Comme des Garçons ist einfach eine sympathische Marke, die sich selbst treu geblieben ist. Die Düfte sind konsequent außergewöhnlich, ohne dabei durchzudrehen. Auch in Sachen Preisgestaltung ist das Haus komplett auf dem Teppich geblieben und wird nicht zu den Inflationstreibern gehören. Ich finde, das Jahr 2025 sollte nicht zu Ende gehen, ohne dass ich Euch die letzten drei Veröffentlichungen wenigstens kurz vorgestellt habe. Es folgen drei Kooperationen, die es duftmäßig in sich haben.
Monocle – Scent Five: Syros – welcome to Hellas
Die Zusammenarbeit von Comme des Garçons mit dem Lifestylemagazin Monocle geht schon in die fünfte Runde. Kleine Rekapitulation gefällig?
- Monocle – Scent One: Hinoki
- Monocle – Scent Two: Laurel (Blogbeitrag)
- Monocle – Scent Three: Sugi
- Monocle – Scent Four: Yoyogi
Übrigens lohnt sich ein Blick ins Magazin. Es erwartet Euch eine bunte Mischung aus News, Wirtschaft, Kultur, Design, Mode und Reisen. Dieser offene, breit interessierte Blick in die Welt passt perfekt zum grenzüberschreitenden Design des Modehauses.

Der Name Syros erinnert lautlich nicht umsonst an das beliebte Rotationsschwein. Thema ist nämlich das östliche Mittelmeer, wo wir zielgenau in der Wiege der abendländischen Zivilisation landen. Die gleichnamige griechische Insel gehört zu den Kykladen im Süden der Ägäis. Parfümeur Antoine Maisondieu hat sich von der Urlaubsinsel inspirieren lassen und legt mit Monocle – Scent Five: Syros einen olfaktorischen Eindruck der Landschaft vor. Was hier mit Wildkräutern, Mineralien und Meeresluft umschrieben wurde, zeigt von Beginn an die Immortelle am deutlichsten und wird von Vetiver tatkräftig gewürzt und verwurzelt. Auch sonst stehen Kräuter und Gewürze im Mittelpunkt, auf aquatische Noten – ich bin ehrlich – wurde glücklicherweise verzichtet.
Syros ist ein großartiger mediterraner Kräuterduft mit einem gehörigen Schuss Sonne und Unbeschwertheit. Wer Immortelle mag und auch vor leichten Maggi-Assoziationen nicht zurückschreckt, dem sei der Duft ans Herz gelegt. Volltreffer!
Duftnoten von Syros
Kopfnote: Thymian, Kurkuma
Herznote: Immortelle (Italienische Strohblume), Vetiver
Basisnote: Patchouli, Weißer Moschus
Max Richter 01 – flüssige Meditationen
Kommen wir zur zweiten Kooperation mit der Nummer 01. Hier waren mehrere Köpfe an Duft und Verpackung beteiligt. Das Ergebnis eines Gesprächs zwischen dem deutsch-britischen Komponisten Max Richter, dessen Partnerin, der Künstlerin Yulia Mahr, sowie Adrian Joffe, dem Präsidenten von Comme des Garçons Parfums. Kreiert wurde der Duft von Guillaume Flavigny unter der Ägide von Christian Astuguevieille, dem Kreativdirektor von Comme des Garçons. Viele Namen, viele Beteiligte und eine erschreckend banale Aussage: „Der Duft lädt den Träger dazu ein, sich mit dem Duft als Medium der Erinnerung auseinanderzusetzen.“ Umso spannender die Kompositionsidee: „Eine ruhige Erzählung, komponiert in Richters einzigartiger Stimme. Der Duft konzentriert sich auf Objekte, die mit Richters Leben und Werk verbunden sind: Graphit, Vetiver, Zeder aus dem Resonanzboden eines Klaviers, Kolophonium für Geigenbögen, Transistoren und Magnetbänder.“
Max Richter 01 zeigt sich ein bisschen klassischer als der Vorgänger. Es dominieren kühler Wacholder, schwarzer Pfeffer und cleane Hölzer. Diese Kombination lässt mich unweigerlich an Aftershaves und Barbershops denken. Mit ihrem gewissen Anteil an Retrostyle und Nostalgie. Und genau das passt auch zu Richters Stil. Neoklassische, minimalistische Streicherarrangements mit elektronischen Elementen treffen auf meditative Stimmungen, Melancholie und Kontemplation. Die oben genannten Gegenstände aus der Welt Richters nehme ich so nicht wahr. Dafür ist der Duft doch zu rund und in sich abgeschlossen. Disruption ist nicht zu erwarten, ganz im Gegenteil: Ruhe und fließende Bewegungen. Perfekt für alle, die kontemplative Düfte mögen.
