Frühlingsgefühle die Zweite …

Ich war zwar schon lange nicht mehr in einen Mann verliebt, bin es aber Jahr für Jahr im Frühling in – Kisu. Nicht nur, daß ich damals in London ganz begeistert von Tann Rokkas Einrichtungsgeschäft war, ich Asiatisches liebe und Kisu auf japanisch „Kuss“ heißt – Kisu ist einfach eine meiner ganz großen Duftlieben.

kisuIch weiß es noch ganz genau, wie ich in London bei Liberty of London stand und ihn zum ersten Mal auf der Haut hatte… und wie er mich Stunden später noch so fesselte, daß ich im British Museum weder aufnahmefähig noch aufmerksam war… was prompt mit einem Zusammenstoß endete. Aber gut – das ist nicht der Punkt. Ich mußte ihn damals haben, diesen Duft, und er ist einer der wenigen, wirklich wenigen Düfte, der mich vollkommen verzauberte und es auch heute noch vermag.

Tann Rokka geben als Ingredienzen Ylang-Ylang, Palisanderholz (Rosenholz), Zedernholz, asiatische aquatische Noten und warme orientalische Moschusnoten an. Das ist auf jeden Fall stimmig und einen Duftverlauf, einen kompexen, hat Kisu auch. Aber – ich empfinde es als furchtbar schwer, diesen zu beschreiben. Kisu ist weniger ein Bild oder eine Aneinanderreihung von Bildern als vielmehr eine Aura, eine permanent changierende. Fruchtig-floral aquatisch und irgendwie fremdartig präsentiert sich Kisu luzide, hell, transparent und annähernd transzendent. Hölzer, allen voran Zeder mit der ihr genuinen seifigen Sauberkeit kreieren eine unschuldige Frische, die fast unwirklich wirkt. Sehr japanisch oder auch: europäisch-japanisch das alles. Und wunderschön. Ich könnte auch nur „aaaaahhh“ sagen – hilft aber alles nicht wirklich, ihr kommt um einen Test nicht umhin aufgrund meiner in diesem Falle doch eher spärlichen Beschreibungskünste.

chateau_de_malmaison

Ein weiterer Frühlingskandidat ist – mal wieder Parfum d’Empire. Diesmal aber das Eau Suave, ein Duft, der mich jedesmal fast zu Tränen rührt so schön finde ich ihn. Ein Rosenchypre – vielmehr ist dazu gar nicht zu sagen. Aber was für eines… Aber vielleicht gibt es doch noch einiges zu sagen: Eau Suave ist eine Hommage an Joséphine, die Frau Napoleons, und an die Gärten des Château Malmaison, dem gemeinsamen Wohnsitz. Pflanzen waren Joséphines große Leidenschaft, vor allem Rosen, weshalb sie auch die Rosenkaiserin genannt wurde. Und Rosen sind es auch oder besser: deren verborgene, oft falsch verstandene und unterschätzte Seiten, die Parfum d’Empire-Gründer und Parfumeur Corticciato mit Eau Suave zum Vorschein bringen möchte: Deren pfeffrig-würzige Facetten mit Koriander, Safran und Pfeffer sowie diejenigen der fruchtigen Rosen mit Aprikose, Pfirsich und Beeren samt den typisch wässrigen Anklängen der wundervollen Teerose. Dieses Rosenbouquet ist auf Moosen und Patchouli gebettet, welche für den typischen Chyprecharakter sorgen. Dieser Garten ist eine ruhige, stille, in sich ruhende Insel, ein elegant und streng angelegtes Stilleben, dem trotz seiner klaren Form eine ganze Menge ungezügelte Emotionalität innewohnt samt eines melancholischen Hauches, der durch die noch taubenetzten morgendlichen Wege weht. Für mich unnachahmlich schön.

