Die neue Transcendence Collection von Gravel mit den vier Extraits de Parfum Eau D’Ominance, Eau D’Aspiration, Eau D’Esire und Eau D’Evolution ist diese Woche Thema auf diesem Duftblog. In meinen letzten Beiträgen habe ich bereits ausführlich über die Kollektion und ihre Bedeutung für die Traditionsmarke gesprochen: ein Richtungswechsel, der – nach der behutsamen Restaurierung der Marke und der Klassiker aus der Ära Michael Knudsen – nur konsequent erschien. Eines war klar: Irgendwann muss ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Die vier genannten Düfte markieren diesen Übergang. Entstanden sind sie in Zusammenarbeit mit renommierten Parfümeuren und Parfümeurinnen von LUZI, einem Schweizer Dufthersteller. Die zwei Beiträge Die neue Transcendence Collection von Gravel – David Chieze im Interview und Eau D’Ominance von Gravel – Die Essenz von Stärke geben euch bereits einen guten Überblick über das Dufthaus Gravel, die Transcendence Collection und den ersten Duft Eau D’Ominance.
Heute widmen wir uns Mirella Pomina, die für Gravel das Extrait de Parfum Eau D’Esire kreiert hat. Die Parfümeurin ist bekannt für ihre fein austarierten, oft vielschichtig konstruierten Kompositionen. In unserem Gespräch erzählt sie von olfaktorischen Kindheitserinnerungen sowie dem kreativen Prozess hinter Eau D’Esire – einem Duft, der sich um das Verlangen dreht.
Liebe Mirella, kannst du uns bitte ein wenig über dich und deinen Einstieg in die Parfümerie erzählen?
Schon früh war ich fasziniert von der Pflanzenwelt. Dem Duft zerdrückter Blätter zwischen den Fingern, dem würzigen Aroma getrockneter Kräuter, blühenden Blumen in meinem Garten. Für mich waren das kleine, olfaktorische Geschichten der Natur. Über eine kleine Schweizer Kosmetikmanufaktur habe ich schließlich den Weg in die Parfümerie gefunden und begann als Trainee bei der Firma LUZI.
Was inspiriert dich – im Leben und in deiner kreativen Arbeit als Parfümeurin?
Inspiration finde ich überall: auf Reisen, in fremden Kulturen, bei einem Spaziergang durch den Wald oder auf einem Blumenmarkt, wenn sich dort alle Düfte wie zufällig vermischen. Gleichzeitig sind es oft auch Menschen, ihre Vielfalt und ihr Ausdruck, die mich bewegen.
Wie verlief der kreative Prozess für Eau D’Esire? Wo hat alles für dich begonnen?
Der kreative Prozess ist für mich immer eine Mischung aus Kunst, Chemie und Storytelling. Wir haben mit einem Moodboard gearbeitet – Farben, Bilder, Worte, die das Thema greifbar machen. Gemeinsam mit unserer Fragrance Design Managerin haben wir daraus Schritt für Schritt die Idee für Eau D’Esire entwickelt.
Was hat dich am Konzept von Eau D’Esire fasziniert – einem Duft, der das Verlangen einfangen soll?
Verlangen ist eine der stärksten menschlichen Antriebskräfte. Es ist ein komplexes Gefühl – süß und bitter, wild und zart. Diese Vielschichtigkeit hat mich von Anfang an begeistert. Ich wollte etwas erschaffen, das diese Ambivalenz widerspiegelt – eine Art emotionale Landschaft.
Und welche Rohstoffe verkörpern für dich Sehnsucht?
Es gibt nicht den einen Rohstoff, der nach Sehnsucht riecht – aber einige tragen diese Stimmung ganz stark in sich. Dazu zählt etwa Iris, mit ihrem pudrig-kühlen und eleganten Charakter. Oder Weihrauch und Myrrhe, die spirituell und meditativ wirken – wie ein Blick in die Ferne. Und Labdanum: warm, harzig, leicht animalisch – wie eine Erinnerung an vergangene Nähe.
Gab es ein konkretes Bild, eine Szene, die dich während der Kreation begleitet hat?
Wenn ich diesen Duft rieche, sehe ich einen kühlen Morgen vor mir. Der Blick schweift über das Meer – still, verheißungsvoll, und doch voller Sehnsucht nach der Wärme eines kommenden Sommertags. Dieser Duft fängt genau dieses Wechselspiel ein: zwischen Eleganz und Leidenschaft, zwischen kühler Klarheit und exotischer Tiefe. Ein Tanz der Gegensätze, getragen von Emotion und Erinnerung.
Wie würdest du selbst Eau D’Esire charakterisieren?
Für mich ist der Duft wie ein weites Land mit stillem Horizont. Er hat eine kühle, klare Struktur – fast mineralisch, wie ein weiter Himmel. Gleichzeitig ist er modern, aber geerdet. Elegant, aber nie glatt. Es ist ein Parfum, das sich zwischen Nähe und Distanz bewegt – genau das macht seinen Reiz aus.
Was macht Eau D’Esire für dich besonders?
Die Balance. Zwischen emotionaler Tiefe und futuristischer Klarheit. Der Duft wechselt Perspektiven und bleibt wandelbar – wie ein innerer Dialog, der sich nie ganz auflösen will.
„Diese Kreation lebt von olfaktorischen Kontrasten – Wärme und Kälte, Vergangenheit und Zukunft, klassische Eleganz mit einem Hauch Leichtigkeit. Ich stellte mir einen Reisenden zwischen den Welten vor, der Fragmente von beiden mit sich trägt.“
Welche Atmosphäre ruft der Duft hervor – und was wünschst du dir, dass Menschen empfinden, wenn sie ihn tragen?
Ich glaube, er ruft eine kühle Klarheit hervor, die auf sinnliche Wärme trifft. Er entwickelt sich, verändert sich mit seinem Träger oder seiner Trägerin – wie eine Reise. Ich hoffe, dass die Menschen, die Eau D’Esire tragen, sich einzigartig fühlen. Dass sie ihre Erinnerungen und Möglichkeiten auf der Haut spüren.
Zum Schluss: Wie siehst du die Zukunft der Parfümerie?
Wir stehen an einem Wendepunkt – technisch, kreativ und emotional. Konsumenten und Konsumentinnen wollen heute wissen, was sie tragen. Herkunft, Nachhaltigkeit und Ethik rücken stärker in den Fokus. Upcycling-Materialien, biotechnologisch erzeugte Moleküle und transparente Deklarationen werden wichtiger. Die Parfümerie wird zur künstlerischen Ausdrucksform. Limitierte Editionen, Kollaborationen und experimentelle Formate – etwa in Ausstellungen oder sogar in Virtual Reality – werden zunehmen.
Hast du einen Tipp für alle, die auf der Suche nach einem neuen Duft sind?
Nimm dir Zeit. Trag den Duft ein paar Stunden. Und frag dich: Was brauche ich gerade? Mut? Geborgenheit? Klarheit? Düfte können uns dabei unterstützen, das zu finden, was in uns schwingt – oder was wir gerade vermissen.
Lieber Mirella, vielen Dank, dass du dir Zeit für meine Fragen genommen hast.
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