Duftnoten von Max Richter 01
Kopfnote: Wacholder, Kumin, Ylang-Ylang
Herznote: Schwarzer Pfeffer, Piment, Tagetes
Basisnote: Zedernholz, Vetiver, Patchouli
Vaquera Classique Perdu – vergessen und wiedergefunden
Wer wie ich kein Mode-Aficionado ist: Bei Vaquera handelt es sich um ein US-amerikanisches Modelabel, das für Anti-Fashion und Dekonstruktion steht. Schönheitsideale und Statussymbole werden überzeichnet und verzerrt und damit hinterfragt. Statement statt Luxus – mit einer politischen Haltung und aus der queeren Subkultur entstanden. Woran erinnert das? Ja, an Comme des Garçons selbst, wobei CdG auf einer abstrakteren Ebene bleibt.
Classique Perdu führt die Idee der Anti-Fashion in der Duftwelt weiter aus:
Ein Duft, der sich anfühlt, als hätten Sie ihn einst gekannt, dann vergessen und nun zufällig in einem Angebotsregal wiederentdeckt. Inspiriert vom Duft der Parfümwerbung in Modemagazinen der 90er Jahre, dem Duft frisch getrockneter Haare nach dem Duschen, dem Duft der Klimaanlage Ihres Autos aus Kindertagen und dem metallischen Glitzern eines Springbrunnens im Sommer.
Parfümeurin Suzy Le Helley hat mit Classique Perdu genau diese Vorstellung umgesetzt, äußerlich abgerundet durch eine Verpackung mit Styroporchips, die geradezu nach Abverkauf und Wühltisch schreien. Das Luxusprodukt Parfum wird als Ramsch oder zumindest Auslaufmodell inszeniert.
Ich muss grinsen: Die unverhoffte Dufterinnerung aus dem Sale-Regal duftet überaus frisch nach Schwarzer Johannisbeere und Tomatenblättern. Die versprochenen synthetischen Gerüche (im Pressematerial ist von einer Permanentmarker-Note die Rede) bekomme ich nicht so stark heraus, wie es der Text vermuten lässt. Ja, ein bisschen Shampoo oder Duschgel, da gehe ich mit, aber sicher nur die Ahnung eines Vintage-90er-Jahre-Dufts. Ein frisch-grüner Duft mit floralen und leicht synthetischen Anklängen. Für mich ist das: gute Laune pur.
Duftnoten von Vaquera Classique Perdu
Kopfnote: Lavendel, Tomatenblätter, Schwarze Johannisbeere
Herznote: Muskatellersalbei, Iris, Rose
Basisnote: Styraxharz, Sandelholz, Eichenmoos, Wildleder
Comme des Garçons 2025 – das Fazit
Das Haus hat dieses Jahr seine Kooperationen gepflegt, wieder drei spannende Düfte veröffentlicht und damit sein Profil geschärft. Syros hat mich am meisten überzeugt, da er ohne Postkartenkitsch griechische Insel- und Kräuteridylle zum Leben erweckt. Max Richter 01 schlägt leisere und fließend wirkende Töne an, meditativ, angenehm, mit einem Hauch Nostalgie. Trotz des revolutionären Ansatzes von Vaquera stößt Classique Perdu keine Idole vom Sockel und gibt sich vielmehr einer Erinnerung an die 90er hin. Auf ihre Weise ist jeder der drei Düfte einen Test wert. Welchen habt Ihr schon getestet? Ich bin gespannt auf Eure Eindrücke.
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