Das teuerste Parfum der Welt – Clive Christians No.1

Das teuerste Parfum der Welt … der selbst verliehene, aber keineswegs zu Unrecht getragene Titel des bekannten Parfums von Clive Christian bringt mich ein wenig ins Grübeln. Wahrscheinlich wird es Euch auch so gehen, dass bei der Bewertung eines Dufts in qualitativer Hinsicht der Preis weniger eine Rolle spielt. Natürlich sind wir alle nicht vor dem psychologischen Trick gefeit, bei einem höchstpreisigen Produkt auch dessen überragende Güteklasse anzunehmen. Man bekommt den Eindruck, dass es immer mehr Hersteller gibt, die genau dies anwenden. Nicht alle können jedoch auch die suggerierte hohe Messlatte erreichen.

Clive Christian Logo

Was kostet das teuerste Parfum der Welt?

Aber zurück zu Clive Christian. „No.1 – Imperial Majesty Edition“ lautet der Name des teuersten Parfums der Welt, das in der Preisklasse einer Immobilie mit rund 200.000 € zu Buche schlägt. Gerade einmal 10 Stück dieser Prachtstücke gelangten 2005 auf den Markt. Sieben befinden sich in Privatbesitz, drei hingegen werden ausgestellt. Wer also einmal diesen handgefertigten, aus französischem Baccarat-Kristall geformten Flakon besichtigen möchte, muss sich entweder nach New York ins Luxuskaufhaus Bergdorf Goodman begeben. Oder zu Roja Dove Haute Parfumerie, welche sich im Harrods befindet, oder man muss Glück haben und den letzten Flakon besichtigen, der überall auf der Welt gezeigt wird. Ob das heute noch genau so der Fall ist, konnte ich nicht herausfinden. Andere Quellen sprechen auch davon, dass nur fünf Flaschen zum Verkauf freigegeben wurden, von denen man drei tatsächlich verkaufte. Übrigens gehörte die persönliche Lieferung in einem Bentley zu den inbegriffenen Versandkosten dieses Artikels.

Das teuerste Parfum der Welt – Clive Christian No.1 'Imperial Majesty'

Wie kommt der Preis zustande?

Ein kaum unbedeutendes Detail der Verpackung mag der 18-karätige Goldrand sein und der 5-karätige Diamant, sicherlich regelrechte Preistreiber in der Vorkalkulation. Aber auch der Duft selbst, der es 2006 tatsächlich als teuerstes Parfum der Welt ins Guinness-Buch der Weltrekorde schaffte, enthält durchaus kostspielige Ingredienzen. Clive Christian nannte vor allem zwei Inhaltsstoffe, die den wesentlichen Teil der Kosten ausmachen. Zum einen sei es das natürlich gereifte Sandelholz aus Indien, zum anderen Tahiti-Vanille. Bei letzterer sei es wie folgt: Die Vanilleschoten fermentieren, und es bilden sich winzige Kristalle an der Außenseite der Schote. Aus diesen Kristallen wird schließlich der Duft extrahiert, nicht aus der Schote selbst. In der Tat, das klingt recht arbeitsintensiv unter großer Ressourcenknappheit.

Wie duftet Clive Christians No.1?

Heute habe ich mir die preiswertere Herrenvariante von „No.1“ vorgenommen, zu der verschiedene Duftnotenangaben durchs Netz geistern. Ich halte mich an die aktuellen. Dieser Duft ist übrigens auch als „Pure Perfume“ erhältlich.

Die Duftnoten
Kopfnote: Bergamotte, Limette, Mandarine, Kardamom, Muskatnuss, Thymian, Piment, Absinth, Pink Grapefruit
Herznote: Maiglöckchen, Provence-Rose, Jasmin, Ylang-Ylang, Heliotrop, Iris
Basisnote: Zedernholz, Sandelholz, Vetiver, Ambra, Hölzer, Vanille, Moschus, Tonkabohne

No1 Perfume 50ml

Kommen wir endlich zu „No.1 for Men“, der auf dem Duftstreifen sogleich mit zitrischen Noten beginnt, zudem ein wenig herb, sodass sich durchaus eine Grapefruit-Bitterkeit und die würzige Frische des Kardamoms wiederfindet. Der Kopf ist alles in allem frisch-würzig. Das Herz ist ganz den Blumen gewidmet, und von diesen wurden viele verschiedene reichlich hinzugefügt. Trotzdem entfaltet sich kein opulentes Bouquet. Wir haben es schließlich mit einem expliziten Herrenduft zu tun. Man vernimmt vor allem Maiglöckchen und Rose. Ob die Pudrigkeit der Iris oder der Basis zuzuschreiben ist, lässt sich ohne Weiteres nicht beantworten. Überhaupt steht der ganze Duft unter einem ausgeprägt pudrig-balsamischen Stern. Sandelholz, Moschus und andere Hölzer tun ihren Teil dazu. Auf der Haut unterscheidet sich „No.1“ nicht fundamental. Auch hier die zitrische Initialzündung, das florale Herz fächert sich ein wenig weiter auf und auch das pudrig-sauber-balsamische Finish heischt ein wenig mehr nach Aufmerksamkeit.

