe Uli,

    „Craft“ das ist – verblüffend. *verdutztguck*

    Direkt nach dem Sprühen war mir das viel zu süßlich.

    Dann fegte ein Aldehydsturm sondergleichen an, mit Spuren von flüssigem Haarfestiger, den ich auch eher als „kalt“ und durchaus als „metallisch“ empfinde, das bitzelte und biß aber auch in der Nase wie einer. Darauf kam geruchlich etwas angeschlichen in der Art von (aber da muß ich zum Verifizieren nochmal Mutters Nähkasten umstülpen): Schneiderkreide? Mhm, ich glaube schon.
    Das könnte also die Verbindung zur Mode sein… 😀

    Da hing ich bereits ziemlich sehr angesuchtelt bloß noch mit der Nase am Handgelenk.

    Im weiteren ein groooßes Fragezeichen. Einerseits war ich mir hundertprozentig sicher den Geruch zu kennen, gut zu kennen und bin andererseits nicht draufgekommen – bis ich in einem Kommentar „badedas“ gelesen habe.
    Isses aber nich‘! Es dämmerte Erleuchtung:

    Das ist die alte wilde Frische von Fa! (der Seife)
    *sehr-sehrblödguck*

    Untermalt von einer wunderbar sauber umgesetzen authentischen Zeder.

    Kann _das_ funktinionieren?

    Attacke der Aldehyde +
    Haarfestiger +
    70er-Jahre-Seife+
    Zeder
    ————————
    = Duft, zeitgenössischer

    Doch. Es funktioniert. *g*
    Vor allem weil sich das alles im weiteren Verlauf zu einer ruhigen, ausgeglichenen Zeder-(Elemi-)Harz-Mischung wandelt, der tatsächlich Meditatives anhaftet. (Patchouli fiel mir jetzt nicht wirklich auf. Eher war das weihrauchig, aber nicht die schwülstige Sorte, eher in die ungefähre Richtung: Kyoto von CdG)

    Frau Maack hat es aber geschafft dieser Kombination noch einen Extra-Hirnverdreher mitzugeben: eigentlich würde man bei Zeder/Elemi ja auf einen warmen Gesamteindruck tippen, gell? Das Ganze funktioniert vertrackterweise aber wie ein Kippbild zwischen warm/kalt. Ich jedenfalls kann mich nicht entscheiden 😉

    Leider: Craft ist bei mir ein sehr flüchtiger Geselle.
    Nach ungefähr einer Stunde ist nur noch der Hauch einer Zeder-Ahnung da, ebenfall schnell verblassend. Das olfaktorische kalt-warm Vexierbild wird aber jetzt zu einem fühlbaren. *?*
    Frau Maack?! Was zum….
    Ein eisiges Hitzegefühl auf der Haut, nicht unangenehm, gar nicht unangenehm, aber außerordentlich irritierend.

    (Nein, das ist ganz bestimmt keine allergische Reaktion.
    Im übrigen fiel mir auf die Schnelle jetzt nix Besseres ein, als das Ganze auch an der Wade zu testen. Das mit der Nase dranbleiben in der ersten Phase klappt da nicht, schade… 😉
    Das heiß-kalte Gefühl ist jedoch reproduzierbar.Wintergrünöl- und andere methylsalicylathaltige Salben können diesen Effekt zum Beispiel erzeugen. Deshalb auch ein Test an der Wade, da kenn‘ ich das von dem Zeug ausgelöste Gefühl)

    „Craft“ läßt mich durchaus beeindruckt, aber auch einigermaßen ratlos zurück. Als Duft ist es mir einfach zu schnell verschwunden. Aber als Konzept: grandios.
    Als Erfahrung: unbedingt!
    Wird als solche auch bestimmt wiederholt – das Gesamterlebnis (nein, hier kann man wirklich Gesamtkunstwerk schreiben) von Duft, Meditationsruhe und Temperaturverwirrung ist einfach so strange, das will ich nochmal!

    Die anderen von Frau Maack werde jedenfalls ich definitiv auch noch testen, ich bin überaus neugierig, was sie sich da hat einfallen lassen.

    Viele liebe Grüße!

