Unendlich ist das Rätsel der Natur!

Unserem dritten Denksportartikel steht ein Zitat des deutschen Dramatikers, Dichters und Freiheitskämpfers Karl Theodor Körner (*1791 – †1813) vor. Wie wir mittlerweile wissen, sind nicht nur die Rätsel der Natur unendlich, sondern auch die der Parfumerie Générale-Düfte. Meine letzten beiden Rezensionen drehten sich bereits um die Kreationen des werten Herrn Guillaumes und so soll es auch heute sein. Diesmal sind es zwei an der Zahl, nämlich Cozé und Brûlure de Rose.

Beginnen wir ganz forsch ohne viel Vorgeplänkel mit dem Erstgenannten. Entstanden im Jahre 2002 ist Cozé laut Hersteller „woody, oriental and spicy, vibrant“ – also ein lebhafter holzig-würziger Orientale. Tja, namentlich ist der Duft wieder einmal eine gehörige Kopfnuss. Wie ich hörte, bringen ihn manche mit dem englischen Wort „cozy“ in Verbindung (zu deutsch: „gemütlich, kuschelig“), wobei ich nach einem ersten Probeschnupperer hier allerdings keinen wirklichen Zusammenhang sehen kann. Was mir einleuchtender erscheint (nein, jetzt kommt keine obskure Verschwörungstheorie, womöglich mit Außerirdischen oder ähnlichem. Keine Sorge!) ist eine Guillaumsche Abwandlung, eine Art Französisierung des englischen Verbs „to cozen“, welches nichts anderes als „ködern, betrügen“ heißt. Wäre möglich und klingt einigermaßen plausibel. Ein kleiner Lichtblick! 🙂

Natürlich trägt auch der Duft Cozé eine Nummer, nämlich die 2 (alles andere wäre ja auch seltsam beim Zahlenfreund Guillaume) und besitzt folgende Duftnoten: Cannabis, Pfeffer, Piment, Kaffee, Schokolade, Ebenholz, Bourbon-Vanille. Wieder eine Kreation, die mit dem verbotenen Inhaltsstoff Cannabis kokettiert, dabei haftet dem hier als Duftnote eingesetzten Hanfsamenöl soviel Illegalität und Verruchtheit an wie einem jungen Hühnerküken. Hanfsamenöl findet in vielerlei Bereichen Verwendung, beispielsweise als technisches Öl, in der Medizin, in Kosmetika und selbst in der Küche ist es nicht zu Verachten (nein, nicht aufgrund seiner beruhigend-berauschenden Wirkung, die hat es nämlich nicht), da es ein umfassendes Fettsäurespektrum besitzt und deshalb ernährungsphysiologisch für den Menschen besonders wertvoll ist.

Frisch aufgesprüht zeigen sich sogleich pfeffrig-würzige Noten, dunkel, trocken, mit krautigen Anklängen und irgendwie erdig-dreckig wirkend. Intensive tief-schwarze Holznoten erzeugen eine beinahe staubige Trockenheit. Während auf dem Teststreifen ab und an dezente Kaffee-Kakaonoten hindurchscheinen, fehlen diese auf meiner Haut völlig, dafür entdecke ich im weiteren Verlauf auf selbiger Teenoten und getrocknete Kräuter; ja, der Duft erinnert mich ein wenig an eine entschärfte Version des Wüstensohnes Harmatan Noir. Ich rieche wieder diese leicht-salzige und trocken-staubige Kühle. Obgleich Cozé auf meiner Haut transparenter wirkt als der Wüstensohn, empfinde ich ihn doch als irgendwie maskuliner als den neutralgeschlechtlichen dunklen Saharawind Harmatan. Und, wenn ich ganz ehrlich sein darf, nach und nach entwickelt sich Cozé auf meiner Haut zu einem Duft, der mich ganz stark an Enthaarungscreme erinnert. Meine Hautchemie scheint da nicht ganz optimal zu sein…

Brûlure de Rose, die Nummer 13, stammt aus dem Jahre 2003. Laut Parfumerie Générale handelt es sich bei der Verbrennung der Rose (so die wörtliche Übersetzung) um einen holzig-floralen Orientalen.

A stylistic composition dedicated to the Rose, surrounded by metallic and powdery tones.

Eine stilistische Komposition, die der Rose gewidmet ist; umgeben von metallischen und pudrigen Nuancen. Die Protagonistin des Duftes war in diesem Falle leicht zu bestimmen, kommt sie doch schon im Namen vor. Was es allerdings mit ihrer Verbrennung auf sich hat (unter „brûlure“ versteht man eine Verbrennung im medizinischen Sinne), bleibt ein Geheimnis, ein Rätsel – wieder einmal. Die Duftnoten der verbrannten Rose lassen mich aufhorchen: Himbeere, Rose, Kakao, Vanille, Ambra, Moschus, Palisanderholz. Habe ich mir doch vor nicht allzu langer Zeit einen äußerst leckeren Himbeer-Kakao-Roiboostee gekauft. Da bin ich doch gespannt, ob zwischen Duft und Tee Ähnlichkeiten bestehen.

Bereits vom ersten Moment an zeigt sich die Protagonistin in ihrer vollen Pracht. Zart-pudrige Rosennoten, jung und frisch, erzeugen bei mir spontane Sonnenaufgangs- und Morgentauassoziationen. Denn der Duft besitzt eindeutig wässrige Züge, ja, beinahe wie Rosenwasser. Eine weiche, hellrosa, beinahe porzellanfarbene Rose sehe ich vor mir, gerade im Aufblühen an einem noch kühlen Sommermorgen. Die Sonne scheint bereits durch die Wipfel hindurch, dampfend steigt der Nebel vom Boden auf; Gräser und Pflanzen sind mit Tau bedeckt, feucht ist die Luft und kühl, der Atem sichtbar. Ein romantisches Bild, ein ebensolcher Duft. Nach geraumer Zeit der rosig-pudrigen Einsamkeit entdecke ich plötzlich dezente Kakaonoten. Brûlure de Rose gewinnt ein wenig an Tiefe, wird dunkler, aber dennoch nicht dunkel. Cremig-buttrig erscheint mir der Kakao, nicht bitter, nicht herb. Tonangebend bleibt aber weiterhin die blühende Protagonistin, von deren wunderschön-authentischem Duft ich vollkommen begeistert bin. Endlich eine Rose ohne diese typischen Seifenanklänge. Gespannt warte ich auf die Himbeere, von der bisher noch nichts zu erschnuppern ist. Dafür entwickelt sich die Gourmandnote im Hintergrund zu einer ziemlich leckeren Angelegenheit: Vanille hat sich hinzu gesellt und akzentuiert die cremige Kakaobutternote auf vorzüglichste Art und Weise. Die Rose tritt schließlich in den Hintergrund, verschwimmt mit einer weichen Mandelnote; beinahe wie ein Dessert aus Rosenwasser und Mandeln, gespickt mit Vanille und Kakaobutter. Einfach köstlich!

Zwei sehr gegensätzliche Düfte, wobei mir persönlich der zweite besser gefällt, auch wenn ich die vom Hersteller angekündigten opulenten Dunkelrosennuancen (und auch die Himbeere) etwas vermisst habe, habe ich mich dennoch ein bisschen in die verbrannte Rose verliebt. Unschuldig und romantisch wie sie ist. 🙂

Einen schönen Tag wünscht Euch,

Eure Stephanie.

P.S.: Der Rosenduft hat übrigens nichts mit dem Tee gemein, der dann doch ein eindeutiger Schoko-Himbeer-Geselle ist. Kräftig schokoladig und extrem lecker! 🙂

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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