Eines meiner (einzigen) Lieblingsfrühlingsblümchen ist Quelques Fleurs von Houbigant. Allein dieser Name – einige Blumen… wie unprätentiös und bescheiden, wie schüchtern und schön. Genauso wie der Duft. Das Original stammt von 1912 und ist eine rares Kleinod der Belle Epoque, der goldenen Zwanziger. Und heute immer noch sowas von tragbar. Ein klassischer Aufbau mit Hesperiden in der Kopfnote, den Blüten im Herzen und einer sanft-warmen und holzigen Basis. Ein Beispiel für einen typischen, zeitlosen und rundum gelungenen Damenduft.

melonMimosa pour Moi ist ein weiterer meiner Frühlingslieblinge. Und läßt mich immer sentimental werden. Denn er erinnert mich an eine Szenerie aus den besten Teeny-Jahren: Bei perfektem Wetter verdammt verliebt am Baggersee, samt roter Luftmatratze und Picknickkorb mit Wassermelone sowie, nicht lachen – Ed von Schleck. Erinnert sich noch wer? Dieses rot-weiße Eis, Vanille mit Erdbeer war es glaube ich… Auf jeden Fall erinnert mich Mimosa pour Moi an unbeschwerte Jugend. L’Artisan Parfumeur gibt für den von Anne Flipo kreierten Duft Mimose (Blüte, Blätter und Stengel), Veilchenblätter und schwarze Johannisbeerknospen an – meine Nase riecht da aber noch viel mehr: Wassermelone oder vermutlich eher Honigmelone rieche ich samt gurkig-wässrigen Anklängen darüber hinaus. Und das alles macht Mimosa pour Moi für mich zu einem ganz unwiderstehlichen Düftchen.

Und dann wäre da noch Duchaufours Acqua di Parma Cipresso di Toscana. Ein wenig maskulin, ja. Allerdings mag ich das ja auch 😉 Krautig und holzig ist er mit einer fast aromatherapeutischen Wirkung, flankiert von ein paar Hesperiden und zarten Blüten, die die Hauptprotagonisten Zeder, Zypresse, Rosmarin und Co. sanft (ab)mildern. Ein strammer Naturbursche, für Männlein wie Weiblein gleichermaßen tragbar.

Soviel also erstmal zu meiner Frühlingsgarderobe – jetzt muß er nur bleiben, der Frühling!

In diesem Sinne viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Kanazawa Castle von anmapete, Château de Malmaison von Frank Schulenburg, Melon von Maare Liiv, alles via wikicommons und stockxchng, some rights reserved. Vielen Dank!

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

14 Kommentare

  1. Christiane
    4. April 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    ja, es wird Zeit, dass Frühling wird. Und Du hast es mal wieder geschafft: ich musste mir die vorgestellten Düften zum Testen bestellen. Und gleich der erste von mir aufgesprühte Duft – Eau Suave – ist traumhaft schön. Ich muss immer wieder an meinen Handgelenk schnuppern – obwohl das gar nicht nötig wäre. Er ist auch im Raum zu spüren, aber nicht erschlagend, dominieren. Einfach nur schön. Den muss ich unbedingt „in echt“ haben. Oh, oh und die anderen Düfte habe ich noch gar nicht probiert – wo soll das nur hinführen ;-)).
    Vielen Dank für den wie immer wundervoll geschriebenen Artikel und mein neuestes Suchtmittel.
    Liebe Grüße – auch an Deine Katzendamen –
    Christiane

    • Ulrike
      7. April 2010
      Antworten

      Die Weiber danken 😉
      Das freut mich sehr, daß ich es „mal wieder geschafft“ habe – obgleich der Hauch eines kleinen schlechten Gewissens mitschwingt 😉
      Aber das Eau Suave ist wahrlich wunderschön 🙂 Ich kann es mir sehr gut an Dir vorstellen, nachdem was Du über Dich schriebst 🙂
      Dann erstmal viel Spaß mit dem Frühling samt passendem Begleiter – liebe Grüße,

      Ulrike.

  2. Margot
    4. April 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    Cipresso di Toscana war auch bereits eine Saison in meinem Element, aber wie bekannt, es ist ein „Aqua Profumato“ und damit bin ich auch sändig am sprühen, weil es halt auch schnell verfliegt. Meine (Standard)-Favoriten, auf die ich mich seit einigen Jahren immer wieder auf’s neue freue und die einfach IMMER dabei sind. Das sind Cefiro (Floris) und Colonia Assoluta (Acqua di Parma). Jedes jahr kommt noch ein „Extra“ dazu. Im letzten Jahr war es EXCENTRIQUE pour femme von Paolo Gigli, wobei ich schwer mit mir gekämpft habe, da das EXCENTRIQUE pour homme auch nicht zu verachten ist. Habe aber für mein -pour femme- definitiv nur Komplimente eingeheimst. Irgendwie bin ich halt doch ein Gewohnheitstier und brauche nicht immer was neues sondern halte mich an altbewährte, bekannte Düfte. Um Neues und Unbekanntes zu testen habe ich ja ALzD und da ich nächste Woche Urlaub habe, werde ich wohl eine Spritztour nach Bruchsal unternehmen.
    Ach ja, übrigens -Ninfeo mio- habe ich auch getestet …. ich finde, da meint man immer, ein frisch gepresstes Glas Zitronensaft neben sich zu haben … alles andere war für mich kaum wahrnehmbar.
    LG,
    Margot