Die No.1 zusammengefasst

Ein wunderbarer Duft, der unter seiner pelzverbrämten Pudrigkeit – die ich einmal mehr als Understatement-Schale interpretieren mag – lauernde Energien und wahren Prunk verbirgt. In einer ganz einfachen Sprache wird eine Komplexität geboten, die weder erschlägt noch narkotisiert – sondern einfach da ist. Wer genauer riecht, wird sie entdecken. Wer nicht, wird einen angenehmen noblen Duft wahrnehmen. Ein echtes Kunststück, das Patricia Choux hier gelungen ist.

Wer glaubt, die Luxusausgabe von „No.1“ stünde in dieser Preisklasse alleine, täuscht sich. Das teuerste Parfum der Welt, das nicht in den Handel gelangte, also eine Privatanfertigung war, wurde laut Guinness-Buch mit $232,450 veräußert. Das ist aber wieder ein Thema für einen anderen Artikel.

Ganz viele Grüße von
Harmen

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

2 Kommentare

  1. Susanne
    17. Januar 2013
    Antworten

    Hallo Harmen,
    ein sehr diplomatischer Artikel!
    Dies war mein erster Gedanke nach der Lektüre – ganz ehrlich glaube ich auch, dass jeder, der sich immer wieder mit Parfums beschäftigt, häufig vor dieser Frage steht – wie viel ist denn nun ein Parfum wert, in barer Münze ausgedrückt.
    Aber wenn ich die Preise sehe, die Du in deinem Artikel auflistest, dann denke ich, dass diese einfach nicht mehr reell sind – und mit Diamanten besetzte Flakons tragen nicht zur Qualitätsverbesserung eines Parfums bei. Desgleichen möchte ich mir eigentlich lieber selbst einen Duft aussuchen – statt Lieferung in einer Luxus-Limousine.

    Ein weiteres Argument ist, dass es sicherlich auch beim Angebot von ALzD nicht immer so ist, dass ein sehr teurer Duft auch am besten auf der Haut zur Entfaltung kommt.
    Für mich persönlich ist „Amouage Dia“ einer der ganz großen Düfte – und von „Interlude“ war ich extrem enttäuscht.
    „Dama bianca“ von Yerjoff liegt auch für Nischendüfte im höheren Preisbereich – und ich würde ihn, obwohl ich den Duft sehr schön finde, nicht für „Daimiris“ eintauschen, der meiner Meinung nach noch viel reicher in der Entfaltung auf meiner Haut ist.

    Allerdings merke ich, dass bei mir – wahrscheinlich wie bei allen Kunden von ALzD – die Schmerzgrenze für Parfum recht hoch angesetzt ist. Und sicherlich können mir viele andere Leser zustimmen, wenn ich sage, dass auch in meinem Freundeskreis meine Parfum-Leidenschaft manchmal etwas belächelt wird – Argument: „es gibt doch auch preiswertere Parfums, die ganz gut schnuppern“ – das kann ich auch nicht widerlegen, denn ich habe die Erfahrung machen müssen, dass ein von mir verpönter Duft an einem Freund hervorragend riecht (hätte ich niemals gedacht).

    Nichtsdestotrotz werde ich auch weiterhin lieber einen neuen Duft ausprobieren als in einem neuen Restaurant zu Abend zu essen – man muss eben Prioritäten setzen!

    Viele Grüsse,
    Susanne

  2. Harmen
    23. Januar 2013
    Antworten

    Hallo Susanne,

    da kann ich allgemein nur zustimmen. Es ist halt einfach schwierig, objektiv zu beurteilen, wie viel ein Parfum wert ist, ganz unabhängig vom eigenen Gefallen. Da kommen die Rohstoffe, die Entwicklungszeit, die Vermarktung zusammen – ganz schnöde betriebswirtschaftliche Komponenten. Vielleicht muss man es einfach wie Du machen und entscheiden, wie viel der Duft einem selbst wert ist 🙂

    Liebe Grüße
    Harmen

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