Von Gottheiten & Engeln – Memos Shams & Lalibela.

Entgegen meinem ursprünglichen Plan habe ich mich dazu entschlossen, nicht nur die vier angekündigten und bereits besprochenen Memo-Düfte zu rezensieren, Moon Safari, Granada, Manoa und Shams. Lalibela gibt es auch noch mit dazu. Mir macht My Memo wieder einmal ausgesprochen viel Freude dieser Tage, deshalb durfte auch mein etwas aus der Reihe schlagender Liebling Lalibela nicht fehlen. Beginnen wir aber erstmal mit Shams:

„Shams – An Oud in the house of the Sun. Shams means “sun” in Arabic. Legend has it that the persian god mithras climbed into his gold-covered chariot at dawn and whipped his horses forward to pull the sun across the sky until dusk. But at nightfall, on the verge of disappearing from the horizon, the sun was swallowed by a man, only to return to life at dawn… The sun makes our hearts swell in a hand-to-hand combat of pepper, ginger and saffron. It dazzles with a thousand desires and gives us power over the days and hours. Everyone gets lost in its scintillating, unreal brightness. Intoxicated with warmth, it accelerates our stride and consumes us in its passion. The only guide in the house of the sun is the haunting music of Oud, its main chords of Tonka bean, its dreams of wood and its promises of glorious love.“

Der Hintergrund von Shams ist natürlich äußerst geschichtsträchtig und bis heute noch nicht vollständig erforscht: Der Mithraskult, von dem hier die Rede ist, erfasste große Bereiche Kleinasiens, später des ganzen römischen Reichs und lief mit seiner Popularität fast dem Christentum den Rang ab. In jedem Falle ist er älter als das Christentum und zählt zu den wichtigsten orientalischen Mysterienreligionen. Der persische Gott Mithra allerdings ist noch eine Kleinigkeit älter – er wurde erstmals im 14. Jahrhundert vor Christus belegt und war bekannt dafür, in einem goldenen Streitwagen durch den Himmel zu kacheln.

Soviel zur Gottheit. Der eine oder andere von Euch wird aber gleich schon gar nichts mehr vom Duft wissen wollen, wenn ich erwähne, dass es in allererster Linie ein Oud-Duft ist, der aus folgenden Ingredienzen gemacht wurde: Pfeffer, Ingwer, Safran, Vetiver, „Papier“, Tonkabohne, Birke, Tolubalsam, Styraxharz und Oud.

Ouddüfte gab und gibt es viele, ich weiß. Und ich weiß auch, dass viele von Euch den Trend satt haben. Ich nehme mich da ausdrücklich aus, ist Oud doch für mich eine meiner Lieblingsingredienzen, ich kann, werde und will immer neue Düfte dieser Richtung testen. All diejenigen, denen es in letzter Zeit ein bisschen zu viel wurde mit dem Oudgetöse auf dem Parfummarkt: DIESEN hier, meine Lieben, solltet Ihr trotzdem testen!

Denn Shams ist wirklich ein tolles Stöffchen: Pfeffrig im Auftakt leuchtet der so gut wie alle Facetten des Ouds aus – medizinische, holzige, kühle, harzige und sonderbar süß-warme Noten werden uns offeriert, von Pfeffer stetig begleitet und von einer schönen Harzaura umfangen. Die papierne Note lässt sich sehr gut erfassen und erinnert ein wenig an Meisterwerke wie Ménardos Bois d’Arménie für Guerlain oder by Kilians Pure Oud von Calice Becker aus der Arabian Nights Collection. Pfeffer und Papier vermengen sich im Laufe der Zeit zu einer rauchigen Trockenheit, die an Bibliotheken und vor allem Herrenzimmer erinnert. Diese Assoziation gefällt mir ohnehin sehr gut – ich finde, hier riecht es wie in einem Herrenzimmer, natürlich ohne Rauchverbot und mit Chesterfield-Ledermöbeln, in dem der orient-affine Besitzer ab und an außer Zigarren noch weiterem feinem Räucherwerk frönt. Schön!

Lalibela, meine unverhoffte Liebe, ist laut Beschreibung „a mystical rose“ und Namenspatron für den Duft ist die gleichnamige Stadt in Äthiopien: Auf über 2500 Metern Höhe gelegen ist sie weltweit für ihre elf monolithischen Kirchen bekannt, die im 12. Jahrhundert in Basaltlava gemeißelt wurden und heute zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören. Genauso wie die anderen Orte und Legenden, denen Memo seine Düfte widmet, steckt auch Lalibela voller Geheimnisse: 1001 Geschichte rankt sich um die mythenreiche Stadt – so auch die, dass die Erbauer der Kirchen Engel gewesen sein sollen, die eines Nachts vom Himmel herabstiegen, um ihr Bauwerk bis zum Morgengrauen zu verrichten.

Des Duftes Genese hat sicher ein wenig länger gedauert, aus Engelshänden könnte er aber ebenfalls stammen: Süß-würzige Kokosmilch und vanillig anmutende Orchideenblüten umfangen mein Näslein, alsbald von einem majestätischen Chor aus ehrfurchtsvollen Harzen eingerahmt. Labdanum und Weihrauch, von Hölzern begleitet, von Vanille im Hintergrund zart untermalt. Patchouli sorgt für den Tiefgang, während Tabakblätter ambriert wirkende Rauchigkeit beitragen. Und das Herz quillt über vor cremigem, überhaupt nicht indolischem Jasmin, fruchtigen Rosen und Pfingstrose, gebettet auf samten-harziger Wärme.

Lalibela ist – wollüstig. Opulent. Erotisch. Feminin. Überbordend. Verschwenderisch. Und so toll, dass gerade ein kleines Fläschchen her musste. Obgleich ich eigentlich gar nicht der Typ für Lalibela bin und weiß, dass ich ihn nicht oft tragen werde – dann aber mit höchstem Vergnügen!

In diesem Sinne – ein schönen Tag Euch und viele herzliche Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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