Hiram Greens Dilettante – (K)Ein Fachmann am Werke?

Ein Artikel über Dilettante von Stephanie Biró? Nanu, ein neuer Name? Keine Sorge, Harmen hat sich über das Wochenende nicht in eine Frau verwandelt. Er ist noch ganz der Alte. Als seine Ehefrau kann ich das bestätigen. Ehrenwort! Es ist vielmehr so, dass ich ein kleines Comeback hier im Duft-Tagebuch feiere, werde ich doch in den nächsten Wochen meinen Göttergatten beim Schreiben der Duftrezensionen ein wenig unterstützen. Der geneigte und langjährige Leser mag sich vielleicht noch an mich erinnern. Bereits im Jahr 2010 ging so manche Rezension auf mein Konto. Aus beruflichen Gründen konnte ich damals leider nicht weitermachen, obwohl ich von den vielen wunderbaren Düfte und der Schreiberei doch sehr begeistert war. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in, äh auf die Tasten zu hauen. 🙂

hiram green dilettante

Es duftet in Gouda

Für mein Comeback habe ich mir einen Duft ausgewählt, der mich schon rein namentlich neugierig machte, bevor ich überhaupt wusste, welche Duftnoten er enthält: Dilettante von Hiram Green. Doch bevor wir uns den Duft genauer unter die Nase halten, widmen wir uns zuerst dem kreativen Kopf dahinter: Hiram Green. Ein Name, der für mich irgendwie nach großer Literatur klingt und der ohne aufzufallen in einer Liste mit großen Schriftstellern des 19. und 20. Jahrhunderts genannt werden könnte: James Joyce, Samuel Beckett, Oscar Wilde, Ernest Hemingway, Virginia Woolf, Hiram Green… Doch Herr Green ist mitnichten ein alternder Schriftsteller, sondern vielmehr ein junger Mann, der sich der duftenden Kunst verschrieben hat. Nach einem Abstecher nach London, wo er eine Parfümerie namens „Scents Systems“ gegründet hatte, kehrte er vor einigen Jahren wieder in die Niederlande zurück, um sich voll und ganz natürlichen Düften zu widmen. So lebt und arbeitet er in Gouda und produziert dort von Hand hochwertige Düfte auf natürlicher Basis in Kleinserie.

Nach den Düften Moon Bloom, Shangri La und Voyage ist seine jüngste Duftkreation ist nun der besagte Dilettante. Die Duftnoten sind alle in der Kopfnote versammelt und lesen sich wie eine Ode an die Orange.

Duftkomposition:
Kopfnote: Orangenblüte, Petitgrain, Neroli

Hiram Green schreibt zu Dilettante folgende Zeilen:

Es ist der Sonnenschein, der auf den Regen fällt, und der Regen fällt auf den Sonnenschein …

Inspiriert von den einfachen Freuden wie einem Spaziergang durch einen erleuchteten Garten nach einem Schauer, feiert Hiram Greens Duft „Dilettante“ auf zauberhafte und leichte Art und Weise den Sommer.

Er basiert auf einem Triptychon aus Orangenblüte, Petitgrain und ätherischem Orangenöl. Dilettante ist ein ganz natürliches fruchtiges und florales Parfum, das durch und durch frisch und süß ist.