    Annette

    ____________________________________________________________
    PS: Und hier noch ein witziger Fa-Seife-Gedenk-Link
    [inklusive Sound, und das _der_ von Klaus Doldinger(!) war, hätte ich jetzt auch weder gewußt noch gedacht…] *lach*
    Bitte schön:
    http://www.tv-nostalgie.de/sound/die%20wilde%20frische.htm

  2. Annette
    16. Februar 2012
    Antworten

    Hallo,

    habe gerade versucht einen Kommentar zu posten, klappt aber irgendwie nicht. Kann es sein, daß wordpress insgesamt heute spinnt (weil mir das vorher in einem anderen Blog beim Kommentieren auch bereits passiert ist?)

    Liebe Grüße,

    Annette

  3. Harmen
    16. Februar 2012
    Antworten

    Hallo Annette,
    habe gerade Deinen Beitrag zufällig im Spam-Ordner gefunden. Ich glaube, sobald man Links postet, steigt die Chance, genau dort zu landen 😉
    Liebe Grüße
    Harmen

  4. Annette
    16. Februar 2012
    Antworten

    Lieber Harmen!

    Inzwischen glaube ich, daß es unter anderem auch daran lag, daß genau im Moment des Sendens mein Computer die Verbindung kurz zurückgesetzt hatte (macht er manchmal, leider) – so daß das Abschicken von mir unbemerkt beim erstenmal ins Leere lief und dann _noch_ der Link dazu…herrje

    Hab‘ vielen herzlichen Dank für die Aufräumarbeiten in dem von mir hinterlassenen Wörtersteinbruchgemetzeldurcheinanderkatastrophengebiet 😉

    Vielleicht hat ja auch Frau Maacks interessantes Zauberwasser bei mir ein paar Synapsen durchknallen lassen *lach*

    Liebe Grüße und einen schönen Tag!

    Annette

  5. Annette
    16. Februar 2012
    Antworten

    Hier noch zwei Ergänzungen, die vorhin rausgefallen waren (ich sag doch, der Duft veranstaltet merkwürdigstes — was auch immer …)

    1. Ich habe selbst noch Schneiderkreide gefunden in meiner Nähkruschtkiste. Geruchsprobe ergibt: So am Stück, nein. Beim Auseinanderbrechen (ich muß bekloppt sein, aber im Dienst der Wissenschaft war’s eben nötig *g*): doch. Es ist ein nur sehr kurz aufblitzender scharf-stumpfer Geruch, der ebenfalls ganz leicht metallische Anklänge hat.

    2. Dieses Craft machte mich ganz kirre. Der Duft war ja zunächst sehr schnell verflogen, und blieb auch fort. Später war ich kurz auf dem Balkon, und siehe da, in der Kälte belebte er sich wieder. (Nach drei Stunden! Wie zum Teufel geht das?!) Zurück im Warmen: zack, war er wieder da, in abgeschwächter Form, die Aldehyde sanfter diesmal und insgesamt schneller zu den Holz-Harz-Räuchwerk-Noten übergehend. Wieder länger im Warmen verschwiand er erneut.

  6. Avatar photo
    Ulrike
    16. Februar 2012
    Antworten

    Herrlich, liebe Annette – Du drehst genauso Deine Runden auf der Suche nach vergleichbarem Duft wie ich 😉
    Ich praktiziere das auch häufiger, wenn ich weiß, DASS mich ein Duft an etwas erinnert, aber ich nicht die Assoziation habe, an WAS er mich erinnert… Das beschäftigt mich teilweise über Stunden hinweg, bis ich eine befriedigende Antwort gefunden habe.

    Die FA-Seife im übrigen kenne ich – nicht. Die Werbung ist aber herzallerliebst 😀 Und das Craft alle möglichen Assoziationen und Querverbindungen anregt war mir beim Test auch überaus bewusst 😉
    Das mit der eisigen Hitze ist mir allerdings nicht aufgefallen und den Wadentest finde ich ganz großartig 😉 Ich kenne dieses Gefühl lediglich von einem Duft – von Eau Radieuse, habe hier aber noch nicht näher nachgeforscht, was für einen chemischen Hintergrund es haben könnte. Einen allergischen (bei mir) hat es auf jeden Fall nicht.

    In der Tat lohnt sich allerdings ein Test der GANZEN Maack-Kollektion – ich war sehr positiv überrascht, je länger ich sie getestet habe. Zugänglich sind sie schwierig, werden aber immer besser, je länger man sich mit ihnen befasst.

    Viele liebe Grüße,

    Uli.

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