Xerjoff & das liebe Oud – Alexandria II und Malesia …

… sind vor einiger Zeit bei uns im Shop gelandet. Asche über mein Haupt, dass ich sie erst jetzt rezensiere. Regelmäßige Leser wissen – ich liebe Oud. Auch nach all den Jahren noch, in denen es zu seiner heutigen Omnipräsenz gelangte. Manch einer hat die Nase voll, ich nicht. Oder zumindest – nicht wirklich. Einige Ouddüfte, einige viele habe ich schon gesehen und gerochen und kann es nicht verleugnen – man wird wählerisch. Es ist ja auch nicht so, als hätte ich nur einen Kandidaten in meiner duftenden Garderobe hier stehen. So muss es schon ein besonderer Vertreter seiner Gattung sein, um mich nachhaltig zu begeistern und/oder zum Schwärmen zu bringen.

Xerjoffs Oud Stars sind schon einige Jahre alt, kamen damals auf der Oudwelle angeschwommen, als noch nicht jeder Oud hatte, Oud aber dennoch schon verbreitet war – und hatten mich in Verzückung versetzt. Das tun sie bis heute. Al Khatt ist für mich immer noch eine sinnlich-sündige Offenbarung, ein indolisch-animalischer Jasmin-Oud, der keine Gefangenen macht, eine wahre Femme Fatale für den großen Auftritt am Abend. Mamluk, die Honig-Oud-Königin, die einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt – und mit ihrem Hauch Tier, dem angedeuteten, so augenzwinkernd-frech kokettiert. Und Fars, der wunderschöne, edle, elegante.

Eine meiner letzten Oudentdeckungen und -eroberungen war Piguets Oud Divin, das „böse Mädchen“, wie ihn die Inhaberin der Marke einmal im Vergleich mit seiner Schwester Oud Délice titulierte. Ich springe gerne kopfüber in diese Schublade, wenn ich dafür in diesem herrlichen Kaffee-Oud baden darf.

Nun aber gibt es drei weitere Oud-Düfte von Xerjoff, wovon ich im Augenblick nur zwei Proben vorliegen habe. Die Rezension von Ceylon, dem fehlenden, reiche ich nach, versprochen. Uns bleiben deshalb heute Alexandria II und morgen Malesia.

Alexandria II oder: die Geschichte des Begehrens

Alexandria IIAlexandria trägt seinen Namen natürlich dank der gleichnamigen Stadt in Ägypten, nach Kairo der zweitgrößten des Landes. Gegründet 331 v. Chr. von Alexander dem Großen entwickelte sie sich in den folgenden Jahrhunderten zu einem wichtigen Zentrum, war vor allem bekannt für ihren Leuchtturm, Pharos genannt, der zu den sieben Weltwundern der Antike zählt, sowie für ihre riesige Bibliothek. Nach der islamischen Eroberung Ägyptens Mitte des 7. Jahrhunderts verlor sie kontinuierlich an Bedeutung, bis sie sich Anfang des 19. Jahrhunderts, mittlerweile zu einem Fischerdorf „verkommen“, durch den Bau des Mahmudiyakanals sowie das Aufblühen des Handels mit Baumwolle wieder aus ihrer Bedeutungslosigkeit befreien konnte und erneut zum Handelszentrum wurde.

O. von Corven – „The Great Library of Alexandria“. Aus: Tolzmann, Don Heinrich, Alfred Hessel and Reuben Peiss. The Memory of Mankind. New Castle, DE: Oak Knoll Press, 2001
Original postcard: „Mahmoudieh Canal, near Alexandria.“ (Raphael Tuck & Sons). 5.5″x 3.5″. From the collection of Dr. Paula Sanders, Rice University. Via Wikipedia Commons, CC BY-SA 2.5

Alexandria II erzählt selbstredend von dem Glanz des alten Alexandria. Der Duft selbst hat aber noch eine ganz andere Hintergrundgeschichte, eine allgemeine, sowie eine ganz persönliche für mich. Es gab ihn bereits, und zwar vor Jahren. Sergio Momo, der Gründer, war wohl einer ganz besonderen Oudessenz hinterhergejagt und hatte sie gefunden, bei einem kleinen Hersteller, dessen Produktion limitiert ist. Momo kaufte einen Großteil des Ouds, das ihn so begeisterte, vielleicht auch alles – und schuf daraus Alexandria, der, flapsig ausgedrückt, „einschlug wie eine Bombe“ und bald darauf folgerichtig ausverkauft war. Die Kundschaft verfiel in Wehklagen, doch leider war eben exakt jene Ingredienz aufgebraucht, die Alexandria so einzigartig machte – jenes spezielle Oud.