Orangen im weißen Kleid

Hiram Green Dilettante

Nun denn ans duftende Werk! Dilettante beginnt auf meiner Haut frisch aufgesprüht mit fruchtig-herben Orangennoten, die an die Schale der beliebten Zitrusfrucht erinnern. Rasant und intensiv folgen die Blüten. Weiß, berauschend und cremig wie ein Feuerwerk an Weißblühern treten Orangenblüten und Neroli in den Mittelpunkt des Dufts. Zarte grünliche Noten durchziehen das Zweierlei und sorgen trotz der weißen Übermacht für eine gewisse Leichtigkeit. Im weiteren Verlauf treten die weißen Blüten etwas in den Hintergrund. Krautig-würzige Orangennoten vereinen sich mit ihnen und lassen den Duft sanft und warm ausklingen. Insgesamt gesehen bzw. gerochen ist der Duftverlauf sehr engmaschig. Die einzelnen Komponenten verschmelzen auf meiner Haut beinahe ineinander, was ein Erschnuppern aller Einzelheiten recht schwer macht. Es erscheint mir wie ein Ringelreihen aus verschiedenen Orangennoten, in dem jede einzelne Ingredienz irgendwann im Duftverlauf an der Reihe ist hervorzutreten und sich im Kreise der anderen zwei zu drehen. Die Einheit des Orangendreierleis bleibt aber stets gewahrt. Dilettante ist ein heller und intensiv duftender Florale mit fruchtigen und grünen Anklängen. Ein sommerlicher und femininer Duft, der Fröhlichkeit und Lebensfreude ausstrahlt.

Dilettante oder Fachmann?

Im scharfen Kontrast hierzu steht der eher negativ belastete Name des Duftes. Um es mit den Worten des Schriftstellers Paul Heyse zu sagen: „Dilettant heißt der kuriose Mann, der findet sein Vergnügen dran, etwas zu machen, was er nicht kann.“ Und doch beweist uns Hiram Green, dass er eben solches nicht ist. Sein Duft ist fein nuanciert und ausbalanciert. Hier war definitiv ein Könner am Werke. Und vielleicht unterstreicht der Name Dilettante auch den Reiz des Duftes. Denn im namentlichen Einheitsbrei der sommerlichen Düfte voller „eaux“ und „étes“, voller „fleurs“ und „soleils“ ragt ein Dilettante doch deutlich hervor. Ein Name, bei dem man automatisch die Stirn kräuseln, die Lippen schürzen und nachfragen möchte, ob man sich nicht doch verhört hat, so ein Name bleibt im Gedächtnis und sorgt für Gesprächsstoff. Ganz im Sinne des Erfinders. 🙂

Nun hoffe ich, dass auch ich mich mit der Wahl des duftenden Dilettanten nicht als schreibender Dilettant geoutet habe. 😉

Ich wünsche Euch eine schöne Woche und bis bald,

Steffi

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

2 Kommentare

  1. Dorothea
    10. August 2016
    Antworten

    Welcome back, liebe Steffi! Mit deiner Dzongkha-Rezension begann für mich das faszinierende Abenteuer Nischenduft, das „Falling down the rabbit hole“ 😉
    Dem Duft bin ich bis heute treu geblieben, auch wenn er in meinem Parfumschrank mittlerweile viele andere Mitbewohner hat…
    Unter anderem auch Shangri-La von Hiram Green, der zu einem meiner Lieblingsdüfte geworden ist. Beim Dilettante habe ich allerdings so meine Bedenken, Orangenblüte gehört leider zu den Duftnoten, mit denen man mich jagen kann…
    Ich werde ihn trotzdem mal testen, in der Hoffnung, dass diese Note nicht allzu dominierend ist…

    • 11. August 2016
      Antworten

      Liebe Dorothea,
      vielen Dank für Deinen Kommentar. 🙂 Es freut mich sehr, dass Du Dich noch an mich erinnerst und wir dank Dzongkha ja fast so etwas wie eine „gemeinsame“ Vergangenheit haben. 😉 Dzongkha ist wirklich ein absolut wunderschöner Duft. Ich bin mir sicher, dass er sich über seine Mitbewohner freut. Düfte sind in der Regel gesellig und für die Einzeldufthaltung nur bedingt zu empfehlen. 😉
      Shangri La konnte ich bisher noch nicht testen, aber ich hoffe, ich kann das bald nachholen. Die Duftnoten klingen auf jeden Fall sehr verlockend.
      Ich bin gespannt, wie Dilettante bei Dir ausfällt. Es kommt ja auch immer auf die Hautchemie an.
      Viele liebe Grüße,
      Steffi 🙂

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