    • Ulrike
      7. April 2010
      Antworten

      Huhuu liebe Margot,

      da hast Du aber auch ein paar Schönheiten in der „Dauerschleife“ 😉 Ich kenne das, bin bei manchem auch echtes Gewohnheitstier, da ändern auch zig Flaschen mehr im Schrank nichts daran 😉 (die man ja aber trotzdem „braucht“…)
      Der Ninfeo Mio ein Zitronensäftchen? Ehrlich? Dann wird Dich meine Rezension, die noch kommende, enttäuschen 😀
      Bei mir auf der Haut kommt er gaaanz anders raus – werde aber jetzt auf jeden Fall parallel intensiv(er) testen.

      Liebe Grüße,

      Ulrike.

  3. Margot
    9. April 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    hach, was hatte ich einen schönen Tag in Bruchsal! Ist wirklich immer eine Reise wert! Hier auch nochmal meinen allerherzlichsten Dank an Frau Humbert, die unermüdlich immer NOCH was findet, das ich testen kann 🙂
    Habe nun mein Frühjahrskollektion um einen Duft erweitert, den ich nicht unbedingt auf meiner Liste hatte, der allerdings alles enthält, was ich mag und was mich für dieses Früh-Jahr frisch inspiriet: DelRae Roth – Eau Illuminée
    Schönes Wochenende und ganz liebe Grüsse,
    Margot

  4. Christiane
    10. April 2010
    Antworten

    Liebe Ulrike,
    nach einer Woche in Rosen Schwelgen (Eau Suave) habe ich auch den anderen von Dir beschriebenen Düften eine Chance gegeben. Oh, oh, noch mehr Schönheiten. Quelque Fleurs ist wunderschön und – für meine Nase – herrlich altmodisch. Das ist als Kompliment zu verstehen: elegant, pudrig, weich, sinnlich, märchenhaft… Und Kisu ist auch traumhaft – ganz anders, aber auch sehr sehr fein. Bloß beschreiben kann ich ihn auch nicht.
    Und was mach ich nun? ich kann kaum alle adoptieren.
    Ich glaube, ich muß mal für ne Weile auf Dufttagebuch-Entzug gehen…
    Obwohl, ich glaube, dass schaffe ich so wenig, wie mich auf einen/meinen Signaturduft zu beschränken. Immer auf der Suche nach dem Heiligen Gral.
    Liebe Grüße Christiane

    • Ulrike
      12. April 2010
      Antworten

      Och nein, Du kannst mich als treue Leserin doch nicht einfach verlassen!
      Bleib bei mir/uns!
      Ich verspreche auch, in Zukunft anständig zu bleiben und nicht anzufixen *dieFingerhinterdemRückenkreuzt* 😉 😉

  5. 20. April 2010
    Antworten

    Eau Suave ist wirklich ein besonderer Duft! Wenn die Rose nur sehr fein und grün wahrnehmbar ist, das Wasser… ist da eine volle, fleischige Zitrone? Wow…wow!
    Quelque Fleurs ist ein Klassiker.
    Ich muss mich nun entsinnen welchen Duft ich hier hatte (und verschenkt habe) von Miller Harris denke ich: Champagne und Blumen. Der hätte hier hervorragend gepasst – zwischen Suave und Quleque Fleurs.

    Ninfeo Mio ist leider nicht so fantastisch wie ich es erhofft hatte. Die liebe Hautchemie…

    • Ulrike
      22. April 2010
      Antworten

      Die liebe Hautchemie kann es einem manchmal richtig versauen, ich kenne das 😀
      Und daß Du Head-over-Heels in Love bist – nun, das kann ich auch gut verstehen. Das Eau Suave ist so eine stille (und unbekannte) Schönheit.
      Malerisch.

