Die Schöne und das Biest: Noël au Balcon.

Heute geht es gleich weiter mit unserer neuen Rubrik „Die Schöne und das Biest“: Dreamteam Mariela & Harmen haben sich einem weiteren Duft aus dem Hause État Libre d’Orange angenommen – weihnachtlich passend: Noël au Balcon.

Mariela

Noël au Balcon startet gleich richtig: warmer Honig, gebettet auf Vanille mit einer etwas trockenen Mandarine. Eher wie Mandarinen- oder Orangenmarmelade, das spritzige Moment der frischen Früchte fehlt auf meiner Haut. Dann mischt sich der Pfeffer dazu und verleiht dem Ganzen eine dezent würzige Note. Der fruchtige Akkord wird mit der Aprikose auch weiterhin fortgesetzt, worauf die Blüten schön zur Geltung kommen. Der Zimt bleibt dezent im Hintergrund, begleitet das Ganze aber kontinuierlich. Durch Patchouli, Labdanum und Schwarzkümmel, den ich mir allerdings prominenter vorgestellt habe, bekommt der Duft eine warm-sinnliche Note. Ein schöner weiblicher Duft, der durchaus auch einen festlichen Charakter hat – allerdings kein leiser, er will schon im Mittelpunkt stehen, jedoch ohne jegliche verruchte Attitüde, meiner Meinung nach.

Noël au Balcon ist ein sehr warmer, ja man kann schon sagen weihnachtlicher Duft – schließlich ist alles vorhanden, was Weihnachten geruchstechnisch nun mal so ausmacht. Nur: Wie bringt man Weihnachten in einen Kontext mit Balkon? Und dazu dann auch noch die Dame in der roten Korsage, die das Parfüm schmückt?

Ich lasse mal die französische Redewendung „Noël au balcon, Pâques au tison“ beiseite und hoffe mal dass mein Mitstreiter darauf näher eingeht und bastele mir meine eigene Version…

Heiligabend. Sie hat sich in erregter Vorfreude auf den Abend schön und auch sehr erotisch zurechtgemacht. Sie ist allein, sie will ihre neue Liebe erst mal mit niemandem teilen. Er hat allerdings noch andere Verpflichtungen… vielleicht Kinder, die er an diesem Abend natürlich auch besuchen muss. Es wird immer später, die Kerzen sind schon etwas runtergebrannt, ihr neues Parfüm, das sie sich extra für diesen Anlass gekauft hat braucht schon fast eine Auffrischung und das Essen wartet seit Stunden auf die letzten Handgriffe. Vor lauter Verzweiflung setzt sie sich raus auf den Balkon um seine Ankunft zu beobachten. Im Hintergrund läuft das wunderschön-melancholische Album „waiting for the moon“ von den Tindersticks. Ob er noch kommt?

She’s my oblivion – still her around
Out on the balcony – she waits for me
Out on the boundary – she smiles

In diesem Sinne wünsche ich Euch ein frohes Fest inmitten im Kreis euer Lieben – Mariela.

Harmen

Jetzt ist „Noël au balcon“ an der Reihe. Ich greife nach dem Tütchen mit der Probe, öffne es, schnuppere ein wenig daran und bin etwas enttäuscht. Schon wieder so ein harziger Duft wie „Fat Electrician“. Nach kurzer Zeit stelle ich fest, dass es auch die Probe von „Fat Electrician“ war und nehme die richtige zur Hand. Immerhin habe ich ihn wiedererkannt.

„Noël au balcon“ – angesichts des Herstellers sind alle zweideutigen Assoziationen geradezu geboten. Das kleine Emblem des Duftes mit einer bereits leicht geöffneten Korsage lässt auch den wie ein Weihnachtsgeschenk verschnürten Balkon erahnen.

Auf dem Streifen nehme ich Vanillekipferl und Pfefferkuchen wahr – schlägt mir hier der Titel ein Schnippchen? Die weihnachtliche Vorfreude finde ich in frischen Noten wieder, und überlege, ob es sich um Orange oder eine andere Zitrusfrucht handelt – Zitronenmelisse etwa oder Zitronat in Früchtebrot? Der Unterschied auf der Haut ist frappierend. Die frischen Anklänge gehen völlig unter und eine warme, klebrige Süße drängt sich auf – Vanille und Marzipan. Jetzt bin ich neugierig, was in den Duftnoten steht:

Kopfnote: Mandarine, Vanille, Honig; Herznote: Orangenblüte, Aprikose, Roter Pfeffer; Basisnote: Patchouli, Moschus, Labdanum (Zistrose), Zimt, Schwarzkümmel (Nigella Sativa).

So weit daneben lag ich ja gar nicht! Patchouli kann ich selbst als alter Grufti nicht herausriechen, aber den Honig finde ich deutlich wieder sowie die Aprikose. Heute habe ich gelernt: Vertraue der Nase, aber niemals dem Teststreifen, dem Hund! Ich könnte mir vorstellen, dass schon so mancher Duft auf dem Streifen ganz edel, auf der Haut aber wie ein nasser, eben erwähnter Vierbeiner roch. Und wenn schließlich noch meine Meinung zu dieser Kreation gefragt ist: es soll ja ganz, ganz süße Männer geben, aber duften sollten sie nicht nach „Noël au balcon“ – ich sehe hier eher eine zierliche, leicht glühweinbeschwipste Frau mit „I mog di“-Lebkuchenherz um den Hals und ihr steht er sicher ganz vortrefflich.

Bildquelle: Christmas House von Erin Bird, Michel Bernanau (1968): Brigitte Bardot, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Mariela Verfasst von:

2 Kommentare

  1. fredi
    24. Dezember 2010
    Antworten

    Nun, ich kenne diesen Duft zwar noch nicht, aber nach Euren beiden Beschreibungen MUSS ich ihn schnellstmöglich testen!! So polarisierend wie hier zwischen Marielas Poesie und Harmens weihnachtlicher Backstube stellen sich für mich auch viele der anderen Etat Libre Düfte dar – ich denke da z.B. an Jasmin et Cigarette. Insofern bin ich sehr gespannt, ob dieser Duft auch etwas für mich ist. Vanille, Honig und Pfefferkuchen sind aber auf jeden Fall sehr anziehende Schlagwörter für mich – auch wenn man mich noch niemals glühweinbeschwipst gesehen hat! 😉

    LG, fredi

  2. Harmen
    7. Januar 2011
    Antworten

    Liebe Fredi,
    dann wird es aber Zeit. Falls Du mal am Bodensee unterwegs sein solltest, bekommst Du einen selbstgemachten Glögg 😉

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