Noch einen (vorerst) letzten Tag mit Phaedon …

… verbringen wir heute – ich hoffe allerdings, dass Herr Guillaume diese schöne Linie noch fortführt. Mir gefallen die Düfte, vor allem gefällt mir allerdings auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Heute haben wir vier Düfte vor der Brust, vielmehr – der Nase, nämlich Pure Azure, Rouge Avignon, Sable Marocain und Tabac Rouge.

„Pure Azure schafft es, uns hoch über die Klippen der Ägäis zu tragen, wo das kräftige Blau des Himmels im Kontrast zu den schneeweißen Dörfern der Fischer steht.“

Lasst mich raten … Feigen, Zitrusfrüchte vielleicht? Ja, aber sicher, seht her: Kopfnote: Feige, Orangenblüte; Herznote: Vanille, Gewürze, Jasmin; Basisnote: Tonkabohne, Salzige Noten.

… ich weiß, was Ihr jetzt denkt: Feigen hier, Feigen dort. Ich persönlich schätze Feigendüfte sehr. Und habe auch schon einige in meinem Repertoire, einige ganz unverzichtbare. Es gibt mittlerweile viele Feigendüfte auf dem Markt, trotzdem bleibe ich noch gespannt – und werde in diesem Fall nicht enttäuscht: Pure Azure ist toll. Der Duft ist eine Urlaubsimpression: Frische Meeresbrise, die, vanillegeküsst, gewürz-gewärmt und floral angehaucht die Schönheit der Umgebung transportiert und von dem nahen Wasser kündet, das man auch an den dezenten salzigen Anklängen erkennen kann.

Ein typischer Wohlfühlduft: Wärme, Sonne, Feigen, Grün, ein blauer Himmel und duftende Bäume und Sträucher sowie ein Klecks Sonnencreme – was will man mehr?

 

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Rouge Avignon ist soll „eine gotische Komposition“ sein, „so opulent und dunkel wie der Schatten des Papstpalastes, der Jahrhunderte und ganze Völker überdauerte“:

„Das Karminrot der päpstlichen Stola wird von einer vollmundigen und würzigen Rose interpretiert, die von Ylang-Ylang und Himbeeren facettiert wird. Die Herznote aus gewachsten Hölzern, Kakaobohnen, schwarzen Trüffeln und erdigem und rauchigem Vetiver führen uns in die privaten Kammern des Papstes. Vergoldete und religiöse Ornamente funkeln im Schein des Feuers, während graue Rauchschleier aus einem Räuchergefäß aufsteigen, in dem eine Mischung aus Sandelholz, Moschus und Ambra verglüht.“

Hui, das hört sich ja getragen an – und macht sehr neugierig: Rose, Himbeere, Kakao – das weckt sogleich Erinnerungen an Brûlure de Rose, die schöne erwachsene Gourmandrose von Parfumerie Générale … die ich leider nur mehr nebulös in Erinnerung habe, weswegen ich keinen direkten Vergleich wagen kann.

Rouge Avignon wird sicherlich viele begeistern: Zu plastisch und saftig sind die Himbeeren, zu köstlich der pudrige, dunkelbraune Kakao, zu samtig-dunkelrot die herrliche Rose. Trüffel vermag ich nur in der Hintergrundwürze zu entdecken, Vetiver dafür hüllt in leisen Rauch, währen die Basis Harzwärme stiftet und das süße Naturell des Duftes bestärkt.

Hach ja – ich mag es einfach: Erwachsene Gourmanddüfte. Nicht pappig, nicht über die Maßen süß, nichts für kleine pubertierende Teenager. Sondern reife, sinnliche Köstlichkeiten. Rose und Vanille gibt es so oft, gerne auch mal mit Früchten – ich habe keine Ahnung, warum man Rose nicht häufiger mit Kakao kombiniert? Aus dem Stehgreif fällt mir außer dem genannten Duft kein weiterer ein, ich bin mir sicher, allzuviele werde ich auch nach längerem Nachdenken nicht im Kopf haben. Schade eigentlich, denn dieses Duo aus samtiger, verhalten fruchtiger Rose und pudriger Kakaosüße ist einfach wahnsinnig köstlich – so auch hier!

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Sable Marocain, der marokkanische Sand: Inspiriert durch eine „prunkvolle marokkanische Fantasie, einem Reitturnier unter der brennenden Sonne.“ Das erklärt die zweite Beschreibung des Duftes: „So kraftvoll und majestätisch wie ein galoppierender reinrassiger Vollblüter.“ Araberpferde … ein Kleinmädchentraum, vermutlich nicht nur für mich, oder?

