Nase auf Abwegen…

Schon mehrfach hatte ich hier das Thema angeschnitten, mit Freunden auch schon häufiger darüber debattiert: Ich bin überzeugt davon, dass Duftfans prinzipiell nicht nur ihrer Nase, sondern oft auch ihrer Zunge folgen, sprich: den früher als „niederen Sinnen“ bezeichneten Sinnen Geruchssinn als auch Geschmackssinn gleichermaßen frönen. Ich glaube, dass es wenige Menschen gibt, die olfaktorisch betont leben, ohne auch dem Geschmackssinn zugetan zu sein.

Was liegt da näher, als sich auch auf diesem Gebiete der Horizonterweiterung und, einmal Blut geleckt, ebenfalls der Ausdifferenzierung zu widmen? Ob es sich nun um Schokolade handelt oder Kaffee, Tee, Gewürze, Weine oder generell Alkoholika – viele Gebiete harren der näheren Beleuchtung und Erforschung. Was Kaffee angeht und Tee habe ich mich selbst bereits damit beschäftigt, auch mit Gewürzen hatte ich es schon. Vor allem Salze und deren geschmackliche Unterschiede, selbst bei bescheiden entwickelter Kochkunst, ließen mich lange nicht mehr los. Weintechnisch habe ich einiges gelernt, vor allem, dass man in meiner Region wieder Viertele (des Schwaben Wort für ein 0,25l-Gläschen Wein) genießen kann, da die jüngeren Winzer mittlerweile exzellente Weine fertigen und nicht nur untrinkbare, Verzeihung, Plörre. Zugegeben – einiges könnte ich noch lernen. Und würde das auch gerne, der Weinkurs ist seit Jahren immerzu schon „fast“ gebucht…

Whisky allerdings war immer so ein Thema, mit dem ich absolut nichts anfangen konnte. Ob es die Jugend war, die ihn mir verdorben hat? Jack Daniels-Cola, einmal zu viel? Ich weiß es ehrlicherweise nicht, ich weiß nur, dass mich Whisky immer kalt gelassen hat. Eklig fand ich „das Zeug“, da änderte auch der frühere Kumpel nichts dran, der Whiskys sammelte und ab und an Versuche startete, mir ein besonderes Tröpfchen zu kredenzen. Perlen vor die Säue – er konnte mich nicht dafür erwärmen. So lag der letzte Whisky-Genuss Jahre zurück – bis vor einigen Wochen.

Ich war zu Besuch bei einem alten Freund, zu dem ich erfreulicherweise nach über zehn Jahren wieder Kontakt bekommen habe. Er ist heute ebenfalls in der schreibenden Zunft, ist Chefredakteur einer Zeitschrift und pflegt nebenbei zwei besondere Hobbys: Er sammelt alte Waffen und spielt Dudelsack, weswegen er regelmäßig in Schottland bei alten Meistern Unterricht nimmt. Schottland und Dudelsack, jenes Kriegsinstrument der Männer – da ist natürlich der Whisky nicht weit: Eine ausgeprägte Leidenschaft für das „Wasser des Lebens“ kultiviert Herr D und bat mir natürlich das eine oder andere Schlückchen an – ein Angebot, das ich bereitwillig angenommen habe. Der Vorsatz lautete, auch hier endlich einen Zugang zu finden. Denn wieso sollte ausgerechnet mir Whisky nicht schmecken? Mir, die mir bereits bei den Beschreibungen mit „getrockneten Früchten, Ingwerkeksen, einem Hauch Schokolade, Rauch“ und so weiter bereits das Wasser im Munde zusammenläuft? Mir, die ich doch auch anderen sinnlichen Genüssen zugeneigt bin?

Begonnen habe ich an diesem Abend mit irgendeinem Einsteigerwhisky, dessen Name mir entfallen ist und der mir, wenn ich ehrlich bin, auch weder geschmeckt noch nachhaltig im Gedächtnis geblieben ist. Danach aber erzählte mir Herr D von seinem Lieblingswhisky: Ihm hätten es prinzipiell die härteren Whiskys angetan, die kantigeren, schrofferen, was ihm finanziell auch zum Vorteil gereiche – die meisten älteren und/oder teureren Whiskys seien milder, zarter im Aroma. Er aber bevorzuge die harte Gangart. Und als altem Fan gitarrenlastiger Musik hat es ihm ein Whisky besonders angetan, den er entdeckte, als er in einem Fachbuch darüber las, dass dieser „der Motörhead der Whiskys“ sei. Eine seiner Lieblingsbands führte ihn also zu seinem absoluten Lieblingswhisky, der „schon ziemlich speziell sei“.

Liebe Freunde, was für ein Euphemismus! Nach einem winzigen Schlückchen dieses Tranks musste ich bereits Tränen lachen. Ich hatte wohl mit geschmacklich Ausgefallenem gerechnet, nicht aber mit etwas, das SO schmeckt. Für Duftfans: Ich hatte das Gefühl, einen Drink aus Annick Ménardos extrem rauchigem Le Labo Patchouli 24 gemixt mit Andy Tauers altem Ledersattel Lonestar Memories zu mir zu nehmen, in den man noch einen kräftigen Spritzer Nostalgia, jener olfaktorischen Impression eines Autorennens (samt Gummireifen und Motoröl selbstverständlich), geschüttet hatte. Die Verstärker sind hier bis zum Rand aufgedreht: Volle Pulle Rauch, Torf, Motoröl und altes Leder satt. Alleine die Erinnerung daran lässt ein breites Grinsen über mein Gesicht huschen.