      Liebe Grüße und viel Spaß mit der neuen Liebe, so sie denn einziehen darf 😉

      Ulrike.

  6. 20. April 2010
    Antworten

    Moment, der Eau Suave ist GANZ viel Rose! Oh mein Gott, ich verstehe jetzt warum der Duft Dich zu Tränen rührt. Wahnsinnsbeschreibung, Kompliment!

  7. Margot
    23. April 2010
    Antworten

    Liebe Ulli,
    da ich zu den Gewinnern der Frühlingsdüfte gehörte, kam ich auch in den Genuss Kisu zu testen. Also ich weiß nicht, und bitte nun nicht böse sein, aber die Meinung kam auch von meiner Tochter (gerade 18 und eingentlich ein floraler Fan): Kisu ist für mich Lenor-Aprilfrische pur in konzentrierter Form. Bei diesem Duft kann ich keinerlei Verständnis für Deine Schwärmerei aufbringen. Sorry 🙂

    Jedoch hat mich das Eau de Glorie sehr positiv überrascht.

    Viele Grüsse,
    Margot

  8. Ulrike
    23. April 2010
    Antworten

    Huhuu liebe Margot,

    bei mir kommt Kisu ganz zauberhaft raus, es ist auch einer jener Düfte, für den ich sehr oft angesprochen werde, gerade auch von Fremden.
    Allerdings habe ich ihn auch schon bei anderen gerochen, er entwickelt sich doch auch sehr unterschiedlich. Eine Freundin von mir hat ihn auch – und liest GsD nicht mit, dann kann ich es ja sagen 😀 : Bei ihr riecht er meines Erachtens nach längst nicht so schön wie auf meiner Haut, weil er dort irgendwie stechend und warm wird…
    Tjaja, wie immer Geschmackssache und vor allem auch: Hautsache 🙂
    Eau de Gloire ist wirklich ein sehr nettes Düftchen, vor allem wie ich finde eben im Frühjahr. Schade, daß er nicht etwas bekannter ist…
    Das gleiche gilt auch für Deinen neuen Delrae Roth – Ich habe diesen Post erst gerade entdeckt – komisch.
    Es freut mich, daß Du einen schönen Tag in Bruchsal hattest – mir macht das Stöbern in den Regalen auch immer Spaß wenn ich dort bin 😉
    Und die Begeisterung für Eau Illuminée kann ich auch nachvollziehen – der ist echt schön 🙂

    Viele liebe Grüße,

    Ulrike.

  9. Katharina W.
    20. September 2012
    Antworten

    Bei Kisu dachte ich kurz nach dem Aufsprühen, daß er wie ein guter Likör riecht.
    Dem Duft fehlt alles Herbe, wie ich es von einem japanischen Duft auch erwartet hätte.
    Sooft ich an dem Papierstreifen rieche- der Duft wechselt ständig seinen „Schwerpunkt“. Mal rieche ich mehr eine alkoholische Kühle, mal eine hyazinthartige Schwere, mal eine würzige Süße.
    In dieser Ausprägung habe ich das noch bei keinem anderen Duft erlebt.
    Er erinnert mich aber stark an Ispahan, einer der ersten Düfte
    von Yves Rocher. Dieser war zwar ein orientalischer Duft (Ispahan ist eine Privinz im Iran), aber er hatte auch dieses Changierende. Leider gibt es den Duft nur noch als historisches Artefakt zu kaufen.

  10. Avatar photo
    Ulrike
    21. September 2012
    Antworten

    Ich liebe Kisu ja sehr, immer noch. Und, ehrlich gesagt, kommt er bei mir mehrheitlich kühl rüber, insofern kann ich in schon irgendwie mit seinem asiatischen Namen in Verbindung bringen. Wirklich asiatisch finde ich ihn allerdings nicht – bisher habe ich aber auch erst zwei Labels gefunden, die ich „wirklich asiatisch“ fand: Eines auf einer Messe, dessen Namen mir mittlerweile entfallen ist – es waren Naturdüfte japanischen Ursprungs, die Dir ziemlich sicher nicht gefallen hätten 😉 Und das zweite ist Miya Shinma. Diese Düfte mochte ich sehr gerne – kennst Du sie?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert