Liebestränke…

… sind ein seit der Antike ständig wiederkehrendes Motiv – wenn wundert es: Verführung, vor allem die Kunst(fertigkeit) dazu, ist ja überall im Spiel, wo es um Versuchungen jeglicher Art geht. Und wer lässt sich nicht gerne versuchen? Wie immer gestaltet sich aber das Zwischenmenschliche eben doch nicht ganz so einfach wie zu wünschen wäre. Deshalb hat man schon immer versucht, positiven Einfluss auf das Schmieden zarter Bande zu üben. Was heute je nach Geschmack und Budget mit Pheromonsprays und Rolexuhren veranstaltet wird, kam anno dazumal noch schlichter auf den Tisch – nämlich in Form eines flüssigen Liebeszaubers, den es zu trinken galt. In der Antike Philtron genannt wurde jener aus zahlreichen fragwürdigen Ingredienzen gebraut, man schreckte auch vor der Verwendung eigenartiger Bestandteile tierischen Ursprungs nicht zurück. Auch damals scheint der Bedarf an Liebeskontrolle schon hoch gewesen zu sein – der Einsatz der Tränke nahm solche Ausmaße an, dass man ihn irgendwann verbot und als Vergiftung bestrafen ließ.

Literarisch ist das Thema Liebestrank natürlich auch beliebt, denn wo die Liebe ist, da ist auch die unglückliche und/oder die unerfüllte Liebe vertreten: Herakles/Herkules und Deianeira und Tristan und Isolde sind nur zwei Pärchen, denen Liebestränke kein Glück brachten. In diversen Märchen spielen sie eine Rolle genauso wie im zur Zeit erfolgreichsten modernen „Märchen“ Harry Potter, Schlumpfinchen ließ sich auch einen brauen und bei Asterix und Obelix wird man sicher ebenfalls fündig.

Und irgendwie passt es da doch auch, dass sich die Parfumerie dem Thema ebenfalls zugewandt hat: Love Potion No. 9 ist der Name, den zwei Düfte von Penhaligon’s tragen, einer für die Dame, einer für den Herren. Wenden wir uns zuerst der Dame zu:

„Created in 1998, LP No. 9 for ladies is potent and addictive brew of sweet floral notes, spices and musk. It opens with a creamy accord of tarragon and lavender sharpened with a twist of lemon. The heart reveals the open sweetness of carnation wrapped in rich sensual base notes of cedar, spice & vanilla. The final effect is gorgeously soft and romantic, strange and beguiling.“

Der Name ist passend gewählt: Lavendel, streng-würzig und krautig vermittelt im sinistren Zusammenspiel mit Kräutern und scharf-pfeffriger Gewürznelke die Impression eines Kräuterweibleins vor seinem gut gefüllten Topf, in dem es brodelt und köchelt. Fast hypnotisch wirkt er, der Topf mysteriösen Inhaltes – … bis dessen Duft etwas abkühlt und versöhnlicher, weicher wird. Die Augen wenden sich ab und der Frau zu, für die der Trunk angefertigt wird? Oder deren Liebe man erwecken möchte? In jedem Fall entpuppt sich der Duft als solch romantisches Parfum, als krautig-floral-schüchterner Geselle, dass man sich an die holdesten Schönen in Märchen erinnert fühlt. Irgendwo im Hintergrund verbleibt eine leichte metallische Frische und die Kräuterschärfe bleibt ebenso erhalten, vermag es aber meiner Meinung nach, aus dem Duft etwas Besonderes zu erschaffen: Kein normales Blütenbouquet ist das hier, nein, Love Potion No. 9 ist wildromantisch und so ganz anders, das es mir wahrlich Freude macht. Die Basis rundet gelungen ab mit diffusem Unterholz, wärmend-cremiger Vanille und einer Prise Zimt, die die Schärfe des Duftes gekonnt aufgreift. Penhaligon’s haben mit ihrer Beschreibung also den Nagel auf den Kopf getroffen – mal sehen, wie es bei den Männern aussieht:

„Created in 1999, LP No. 9 for Men casts a spell of powdered darkness with its complex heart of ylang-ylang and spices. The fresh top notes of mandarin, bergamot and rosewood soon give way to the unusual floral and spiced heart. The seductive base notes are led by sweet vanilla and earthy patchouli with whisps of musk and amber creating sensual layers of warmth and mystery.“

Der maskuline Liebestrank ist meines Erachtens nach eine jener Perlen, die Penhaligon’s für die Männerwelt geschaffen hat: Neben meinen Favoriten Endymion und Opus 1870 haben die Engländer hier einmal mehr gezeigt, dass sie das Gespür haben, Klassisches mit einem erlesenen Twist, einer eigenwilligen Note zu paaren und damit zwar typisch englische, aber gleichermaßen besondere Düfte zu kreieren.

Fruchtig-saftige Mandarine mit einem leichten Bergamotteschimmer verschmilzt hier mit einem ineinander verflochtenen Blütenbouquet auf Rosenholz, von Zimt, Pfeffer und Muskat meisterlich süß-scharf kontrastiert. Die Basis bietet Vanille, Patchouli, Moschus und Ambra – nichts Neues, aber für obige Zutaten ein gelungener und wirksamer Abschluss.

Eine Wirkgarantie für die beiden Liebestränke kann ich genausowenig wie Penhaligon’s versprechen, allerdings bin ich mir sicher, dass Euch bei äußerlicher Anwendung Folgendes NICHT passieren sollte:

Der aus dem Jahr 1959 stammende Song Love Potion No. 9, im Original von der Band The Clovers, ist nämlich Namensgeber für die beiden Düfte – aber das dürften viele von Euch ohnehin schon gewusst haben 😉

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Evelyn de Morgan (1903): The Love Potion.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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