Ich bin mir sicher, das wird nicht mein letzter Ausflug in die Gefilde des Whiskys, denn ich glaube, auch wenn ich noch keinen Durchblick habe – derart intensive Geschmackserlebnisse mag ich noch mehr haben. Und Firmen, die so etwas herstellen, sind mir ja sowas von sympathisch.

Es grüßt Euch herzlich

Eure vollkommen angefixte Uli.

P.S.: Wie sieht es bei Euch aus? Was hat es Euch abseits der Duftpfade angetan? Und – seit ihr vielleicht auch Whiskyfans?

P.S.²: Besagter Whisky war im übrigen ein 10jähriger Laphroaig.

Bildquelle: Pralines Cut von photo&co,  Laphroaig Single Malt von Prashanthns, Laphroaig Distillery von Christopher Bruce, alles via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

8 Kommentare

  1. Eva K.
    27. Juli 2011
    Antworten

    Hallo Uli,

    stimme Deiner These zu, das Duftfans oft auch mit geschmacklichen Dingen experimentieren. Was für Dich das Salz, ist bei mir Curry. Habe mittlerweile quantillionen verschiedene Sorten. (c:=
    Und Laphroig finde ich grandios! Er kommt bei Bewertungen oft nicht allzugut weg, dafür ist er zu kantig. Ich liebe ihn! Und auch seinen großen Bruder den Lagavullin. Solltest Du auch mal probieren.

    Liebe Grüße, Eva

  2. Jutta L.
    27. Juli 2011
    Antworten

    Liebste Uli, herzlichen Glueckwunsch zur Entdeckung der Single Malts! Ich gehöre auch zu den Fans und der Laphroaig ist ein gar göttliches Gesoeff! Auch einer meiner Liebsten. Bei Whiskey finde ich die Aromenvielfalt so faszinierend – im English Shop in S. gibt es übrigens regelmaessig sehr nette und spannende Whiskeyproben, meistens Single Malts. Lieben Gruß, Jutta

  3. Margot
    27. Juli 2011
    Antworten

    @all
    Danke für eure Eindrücke! Ich hatte wohl ein ähnliches Erlebnis wie Uli und daher bin nicht soooo ein Whiskey-Fan. Allerdings schleich ich indirekt um den Laphroig immer mal rum, wenn er mir irgendwo über den Weg läuft.
    Danke Jutta für den Tipp in S. könnte man dann ja mal eine Whiskey- mit anschließender Dufttour, oder andersrum?, durch S. starten.
    War aber mal in einem kleinen Schnapsladen in einem Stadtteil von S. dort haben sie „schwäbischen“ Whiskey verkauft. Konnte man direkt aus dem Fass abfüllen lassen. Der war gar nicht so schlecht und ich wollte mich schon dran gewöhnen …. Dann kam allerdings die Verlegung meiner Arbeitsstätte und somit komm ich da nicht mehr vorbei. Weiß auch nicht, ob es den Laden überhaupt noch gibt 🙂

    LG, Margot

  4. Avatar photo
    Ulrike
    28. Juli 2011
    Antworten

    Curry? Auch ein tolles Thema. Aber irgendwie fühle ich mich da überfordert. Vielleicht sollte ich mal einen Artikel über meinen Besuch neulich im asiatischen Großmarkt schreiben? … 😀
    Das war auch so eine Geschichte… Uli vor 327 verschiedenen Kokosnussmilchsorten, überfordert. Kühlschränke voller Runkelrüben in Mannsgröße, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Dreitausend Gewürze und Currypasten, die mich vollkommen erschlugen. Und Enten(?)füße in der Tiefkühltruhe. Hatte ich erwähnt, dass ich Vegetarier bin, seit über zwanzig Jahren? 😉

    Whiskeyprobe wäre im übrigen toll, vielleicht sollten wir das mal gemeinsam machen Jutta?!? Wie wäre es? Margot hat es ja schon vorgeschlagen.
    Lagavullin ist notiert – wollte demnächst eh mal ein paar Flascherl kaufen und mich durchprobieren. Sonstiges, unbedingt zu Empfehlendes?
    Noch nehme ich Einkaufstipps entgegen 😉

    Liebe Grüße zurück,

    Eure Uli.

  5. Margot
    28. Juli 2011
    Antworten

    Liebe Uli,
    bei manchen von den Whiskey-Fläschchen wirst Du Dir sicher überlegen, ob Du nicht doch besser in einen Duft investierst 😀

    LG, Margot

  6. Jutta L.
    28. Juli 2011
    Antworten

    Liebe Uli, liebe Margot,

    wie wärs mit einer Probe bei uns? Wir haben eine ganz schöne Auswahl der gängigen Single Malts (Lagavulin, Laphroaig, Dalwhinnie, Oban, Highland Park, Talisker etc.) und trinken nur im Winter ab und zu ein Gläschen. Ihr könntet uns beim reduzieren helfen (das Thema kennen wir doch schon von Düften :o) )!
    In Verbindung mit unserem nächsten Treffen oder auch gerne vorher.

    Lieben Gruss
    Jutta

  7. Avatar photo
    Ulrike
    28. Juli 2011
    Antworten

    Oooh, ja! *hüpf*
    Ich will Whiskey-Nachhilfe!
    Und ich will wieder Menartauerostalgia zum Trinken haben!

    Will sagen – so eine Einladung würde ich doch glatt annehmen!
    Außerdem haben wir uns eh schon viel zu lange nicht mehr gesehen 🙂

  8. Margot
    28. Juli 2011
    Antworten

    Danke für die Einladung!
    Das sollte doch irgendwie zu bewerkstelligen sein!

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