Nachdem ich auf irgendeiner Messe vor Jahren dann einmal bei Classic Parfums, dem deutschen Vertrieb von Xerjoff, von den Oud Stars schwärmte und, wie es der Zufall so wollte, auch einen trug, versprach man mir eine Überraschung … und lieferte mir prompt eigenhändig ein paar Tage später ein kleines Fläschchen dieser Kostbarkeit, handabgefüllt, einige Milliliter. Eine klandestine Übergabe irgendwo in einer Seitenstraße eines Vororts der Schwabenmetropole. Ich habe ihn gerochen und ein Mal, zwei Mal getragen – und in meinen Giftschrank verbannt. Warum? Weil ich weiß, dass er so gut wie leer ist. Und es so furchtbar schmerzte, weil er so schön ist.

Alexandria IIIch zitiere die Stelle aus Nietzsches Zarathustra immer wieder gerne – „denn alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit.“ Vergänglichkeit ist schon, mit Verlaub, eine „Bitch“.

The Building of a Dream – damit wird der Duft beworben. Und für mich wird auch ein Traum wahr. Endlich. Alexandria ist wieder da. Alexandria II – hoffentlich so wundervoll wie ihre Vorgängerin. Oder sollte ich nicht hoffen? Für mein Budget wäre es sicherlich besser … dennoch … Sergio Momo scheint wieder ein Oud aufgetrieben zu haben, ein Oudöl, das ähnlich duftet wie das erste – und hat Alexandria neu erbaut.

Sie ist … zahmer als ihre Vorgängerin, weniger wild, dafür aber eleganter, sinnlicher. Worte, die man häufig verwendet, die hier aber über die Maßen zutreffen. Wohlige Wärme, die seidig wirkt und wie edles Kaschmir über die Haut fließt. Balsamisch wirkend, von zartem Rauch und dennoch auf eine Art und Weise Frische atmend, eine flirrende, prickelnde. Er wirkt glitzernd wie ein (samtbrauner!) Edelstein, wie ein kostbares Gewebe, das von unendlich vielen Juwelen durchwirkt ist, so, wie es damals die Herrscher trugen. Oder, übersetzt in die heutige Zeit: ein Kleid, über und über mit Pailletten bestickt. Es ist so ein riesiger Unterschied, wenn man einmal ein Kleidungsstück in den Händen hielt oder gar zu seiner Garderobe zählte, das aus einem Couture-Haus kommt, von einer der großen Marken, die ihre Pailletten noch (mehr oder weniger) von Hand aufnähen. Dieser Glanz, dieser Schimmer, dieses Glitzern, das so lebendig wirkt.

Alexandria II betört als Ganzes, es ist fast unmöglich, den Duft in seine Einzelteile zu zerlegen. Warm ist er, ein moderner Orientale von einer unendlich zarten und erotischen Süße und Würze. Mit dem Oud verhält es sich ähnlich wie mit gutem Whisky: Je älter, desto milder. Heißt aber nicht, dass es weniger komplex zugeht, ganz im Gegenteil!

Es gibt sie da draußen, jene Oudzögerer wie meine beste Freundin F., die sich allerdings dann doch hin und wieder für Oud erwärmen kann – eben ganz genau in jenen Fällen, wo es jene Milde aufweist, jene dennoch überaus charakterstarke. Liebe F. – Du musst testen. Und all Ihr anderen auch. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man Alexandria II nicht mögen könnte, ja, nicht lieben und begehren wird!

… ich hatte es befürchtet: Er muss her. Es ist nicht zu ändern, Alexandria II wird demnächst bei mir stehen. Muss.

Morgen geht es weiter mit Malesia – bis dahin: Haltet durch im Rest-Weihnachtsstress, bald haben wir es geschafft 😉

Viele liebe Grüße

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Conrad Pia Margarete
    23. Dezember 2017
    Antworten

    Ich trauere immer noch dem wundervollen schweren incense von Norma Kamali nach: sehr dunkel, sehr schwer, ölig, Weihrauch, Oud und Opoponax ………. ich habe es geliebt ……. und suche es noch immer ………..

    Frohe Weihnachten ????

    Pia Conrad

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