Ich tippe auf einen (hellen?) Orientalen mit ordentlich Harzen und animalischen Anklängen. Werfen wir zuerst einen Blick auf die Duftnoten: Kopfnote: Labdanum (Zistrose), Herznote: Zitrone, Ingwer; Basisnote: Kakao, Vetiver, Guajakholz, Copahu-Balsam.

Volltreffer, würde ich sagen – kommt genau hin 🙂 Fruchtige Ingwerherbheit in Verbindung mit Harzen, weich-würzigen, die irgendwo zwischen Wärme und Kühlheit oszillieren, kreieren in der Tat eine trockene Sandigkeit, immer elegant in der Balance gehalten durch zitrische Sprenkler. Kakao unterstreicht pudrig-zart und fein-süß, Vetiver haucht noch ein wenig rauchige Salzigkeit ein und Holz und Harz bereiten das warme Bett.

Für mich fällt Sable Marocain eher in die Sparte der holzigen Gewürzlinge mit kontemplativem Charakter als wirklich in die Duftfamilie der klassischen Orientalen. Dafür ist Sable Marocain auch zu modern, zu wenig opulent, was ihn mir ganz besonders sympathisch macht, da ich klasische Orientalen nur sehr selten (er)tragen kann.

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Tabac Rouge liest sich so, als könnte dieser Duft ein gelungener Abschluss einer sehr schönen Kollektion sein, zumindest für mich:

„Tabac Rouge ist eine typische Art-déco-Komposition. Türkischer Tabak und Weihrauch bilden den klaren, trockenen und perfekt balancierten Hauptakkord dieser Komposition. Wie auf den Bildern von Tamara de Lempicka ist die „Farbpalette“ schlicht, aber dennoch lebendig: Ingwer, Zimt und ein Tropfen Honig. In der Basis wir Moschus von den warmen und pudrigen Noten von Benzoeharz aus Siam verstärkt, um mit Ihrer Haut zu verschmelzen. Androgyn, stilistisch und luxuriös.“

Die Duftnoten: Kopfnote: Ingwer, Zimt, Honig; Herznote: Tabak, Weihrauch; Basisnote: Moschus, Benzoeharz.

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… ich bin verliebt! … war ja klar, zu viele Reizworte, ich weiß … Ingwer. Zimt. Honig. Tabak. Ich könnte fast die ganzen Duftnoten für mich als Reizworte deklarieren. Und genau wie versprochen duftet Tabac Rouge auch: Jene wundervolle Ingwerherbheit, die seltsam fruchtig-frische, sacht gewürzt von süß-scharfem Zimt und beträufelt von herrlichem Bienenhonig, gehüllt in einen sachten Rauchschleier. Mehr braucht es nicht für einen solch erlesen schönen Duft. Der muss her, es hilft nichts 🙂

… und was hat Euch neugierig gemacht? Kennt Ihr Phaedon Paris schon? Und was gelüstet Euch zu testen?

Viele liebe Grüße und ein schönes Wochenende,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Waltraud Seeman
    21. November 2014
    Antworten

    Liebe Ulrike, schön die Düfte, einen habe ich mir mal in die Wunschliste „beiseite“ gestellt. Aber jetzt merke ich mal etwas kritisch an. Immer wird bei Parfüms, fast immer, Kakao mit Schokolade verwechselt. Was seid Ihr bloß alle für Kochkünstler?
    Schokolade ist mit Kakakobutter, Zucker, Vanille, Mandeln, Chili, Pistazien und weiß dieser oder jener mit welchen Aromastoffen noch, aromatisiert und daher süß und duftend. Auch Trinkschokolade ist kein Kakao. Denn Kakao ist ein trockenes Pulver mit überhaupt keiner Süßigkeit, sondern mit einer besonderen Holzigkeit und je nach Sorte mit mehr oder weniger Bitterkeit. Erinnere Dich an selbstgebackenen Rührkuchen mit diesen bitteren dunklen kakaoversetzten Teigwolken, die werden durch hinzufügen von Kakaopulver erzeugt. Die Azteken etc. haben Kakao ähnlich zubereitet wie wir Kaffee. Es soll ein bitteres Getränk gewesen sein. Kann ich mir vorstellen. Wenn Du also von Kakao schwärmst als wäre es Schokolade, dann mache mal eine Expedition in eine Küche in der noch ein Päckchen Kakaopulver, Es sollte nicht zu alt sein, dann riecht es nur noch schwach, und schnuppere dran. Es gibt den Unterschied zwischen stark entöltem und schwach entöltem Kakao.
    Und nun: Eine schönes Wochenende, liebe Grüße, Waltraud

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